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Die Totenleserin1

Die Totenleserin1

Titel: Die Totenleserin1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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eine gute Figur machten. Sie hatte zwar nur eine begrenzte Vorstellung davon, was so ein Anlass verlangte, aber die Mutter von Matilda B war Putzfrau in der Burg und hatte mit eigenen Augen die Vorbereitungen für das Ankleiden der Gemahlin des Sheriffs an Festtagen gesehen, wenn auch nicht das Ankleiden selbst.
    Adelia hatte schon in ihrer Jugend dem Lernen zu viel Zeit gewidmet, um sich wie andere junge Frauen an irgendwelchen Festlichkeiten zu erfreuen. Auch später war sie einfach zu beschäftigt gewesen. Und da sie nicht heiraten wollte, hatten ihre Zieheltern sie auch nicht angehalten, sich in gesellschaftlichen Umgangsformen zu üben. Folglich war sie ungenügend ausgestattet, um an den Maskenbällen und ausgelassenen Festen in den Palästen von Salerno teilzunehmen, und wenn sie wirklicheinmal nicht umhinkam, verbrachte sie die meiste Zeit versteckt hinter einer Säule, sowohl aus Ärger als auch aus Verlegenheit.
    Kein Wunder, dass diese Einladung bei ihr alte Ängste weckte. Instinktiv suchte sie nach einem Vorwand für eine Absage. »Ich muss das erst mit Master Simon besprechen.«
    Aber Simon war in der Burg bei den Juden, um herauszufinden, wessen Schuldenlast Grund für Chaims Ermordung gewesen sein könnte.
    »Der wird sagen, ihr müsst alle hin«, erwiderte Gyltha.
    Vermutlich ja. Da nahezu alle ihre Tatverdächtigen unter einem Dach versammelt sein würden und Wein nun einmal die Zunge löste, wäre es eine gute Gelegenheit zu erfahren, wer was über wen wusste.
    »Trotzdem, schick Ulf zur Burg, er soll ihn fragen.«
    In Wahrheit jedoch war Adelia, jetzt wo sie darüber nachdachte, gar nicht so abgeneigt, auf das Fest zu gehen. Ihr Aufenthalt war von Beginn an von Tod überschattet worden, nicht nur durch die ermordeten Kinder, auch durch einige ihrer Patienten. Das Kleine mit dem Husten war an Lungenentzündung gestorben, auch dem Schüttelfrost, dem Nierenstein und der jungen Mutter, die zu spät zu ihr gebracht worden war, hatte sie nicht helfen können.
    Adelias Erfolge, die Amputation, das Fieber, der Leistenbruch, fielen angesichts dieser Fehlschläge, die sich Adelia als ihr Versagen auslegte, nicht ins Gewicht.
    Es wäre eine schöne Abwechslung, sich zum reinen Vergnügen einmal mit Gesunden zu treffen. Wie immer könnte sie sich im Hintergrund halten, unbemerkt bleiben. Schließlich, so dachte sie, konnte es so ein Fest in Cambridge wohl kaum mit den kultivierten Feierlichkeiten in den königlichen und päpstlichen Palästen von Salerno aufnehmen. Sie brauchte sich durch eineländliche Veranstaltung, denn nichts anderes würde es sein, weiß Gott nicht einschüchtern zu lassen.
    Und sie wollte baden. Hätte sie gewusst, dass so etwas überhaupt möglich war, hätte sie schon früher den Wunsch geäußert. Sie hatte angenommen, dass so etwas wie die Vorbereitung eines Bades zu den vielen Dingen gehörte, von denen Gyltha nichts hielt.
    Sie hatte ohnehin keine andere Wahl. Gyltha und die beiden Matildas waren fest entschlossen. Die Zeit drängte; ein Fest, das sechs oder sieben Stunden dauern konnte, fing um die Mittagszeit an.
    Sie wurde entkleidet und in den Bottich getaucht. Anschließend kam Waschlauge und eine Handvoll kostbarer Gewürznelken ins Badewasser. Sie wurde mit einem Putzstein abgeschrubbt, bis die Haut feuerrot war, und ihr Haar wurde mit weiterer Lauge und einer Bürste bearbeitet, um anschließend mit Lavendelwasser ausgespült zu werden.
    Dann zogen kräftige Hände sie aus dem Bottich, wickelten sie in eine Decke und steckten ihren Kopf in den Brotofen.
    Ihr Haar war eine Enttäuschung. Von dem, was unter der Mütze oder Haube, die sie stets trug, hervorgelugt hatte, war mehr erwartet worden. Sie selbst schnitt es sich für gewöhnlich schulterlang ab.
    »Die Farbe geht so«, sagte Gyltha missmutig.
    »Aber es ist zu kurz«, wandte Matilda B ein. »Da brauchen wir Netztaschen.«
    »Netz ist teuer.«
    »Ich weiß ja noch nicht einmal, ob ich überhaupt hingehe«, rief Adelia aus dem Ofen.
    »Und ob Ihr geht.«
    Nun gut. Noch auf Knien vor dem Ofen sagte sie ihren Kammerzofen, wo sie ihre Börse aufbewahrte. An Geld mangelte esnicht. Simon hatte von Handelsbankiers in Lucca einen Kreditbrief erhalten, der ihn bevollmächtigte, von deren Vertretern in England Geld zu beziehen, was er für sich und Adelia getan hatte. Sie fügte hinzu: »Und wenn ihr schon zum Markt müsst, es wird Zeit, dass ihr neue Röcke bekommt. Kauft eine Elle vom besten Kamelott.« Es beschämte sie,

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