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Die Totenmaske

Die Totenmaske

Titel: Die Totenmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Henke
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gespitzten Lippen betrachtete Zoe seinen amtlich wirkenden Ausweis und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie verdutzt sie war. Vielleicht war es das Foto, sie wusste es nicht. Doch sie war sich plötzlich völlig sicher, dass es sich um den Fahrer von gestern handelte. Na klasse! Damit dürfte sie wohl den richtigen Eindruck hinterlassen haben. Es kam nicht oft vor, dass die Polizei bei ihr auftauchte, um noch ein paar Fragen zu klären, denn für gewöhnlich waren sämtliche irdischen Angelegenheiten geklärt, bevor ein Toter im Bestattungsinstitut seinen Weg beendete. Es gab nicht viel, was Zoe überraschen konnte, doch das die Kripo Mainz einen Beamten schickte, war ungewöhnlich.
    »Zoe Lenz. Ich bin Bestatterin, mir gehört dieses Unternehmen«. Sie forschte in seinem Gesicht. Doch wider Erwarten kam keine blöde Bemerkung über ihr Alter. Er betrachtete sie hingegen weiterhin mit unvoreingenommener Miene. Das gefiel ihr. Sie reichte ihm die Hand, die er sofort ergriff und kraftvoll schüttelte.
    »Und nun? Bekomme ich jetzt einen Strafzettel?«
    Belustigung blitzte in seinen Augen auf. Offenbar hatte er sie ebenfalls wiedererkannt. »Nein. Dann müsste ich auch mir einen ausstellen. Wenn wir beide schweigen, wird niemand von unserem Fehltritt erfahren.« Er zwinkerte ihr zu.
    Für gewöhnlich war Zoe Fremden gegenüber zurückhaltend, doch dieser Polizist strahlte etwas Vertrauensvolles aus. Bei ihm verspürte sie nicht das übliche Unbehagen gegenüber Amtspersonen.
    »Sie sind alleinige Geschäftsführerin?«
    Zoe neigte den Kopf seitlich. »Ich arbeite mit meiner Mutter zusammen.«
    »Klingt nach einem verantwortungsvollen Job«, erwiderte er und lehnte sich lässig gegen den Verkaufstresen.
    »Wie kann ich Ihnen helfen?« Zoe ließ ihre Stimme bewusst geschäftlich klingen, damit er nicht auf die Idee kam, sie aufgrund ihres Alters zu unterschätzen.
    Sofort nahm er wieder Haltung an, um sich standesgemäß dem zu widmen, wofür er hergekommen war. Er räusperte sich sogar kurz, was Zoe beinahe ein Schmunzeln entlockt hätte.
    »Der Rechtsmediziner im Kreiskrankenhaus sagte mir, die Unfallopfer Nauen, Kamps und Suhr befänden sich bereits in Ihrer Obhut.«
    »Das ist richtig. Ich habe die Behandlung jedoch noch nicht abgeschlossen.« Genau genommen hatte sie nicht einmal richtig damit angefangen.
    Er nickte und musterte sie dabei, als wäre er noch immer nicht schlüssig, ob sie sein angemessener Ansprechpartner war. Ein Silberblick. Das war es! Zusammen mit seinem selbstsicheren und gleichzeitig deutlich irritierten Auftreten wirkte er richtig süß.
    Fast hastig packte Strater seinen Ausweis zurück in die Hosentasche. »Bei den abschließenden Untersuchungen des Falls ergab sich eine Unstimmigkeit, was den bestimmten Zeitpunkt des Todes der Opfer anbelangt.«
    Zoe blickte ihn überrascht an. »Sie meinen, der Todeszeitpunkt in den Papieren der Leichen ist nicht korrekt?«
    »Möglicherweise. Ich bin hier, um das zu untersuchen.« Er musterte sie interessiert. »Anscheinend kennen Sie sich mehr aus, als es ihr Beruf erfordert.«
    »Ich bilde mich weiter«, erwiderte Zoe mit einem Achselzucken. Vermutlich hatte er auf dem Weg hierher Erkundigungen über sie eingezogen. Sie konnte sich bildlich vorstellen, wie einige Nachbarn sie als eigenwillig beschrieben. Dennoch sah sie keinen Grund, einen Hehl daraus zu machen, dass ihre Interessengebiete in der Tat über die gängigen Anforderungen hinausgingen. »Zumindest ist mir klar, dass Sie nicht von Todeszeitbestimmung sprechen würden, wenn der biologische Todeszeitpunkt hieb- und stichfest wäre. Ich vermute, Sie haben Gründe, um den Zeitraum zwischen Eintritt des Todes und Auffinden der Leichen zu untersuchen – auch wenn es inzwischen reichlich spät dafür ist.«
    Strater hob beide Augenbrauen. In seiner Miene zeichnete sich deutlich Anerkennung ab, und Zoe konnte nicht umhin, sich darüber zu freuen.
    »In der Tat«, bekräftigte er. »Auf den ersten Blick sprachen alle Anzeichen für einen gewöhnlichen Verkehrsunfall, doch der Wagen geriet Stunden nach dem verzeichneten Todeszeitpunkt in eine Radarkontrolle.«
    Jetzt war es an Zoe, überrascht zu sein. »Gewöhnlich« war wohl etwas untertrieben. Schließlich kam es nicht jeden Tag vor, dass jemand mit seinem Auto verunglückte. Erfahrungsgemäß starben die Menschen in Birkheim an Altersschwäche. Gleichzeitig drei Todesopfer durch einen Verkehrsunfall waren für ländliche Verhältnisse

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