Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Totenleserin1

Die Totenleserin1

Titel: Die Totenleserin1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
Vom Netzwerk:
hohen Tisch drückte Rowley Picot sein Knie an das der Frau des Sheriffs, um sie bei Laune zu halten. Er zwinkerte auch der jungen Nonne zu, die an dem aufgebockten Tisch weiter unten saß, damit sie errötete, merkte aber, dass seine Blicke immer häufiger zu der kleinen Madam Doktor wanderten, die hinten bei den einfachen Leuten saß. Hübsch zurechtgemacht, das musste er ihr lassen. Sahnige, samtene Haut, die in dem safrangelben Oberteil verschwand, lud zur Berührung ein. Ließ seine Fingerspitzen zucken. Und nicht nur die. Das schimmernde Haar ließ vermuten, dass sie am ganzen Körper blond war …
    Verfluchtes Weib – Sir Rowley riss sich aus seinen schlüpfrigen Gedanken –, sie fand einfach zu viel heraus, sie und ihr Master Simon, und beide verließen sich auf den Schutz ihres verdammt stattlichen Arabers, der ausgerechnet ein Eunuch war.

    Du liebe Güte, dachte Adelia, es gibt noch mehr.
    Zum zweiten Mal hatte ein schmetterndes Horn einen Gang angekündigt, der angeführt vom Zeremonienmeister aus der Küche hereingebracht wurde. Noch mehr und noch größere Servierplatten, so voll beladen, dass zwei Männer zum Tragen erforderlich waren, wurden mit Jubelrufen von den fröhlichen Gästen begrüßt. Die immer fröhlicher wurden.
    Das Schlachtfeld, das vom ersten Gang übrig geblieben war, wurde beseitigt. Essensreste landeten in einem Schubkarren und wurden nach draußen geschafft, wo zerlumpte Männer, Frauen und Kinder hungrig über sie herfielen.
    »Et maintenant, Mylords, Mesdames …«
Wieder der Chefkoch: »Wildbret-e à la krüste de gewürz. Spanfer-kelle mite Farce. Pfauen, gebra-ten et gar-niert mite ihre plumes. Kra-nische. ’irschrü-cken. Kanin-schen in Sauce de Rotwein. Pastetetrüffelle. Golden-Poule. Sack de presse mit pikante Sauce d’essische. Pudding à la Creme de vanille. Quitten in Teigmantelle.«
    Normannisches Französisch für normannisches Essen.
    »Das ist Franzosensprache«, erklärte Master Herbert, der Schuhmacher, Adelia freundlich. »Sir Joscelin hat den Koch aus Frankreich mitgebracht.«
    Und ich wünschte, er würde wieder dorthin zurückgehen. Es reicht, es reicht.
    Sie fühlte sich komisch.
    Zu Anfang hatte sie Wein abgelehnt und um heißes Wasser gebeten, eine Bitte, die den Diener mit der Weinkaraffe verblüfft hatte und nicht erfüllt worden war. Dann hatte Master Herbert sie davon überzeugt, dass der Met, der als Alternative zu Wein und Ale angeboten wurde, ein harmloses Getränk aus Honig sei, und da sie durstig war, hatte sie mehrere Becher geleert.
    Aber sie war noch immer durstig. Sie winkte Ulf hektisch zu, er solle ihr etwas Wasser aus Mansurs Krug bringen. Er sah sie nicht.
    Dafür winkte Simon aus Neapel zurück. Er war gerade eingetroffen und entschuldigte sich mit einer tiefen Verbeugung bei Priorin Joan und Sir Joscelin für seine Verspätung.
    Er hat irgendwas herausgefunden, dachte Adelia und setzte sich auf. Sie sah es ihm an der Körperhaltung an, dass seine Nachforschungen bei den Juden gefruchtet hatten. Sie beobachtete, wie er aufgeregt mit dem Steuereintreiber am Ende des hohen Tisches sprach, bevor er aus ihrem Blickfeld verschwand, um etwas weiter oben an der Tafel Platz zu nehmen, auf derselben Seite wie sie.
    Pfauen, die seit einer Woche tot waren und noch immer ihre Schwanzfedern zeigten, füllten die Tafel, knusprige Ferkelsaugten traurig an dem Apfel in ihrem Maul. Das Auge einer gerösteten Rohrdommel, die ungeröstet im Schilf des Marschlandes, wo sie hingehörte, besser ausgesehen hätte, starrte Adelia vorwurfsvoll an.
    Sie entschuldigte sich stumm bei ihr. Es tut mir leid. Es tut mir leid, dass sie dir Trüffel in den Hintern gestopft haben.
    Wieder sah sie, wie Gyltha den Kopf zur Küchentür hinausreckte. Adelia setzte sich wieder kerzengerade hin. Ich mache dir alle Ehre, wirklich.
    Wildbret in einer Gewürzkruste erschien auf einem sauberen Tranchierbrett. Dazu wurde eine süße Sauce gereicht. Rote Johannisbeere vermutlich. »Ich möchte Salat«, sagte sie vergeblich.
    Die Pacht für die Priorin war aus dem Käfig entfleucht und hatte sich zu den Spatzen im Gebälk gesellt, von wo aus sie die Tische unten bekleckerte.
    Bruder Gilbert, der die Nonnen rechts und links mit Missachtung strafte und nur Augen für Adelia hatte, beugte sich über den Tisch. »Ihr solltet Euch schämen, Euer Haar zu zeigen, Mistress.«
    Sie funkelte ihn an. »Wieso?«
    »Ihr tätet besser daran, Eure Locken unter einem Schleier zu verbergen,

Weitere Kostenlose Bücher