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Die Totenleserin1

Die Totenleserin1

Titel: Die Totenleserin1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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weiter gekommen und hoffen, heute Abend einen Durchbruch zu erzielen«, sagte sie. »Reicht es, wenn wir Euch morgen mehr erzählen? Ich hätte nämlich eine Frage an Euch. Was wisst Ihr über …«
    Doch da sah sie, wie der Steuereintreiber sie über die Köpfe der Menge hinweg anstarrte. Er bahnte sich einen Weg durch das Gedränge hindurch zu ihr. Er sah nicht mehr ganz so übergewichtig aus wie zuvor.
    Er verbeugte sich. »Mistress Adelia.«
    Sie nickte ihm zu. »Ist Master Simon bei Euch?«
    »Er hat noch in der Burg zu tun.« Er zwinkerte ihr verschwörerisch zu. »Da ich den Sheriff und seine Gemahlin hierher begleiten musste, war ich gezwungen, ihn mit seinen Studien allein zu lassen. Ich soll Euch aber ausrichten, dass er später nachkommt. Darf ich sagen …«
    Was immer er zu sagen wünschte, wurde durch einen Posaunenstoß unterbrochen. Das Essen begann.
    Adelia hob die Hand und legte sie auf die von Prior Geoffrey, der sich mit ihr in die Prozession in die Halle einreihte, Mansur an seiner Seite. Dort angekommen, mussten sie sichtrennen, er begab sich an den oberen Tisch, der quer auf dem Podium am hinteren Ende stand, sie und Mansur warteten darauf, niedrigere Plätze zugewiesen zu bekommen. Sie war neugierig, wo das wohl sein mochte. Die Frage der Sitzordnung war für Gastgeber und Gäste gleichermaßen bedeutsam.
    Adelia hatte in Salerno erlebt, wie ihre Tante dem Zusammenbruch nahe war, wenn sie hochwohlgeborene Gäste so an einem Tisch platzieren musste, dass sich keiner tödlich beleidigt fühlte. Theoretisch waren die Regeln klar: Ein Fürst war gleichrangig mit einem Erzbischof, ein Bischof mit einem Grafen, ein ansässiger Baron kam vor einem Baron, der nur zu Gast war, und so weiter nach unten.
    Aber angenommen, ein Gesandter, der auf derselben Stufe wie ein Baron, der zu Gast war, stand, war ein päpstlicher, wo saß er dann? Was, wenn der Erzbischof den Fürsten verärgert hatte, was häufig der Fall war? Oder umgekehrt? Was noch häufiger vorkam. Handgreiflichkeiten, Fehden konnten die Folge der unabsichtlichen Kränkung sein. Und schuld war immer der arme Gastgeber.
    Die Frage hatte sogar Gyltha beschäftigt, um deren Ehre es ja schließlich stellvertretend ging und die ebenfalls ins Grantchester Manor gerufen worden war, um am Abend in der Küche interessante Dinge mit Aalen zu veranstalten. »Ich pass genau auf, und wenn Sir Joscelin einen von euch ans untere Ende der Tafel setzt, dann kriegt er sein Lebtag kein Fass Aale mehr von mir.«
    Als sie eintrat, sah Adelia, wie Gyltha nervös hinter einer Tür hervorspähte.
    Sie spürte die allgemeine Anspannung, sah Augen von links nach rechts huschen, während Sir Joscelins Zeremonienmeister die Gäste zu ihren Plätzen geleitete. Diejenigen, die in der Hackordnung weiter unten standen, vor allem Parvenüs, derenAmbitionen ihre Herkunft übertrafen, waren ebenso empfindlich wie die von edler Geburt, vielleicht sogar noch empfindlicher.
    Ulf hatte sich bereits kundig gemacht. »Er sitzt hier oben, und du da unten«, sagte er, wobei er den Daumen zwischen Adelia und Mansur hin und her bewegte. Er verfiel in die langsame, vorsichtige Kleinkindsprache, die er stets benutzte, wenn er mit Mansur sprach. »Du. Schön hinsetzen. Hier.«
    Sir Joscelin war großzügig, dachte Adelia, erleichtert um Gylthas willen – und auch um ihrer selbst willen. Mansur war überempfindlich, wenn es um seine Würde ging, und schmückendes Beiwerk oder nicht, er hatte einen Dolch am Gürtel. Er hatte zwar keinen Platz oben am Tisch erhalten, wo Gastgeber und Gastgeberin, Prior, Sheriff saßen, was auch nicht zu erwarten gewesen war, aber ganz in der Nähe, an einem der langen aufgebockten Tische, die in der großen Halle aufgestellt waren. Die hübsche, junge Nonne, die Adelia erlaubt hatte, sich die Gebeine des Kleinen St. Peter genauer anzusehen, saß links von ihm. Weniger glücklich war, dass Roger aus Acton den Platz ihm gegenüber hatte.
    Die Platzierung des Steuereintreibers hatte bestimmt erhebliches Kopfzerbrechen bereitet, dachte sie. So unbeliebt er ob seines Metiers auch war, er war nichtsdestotrotz der Mann des Königs und im Augenblick die rechte Hand des Sheriffs. Sir Joscelin war, was Sir Rowley betraf, auf Nummer sicher gegangen. Picot saß neben der Frau des Sheriffs und brachte sie gerade zum Lachen.
    Da sie bloß als Gehilfin des Doktors galt und noch dazu aus einem fremden Land kam, fand Adelia ihren Platz an einem anderen aufgebockten Tisch

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