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Die Totensammler

Die Totensammler

Titel: Die Totensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PAUL CLEAVE
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und hinterlässt dabei eine schmierige Schleifspur. Dann hebt er sie hoch und trägt sie ins Badezimmer, legt sie in die Wanne, wäscht sie und trocknet sie ab. Als er sie vor ein paar Tagen ausgezogen hat, war das neu für ihn. Er hat noch nie zuvor eine Frau ausgezogen, und er fand das irgendwie, na ja, irgendwie schön. Es war so, wie er sich das mit Katie vorgestellt hatte. Wenn das hier alles vorbei ist, hält er vielleicht nach weiteren Frauen Ausschau, die er ausziehen kann. Das Mädchen erneut anzuziehen, ist natürlich viel schwerer. Diesmal kann er dafür nicht das Messer nehmen. Es ist ein einziger Kampf, er wälzt ihren Körper über den Boden, während er an ihren Klamotten zerrt und sich überlegt, wie sinnlos das hier ist, da Cooper sie sowieso wieder ausziehen wird. Er tut es trotzdem, weil es für Cooper wichtig ist. Es ist Teil seines Rituals. Auch wenn ihm die Vorstellung gefällt, zukünftig weitere Frauen auszuziehen, hat er nicht die geringste Lust, diese Prozedur hier zu wiederholen. Das Kleid ist ihr ein bisschen zu groß, was die Sache etwas erleichtert. Sein Gesicht tut weh, und als er die Stelle berührt, wo sie ihn gekratzt hat, hat er Blut am Finger. Er betrachtet die Schramme im Spiegel und wischt dann das Blut fort. Sie ist nicht besonders lang, nur ein paar Zentimeter, aber jetzt, wo er sie entdeckt hat, tut es weh.
    »Du hast mich verletzt«, sagt er. Sie antwortet nicht. Am liebsten würde er ihr den Kleber von den Lippen entfernen. Er könnte sie mit Nagellackentferner einreiben, doch er wird damit warten, denn so wird sie Cooper besser gefallen. Ihr Brustkorb hebt und senkt sich gleichmäßig, und aus ihrem Hals kommt ein leises, heiseres Keuchen, es hört sich genauso an wie das Geräusch, das der alte Kühlschrank in der offenen Einrichtung immer gemacht hat.
    Er hebt sie hoch und trägt sie zur Kellertür. Sie ist viel leichter als Cooper, ja, sogar leichter als an dem Tag, an dem er sie hergebracht hat, darum kann er auf den Rollwagen verzichten. Er klopft an, bevor er die Kellertür öffnet, denn Cooper ist es bestimmt lieber, wenn er nicht einfach so hereinplatzt. Das ist eine kleine, schlichte Geste des Respekts, etwas, das ihm die Zwillinge nie entgegengebracht haben, wenn sie ihn hier unten eingeschlossen haben. Die Zwillinge waren zwei Krankenpfleger, die früher hier gearbeitet und zum Spaß Patienten eingesperrt und gequält haben. Inzwischen ist die Sonne zur anderen Seite des Hauses gewandert, und es dringt kaum Licht in den Keller, also klemmt er sich die Lampe unter die Finger, dann steigt er hinunter.
    »Sie ist für dich«, sagt er und legt das Mädchen auf den Boden. Dabei achtet er darauf, dass sich Arme und Beine unter ihrem Körper nicht verknoten, dann macht er die Lampe an. Cooper steht an der Zellentür und beobachtet ihn mit einem Gesichtsausdruck, den Adrian auch schon bei anderen Leuten gesehen hat, vor allem bei seiner Mutter, als er sie gestern Morgen mit Benzin übergossen hat.
    »Was …«, sagt Cooper, bringt den Satz aber nicht zu Ende.
    Adrian hofft, dass ihn das Kleid nicht abturnt. Er hätte ihr lieber was Attraktiveres angezogen, doch er hatte nur das Kleid, das er aus dem Haus seiner Mutter mitgenommen hat. Neben den anderen Sachen. Hauptsächlich Lebensmittel. Und Geld. »Ich habe sie in der Stadt aufgegabelt«, sagt er. »Ist sie nicht perfekt?«
    Cooper hat sein Gesicht gegen die Glasscheibe gedrückt. »Mein Gott, Adrian, das ist Wahnsinn. Absoluter Wahnsinn.«
    »Ich hab sie am Montagabend aufgelesen«, sagt er. »Ist sie nicht perfekt?«
    »Ich …«, sagt Cooper und verstummt.
    »Dir fehlen die Worte«, sagt Adrian. »Ich weiß, wie du dich fühlst. Siehst du, ich hab dir doch gesagt, dass ich mich um dich kümmern kann. Und um dein Haus. Ich hab’s niedergebrannt.«
    »O Gott, mein Haus«, sagt Cooper. »Und dieses Mädchen. Adrian, Adrian …«
    »Ich wollte dir was Gutes tun«, sagt er. »Ich weiß, dass du auf Frauen stehst, und ich dachte, diese Frau würde dir gefallen, also hab ich die Sache selbst in die Hand genommen. Ich möchte dir helfen, Cooper. Meinen Freunden helfe ich gerne«, fügt er hinzu, in der Hoffnung, dass Cooper glaubt, er hätte noch andere Freunde.
    Der sagt kein Wort. Adrian findet die Stille beunruhigend. Er hat hier viele Tage und Nächte in der Stille verbracht, und damals hat er sich allmählich daran gewöhnt. Doch jetzt be drückt sie ihn. »Du hast gesagt, dass du das, was mir so an dir gefällt,

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