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Die Totenleserin1

Die Totenleserin1

Titel: Die Totenleserin1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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wunderbaren Duft von Seife und Schweiß ein.
    »Ich liebe dich so sehr«, sagte sie.
    »Weinst du?« Er setzte sich auf.
    »Nein.«
    »Doch, du weinst. Bei manchen Frauen hat der Koitus diese Wirkung.«
    »Du musst es ja wissen.« Sie wischte sich mit dem Handrücken über die Augen.
    »Liebste, das hier ist Vollkommenheit. Er ist tot, sie wird … nun ja, wir werden sehen. Ich werde belohnt werden, wie ich es verdiene, und du auch – dabei hättest du es eigentlich gar nicht verdient. Henry wird mir eine hübsche Baronie schenken, auf der wir beide Fett ansetzen und Dutzende von hübschen, fetten kleinen Baronen großziehen können.«
    Er stand auf und griff nach seiner Kleidung.
    Sein Umhang fehlt, dachte sie. Der ist irgendwo außerhalb dieses Raumes, mit Rakshasas Kopf darin. Alles Schreckliche ist jenseits dieser Tür. Die einzige Vollkommenheit, die du und ich je erleben werden, ist jetzt hier.
    »Geh nicht«, sagte sie.
    »Ich komme wieder.« Mit seinen Gedanken war er schon nicht mehr bei ihr. »Ich kann nicht den ganzen Tag hierbleiben und unersättliche Frauen gegen meinen Willen befriedigen. Es gibt viel zu tun. Schlaf jetzt.«
    Und fort war er.
    Sie starrte die Tür an und dachte erbost: Ich könnte ihn für alle Zeit haben. Ich könnte ihn und unsere kleinen Barone haben. Verglichen mit so einem Glück, was bedeutet es da schon, die Ärztin zu spielen? Nichts. Was fällt den Toten ein, mir mein Leben zu stehlen?
    Nachdem das geklärt war, streckte sie sich aus, gähnte und schloss entspannt die Augen.
    Aber als sie in den Schlaf hin überglitt, galt ihr letzter klarer Gedanke der Klitoris und was für ein erstaunliches und wunderbares Organ sie doch war. Ich muss ihr mehr Aufmerksamkeit schenken, wenn ich das nächste Mal eine Frauenleiche öffne.
    Immer und ewig die Ärztin.

    Sie wehrte sich, als jemand wiederholt ihren Namen rief, fest entschlossen, nicht aufzuwachen. Sie roch den aromatischen Duft von Kleidern, die zum Schutz gegen Motten mit Poleiminze gelagert worden waren.
    »Gyltha? Wie spät ist es?«
    »Nacht. Aber Zeit, dass du aufstehst, Mädchen. Ich hab dir frische Sachen gebracht.«
    »Nein.« Sie war steif, und ihre Prellungen schmerzten. Sie würde im Bett bleiben. Als kleines Zugeständnis öffnete sie blinzelnd ein Auge. »Wie geht’s Ulf?«
    »Der schläft den Schlaf der Gerechten.« Gylthas raue Hand legte sich einen Moment auf Adelias Wange. »Aber ihr müsstbeide aufstehen. Da kommen ein paar hohe Herren, die wollen Antworten auf ihre Fragen haben.«
    »Kann ich mir vorstellen«, sagte sie müde. Sie wollten rasch zu Gericht sitzen. Ihre und Ulfs Aussage waren unverzichtbar, aber es gab Dinge, an die man sich besser nicht erinnerte.
    Gyltha holte ihr etwas zu essen, eine köstliche Bohnensuppe mit Speck, und Adelia war so hungrig, dass sie sich mühsam aufsetzte. »Ich kann allein essen.«
    »Nein, zum Donnerwetter, kannst du nich.« Da Gyltha nicht die richtigen Worte fand, drückte sie ihre Dankbarkeit ob der wohlbehaltenen Rückkehr ihres Enkels lieber dadurch aus, dass sie Adelia viel zu volle Löffel in den Mund schob, als fütterte sie einen Vogel im Nest.
    Es gab eine Frage, die auch mit einem Mund voll Speck gestellt werden musste. »Wo hat man sie hingebracht, ich meine …?« Sie brachte es nicht über sich, den Namen der Verrückten auszusprechen. Und, so dachte Adelia mit noch größerer Mattigkeit, da sie tatsächlich eine Verrückte ist, muss ich wohl dafür sorgen, dass man sie nicht foltert.
    »Nach nebenan. Wird umsorgt wie eine Prinzessin.« Gylthas Lippen verzogen sich, als hätte sie Essig gekostet. »Die wollen es nich glauben.«
    »Was nicht glauben? Wer?«
    »Dass sie diese … Sachen gemacht hat, zusammen mit
ihm
.« Auch Gyltha schaffte es nicht, die Namen der Mörder auszusprechen.
    »Ulf kann es ihnen erzählen. Und ich auch. Gyltha, sie hat mich in den Schacht geworfen.«
    »Hast du gesehen, wie sie’s gemacht hat? Und was zählt Ulfs Wort denn schon? Ein dummer kleiner Bengel, der zusammen mit seiner dummen alten Großmutter Aale verkauft?«
    »Sie war es.«
Adelia spie das Essen aus, weil ihr die Panik in dieKehle stieg. Es war eine Sache, der Nonne die Folter zu ersparen, aber etwas gänzlich anderes, sie laufen zu lassen. Die Frau war verrückt. Sie würde es wieder tun. »Peter, Mary, Harold, Ulric …
natürlich
sind sie mit ihr gegangen. Sie haben ihr vertraut. Eine fromme Schwester? Die ihnen Jujuben schenkt, deren Herstellung sie von einem

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