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Die Totenmaske

Die Totenmaske

Titel: Die Totenmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Henke
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dort hinten.« Sie deutete mit dem Kopf auf ein Zertifikat im Glasrahmen, das die gekachelte Wand zierte wie der Meisterbrief eines Schlachters im Metzgerladen.
    »Meine rechtsmedizinischen Grundkenntnisse und ihr Kurs machen aus uns keine Mediziner.« Leon beobachtete, wie die junge Frau sich einen Kittel überstreifte.
    »Wollen Sie sich drücken?«, fragte sie prompt.
    »Natürlich nicht! Ich frage mich nur, wonach wir suchen sollen.«
    »Nach Maden«, erwiderte sie, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. »Durch den Kühlungsprozess dürften sie noch nicht geschlüpft sein. Neben den Flüssigkeitsproben können wir mit den Larven das Verwesungsstadium der inneren Organe beurteilen lassen. Ich schicke die Proben in die Rechtsmedizin, wo eine exakte Bestimmung der Todeszeit vorgenommen werden kann.«
    Leon bewunderte ihre Souveränität. Wenn sie über ihre Arbeit sprach, schien sie in ihrem Element zu sein. Seltsamerweise ließ sein Unbehagen nach, während sie ihm die einzelnen Schritte erklärte. Ob er ihr dabei auch zusehen wollte, stand auf einem anderen Blatt.
    Zoe griff nach einem Skalpell. Er trat zur Seite, damit er ihr nicht im Weg stand. Plötzlich ertönte hinter ihnen ein lauter Knall, gefolgt vom Klirren zerberstender Scheiben. Mit einem Satz war Leon bei ihr, umfasste ihre Taille und riss sie mit sich zur Seite. Er landete hart mit der Schulter auf den Bodenfliesen, wodurch er Zoes Aufprall abfederte. Glassplitter schossen durch den Raum. Sofort hob er seine Arme schützend über sie beide. Der faustgroße Stein krachte gegen den metallenen Seziertisch, prallte ab und blieb neben Leon auf dem Boden liegen. Ein zweiter folgte sofort, zertrümmerte die nächste Fensterscheibe und landete mit einem dumpfen Geräusch auf dem Bauch der Leiche. Zumindest ging Leon davon aus, denn auf dem Boden kam er nicht an. Hastig rutschte er über die Fliesen, bis sein Rücken den Schrank unter dem Fenster berührte. Dabei hielt er Zoe fest umklammert. Er spürte ihren Herzschlag deutlich an seinem Unterarm. Die eben noch taffe Frau wirkte plötzlich sehr verletzlich. In Deckung verharrten sie eine Weile, bis Leon davon ausgehen konnte, dass kein weiterer Steinwurf folgen würde.
    »Alles okay?«, fragte er rhetorisch. Natürlich war ihm klar, dass nichts in Ordnung war, doch vorerst wollte er nur sichergehen, dass sie keine Verletzungen davongetragen hatte.
    Sie nickte verstört, während sie sich, auf einen Arm gestützt, halb aufrichtete. Mit einer Geste bedeutete er ihr, unten zu bleiben. Langsam stand er auf. Seine Hand fuhr automatisch zu der Stelle, an der er sonst seine Pistole im Halfter trug. Er tastete ins Leere. Die Waffe lag in seinem Handschuhfach, weil er nicht davon ausgegangen war, sie bei einem Besuch im Bestattungsunternehmen zu brauchen.
    Glassplitter knirschten unter seinen Schuhsohlen, als er die Anrichte hinaufkletterte, um durch das Fenster zu spähen. Die Rasenfläche zog sich so weit sein Auge reichte. Ein paar Gebüsche zu seiner Rechten boten die einzige Möglichkeit für den Steinewerfer, sich ungesehen nah genug heranzuschleichen, um die Steine aus kürzester Entfernung durch die Fenster zu schmeißen. Dem Wurfbogen nach zu urteilen wäre Zoe ziemlich sicher getroffen worden.
    »Verdammte Vandalen!«, entfuhr es Leon.
    Plötzlich sah er in der Ferne zwei Gestalten, deren Umrisse immer kleiner wurden. Sie waren ziemlich weit weg. Er musste trotzdem versuchen, die Kerle einzuholen. Mit dem Ellbogen schlug er die übrigen Scherben aus dem Rahmen und zwängte sich durch das Fenster. Den Blick hielt er dabei auf die nur noch schemenhaft zu erkennenden Flüchtenden. Oben angekommen, rannte Leon sofort los. Er spurtete über die Wiese des Grundstücks, sprang über eine Begrenzungsmauer, überquerte die Landstraße und setzte seine Verfolgung über unebene Felder fort. Dabei atmete er möglichst gleichmäßig, während seine Beine ihn immer schneller davontrugen. Das regelmäßige Training machte sich bezahlt, seine Kondition würde noch eine Weile dieses Tempo zulassen. Leider waren die Fliehenden nur noch als kleine Punkte am Horizont zu erkennen. Irgendwo mussten sie doch ihr Auto geparkt haben. Vielleicht wagten sie sich nicht dorthin, weil sie ihren Verfolger bemerkt hatten, und zogen es vor, in den angrenzenden Wald zu laufen. Dort kannten sie sich vermutlich besser aus als jemand, der nicht aus dieser Gegend stammte.
    Auf freiem Feld hätte Leon sie irgendwann eingeholt,

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