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Die Totensammler

Die Totensammler

Titel: Die Totensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PAUL CLEAVE
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klar wird, dass andere Leute sie ersetzen würden, die dann noch mehr zu berichten hätten, mit einem noch breiteren Lächeln, einer noch spektakuläreren Story und noch höheren Quoten.
    »Uns läuft die Zeit davon«, sage ich, und Schroder nickt. Ich wende mich an Barlow Benson. »Wer hat Karen Ford getötet? Adrian Loaner oder Cooper Riley, oder beide zusammen? Und wer hat sie entführt? Riley? Und Adrian hat dann wiederum die beiden entführt? Oder hat Adrian das Mädchen selbst entführt, und wenn ja, warum?«
    »Es ist durchaus möglich, dass Riley und Loaner jetzt gemeinsame Sache machen«, sagt Barlow. »Es gibt eine Reihe von Fällen, in denen zwei Killer sich zusammengetan haben und die eine Persönlichkeit die andere dominiert. Ich sage, es ist möglich, allerdings halte ich es für äußerst unwahrscheinlich. Riley hätte keine Zeit, sich um Loaner zu kümmern. Ich glaube, wenn sich für Cooper die Gelegenheit ergibt, Adrian zu töten, wird er das tun. Sollte Cooper noch am Leben sein, wird er alles daransetzen, ihn so zu manipulieren, dass er freikommt. Ich könnte mir vorstellen, dass Adrian versucht, Cooper bei Laune zu halten – dann wäre das Mädchen ein Geschenk an ihn.«
    »Mein Gott«, sage ich. »Sie glauben also, dass Cooper Riley noch am Leben ist.«
    »Bis der Reiz des Neuen sich abgenutzt hat, ja.«
    »Und Emma Green?«
    »Wenn sie noch lebt, dann nicht mehr lange. Da bin ich mir sicher.«
    »Das sind alles keine gesicherten Fakten«, sagt Schroder. »Nach allem, was wir wissen, kann Adrian genauso gut vorhaben, Cooper zu verspeisen.« Er legt mir die Hand auf die Schulter, um mich von den Gräbern fortzuführen. »Pass auf, ich weiß, dass du sowieso keine Ruhe geben wirst, und du hast recht: Es gibt Dinge, die du tun kannst und wir nicht.«
    »Was willst du von mir, Carl?«
    »Ich weiß selbst nicht so genau«, sagt er, doch ich denke, er weiß es, er will es nur nicht aussprechen. Er wirft einen Blick über die Schulter, um zu sehen, ob Barlow uns folgt. Nein. Er öffnet die Tür seines Wagens, beugt sich ins Innere und holt vier Aktenmappen heraus. Je eine zu Adrian Loaner, Cooper Riley, Karen Ford und Jane Tyrone. Er drückt sie sich gegen die Brust. »Pass auf, Theo, du hast gewisse Möglichkeiten, Leute aufzuspüren und etwas über sie rauszufinden, und sollte Emma Green tatsächlich noch am Leben sein … tu einfach, also, ich meine, tu einfach, was nötig ist. Das will ich wohl damit sagen. Tu, was nötig ist, aber halt dich ein bisschen zurück.«
    Ich nicke, und er gibt mir die Mappen. Die zu Adrian ist mit Abstand die schmalste. Ich öffne sie. Darin befindet sich ein Foto von ihm aus der Anstalt. Ich habe keine Ahnung, wann es aufgenommen wurde, aber es hat kaum Ähnlichkeit mit dem Phantombild, das ich aus der Zeitung gerissen habe.
    Er beugt sich erneut in seinen Wagen. »Verlier sie nicht wieder«, sagt er und reicht mir die Melissa-X-Akte; inzwischen ist sie allerdings etwas umfangreicher, und auf der Vorderseite steht jetzt Natalie Flowers alias Melissa X.
    Auf dem Nachhauseweg verfahre ich mich erneut. Es hat keinen Sinn, in Grover Hills zu bleiben, und ich wüsste auch niemanden, mit dem ich als Nächstes sprechen könnte. Es ist dunkel, die einzigen Lichtquellen hier sind meine Scheinwerfer und der silbrige Schein des blassen Mondes. Man kann nichts erkennen, und natürlich sieht alles anders aus als heute Nachmittag. Ich habe keine Ahnung, wie die Reporter es hier rausgeschafft haben, aber ich vermute, dass der Teufel, als sie ihm ihre Seele verkauft haben, noch ein GPS-Gerät draufgelegt hat. Immer wieder kurve ich auf den falschen Schotterpisten herum, bis ich durch pures Glück jene Gegend erreiche, die ich als Zivilisation bezeichnen würde. Der Highway führt mich auf die Straße Richtung Zentrum. Dort herrscht dichter Verkehr, trotzdem geht es alles in allem schnell vorwärts, und zum ersten Mal in meinem Leben schaffe ich es durch die Stadt, ohne dabei an mehr als einem halben Dutzend roter Ampeln zu halten.
    Es ist Freitagabend, und die Menschen drängen in die Stadt, muskelbepackte Typen mit engen T-Shirts und Mädchen in Jeans, die so knapp sitzen, dass sie wirken, als wären sie aufgemalt. Blank polierte Fahrzeuge in grellen Farben rasen die Straßen entlang, lassen an der Kreuzung den Motor aufheulen und erfüllen die trockene Luft mit Abgasen. Jugendliche in schwar zen Kapuzenshirts lehnen gegen Autos, lachen, rauchen, trinken Bier und zeigen den

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