Die Totentänzerin: Ein Fall für Nils Trojan 3 - Psychothriller (German Edition)
kurzzeitig die Luft weg. Natürlich wusste sie, dass Andras verheiratet war, eine Tatsache, die sie bei ihren heimlichen Zusammenkünften gerne außer Acht ließ. Auch hatte er einmal beiläufig erwähnt, seine Frau habe eine Tochter mit in die Ehe gebracht, doch dass sie ihr jemals begegnen würde, hätte sie nicht für möglich gehalten, schon gar nicht auf diese Art.
Das Mädchen starrte auf das rote Band an ihrem Hals. Mara griff verlegen danach.
»Sie treffen sich mit ihm.« Ihre Stimme klang schrill. »Schon länger. Ich beobachte das seit einiger Zeit.«
Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen.
»Sagen Sie mir die Wahrheit, hat er Ihnen dieses Halsband geschenkt ?«
Mara antwortete nicht. Der Kellner trat an den Tisch und erkundigte sich nach den Wünschen des Mädchens, doch es wies ihn mit einer energischen Handbewegung ab.
Was sollte das eigentlich ? Wo blieb Andras ? Warum war er nicht bei ihr ?
Als habe das Mädchen ihre Gedanken gelesen, sagte es: »Die SMS kam von mir. Ich habe heute die Verabredung mit Ihnen getroffen. In seinem Namen, auf seinem Handy.«
Endlich fand Mara ihre Sprache wieder: »Du kontrollierst das Handy deines Vaters ?«
»Er ist mein Stiefvater!« Das Mädchen verschränkte die Arme vor der Brust. »Und meine Mutter ist schwerkrank.«
»Das wusste ich nicht.«
»Sie ist zur Kur gefahren, hat Ihnen Andras das etwa nicht erzählt ?«
»Um ehrlich zu sein, nein.«
»Ihr geht es überhaupt nicht gut. Sie hat Krebs, und er …«
Ihre Stimme brach.
Mara spürte, wie ihr Hitze ins Gesicht stieg. »Es ist nichts zwischen uns«, murmelte sie. »Er … er hat mich angesprochen. Ich fand ihn nett, das ist alles.«
»Das glaube ich Ihnen nicht.« Das Mädchen blickte wieder auf das Halsband. »Ist das nun ein Geschenk von ihm oder nicht ?«
Mara zögerte. Schließlich nickte sie.
»Hat er Ihnen erzählt, woher er es hat ?«
»Er sagte, er hätte es in einem kleinen Laden gekauft.«
»Lüge !«, stieß das Mädchen hervor.
Mara entschied, es auf die freundliche Tour zu versuchen.
»Wie heißt du ?«
»Siri«, sagte das Mädchen und runzelte dabei die Stirn.
»Okay, Siri, ich bin Mara, aber das weißt du ja wohl mittlerweile, wenn du die SMS deines Vaters überwachst.«
»Stiefvater, das ist ein großer Unterschied !« Siri schob die Zunge über ihr Lippenpiercing und sah sie an.
Mara kannte diesen Blick, den zornig-schmerzlichen Ausdruck ihrer eigenen Jugend.
Sie versuchte, das Mädchen zu besänftigen, indem sie vorschlug, sie auf einen Kaffee einzuladen, da fuhr Siri plötzlich mit der Hand an ihren Hals und wollte ihr das Band entreißen.
»Lass das !«
Siris Nägel kratzten über ihre Haut. Gäste von den Nachbartischen schauten zu ihnen herüber. Endlich zog Siri die Hand weg.
»Ist auf der Rückseite der Perle ein M zu sehen?«
Mara wusste, dass es stimmte.
»Keine Gravur, mehr ein Kratzer ?«
»Ja. Woher weißt du das ?«
»Das Halsband gehörte meiner Schwester. Sie starb vor vielen Jahren bei einem Autounfall. Sie trug dieses Halsband am Tag ihres Todes. Seitdem war es verschwunden. Es ist mir unerklärlich, wie es in den Besitz meines Stiefvaters geraten konnte. Er kannte meine Schwester zu ihren Lebzeiten nämlich überhaupt nicht. An meine Mutter hat er sich erst rangemacht, als Marie längst tot war.«
Siri blinzelte, als wolle sie verhindern, dass ihr die Tränen kamen. »Und jetzt sitzen Sie mir hier gegenüber und tragen Maries Schmuck.«
Mara schwirrte der Kopf. War die Kleine total übergeschnappt, oder erzählte sie die Wahrheit ?
Da beugte sich Siri über den Tisch und raunte ihr zu: »Und wissen Sie was, Sie sehen meiner Schwester auch noch verdammt ähnlich. Es ist, als würde …«
Sie brach ab und sank auf ihren Stuhl zurück.
Mara schluckte. »Das muss eine Verwechslung sein. Diese Halsbänder sind doch keine Seltenheit.«
»Das M auf der Rückseite der Perle. Marie hat es eingeritzt. Ich war selbst dabei.«
Sie streckte die Hand danach aus.
»Geben Sie es mir.«
»Das kann ich nicht.«
Ihre Augen funkelten sie voller Verachtung an, dann sprang das Mädchen wortlos auf und stürmte aus dem Café.
Den ganzen Heimweg über fühlte Mara sich verfolgt und drehte sich mehrmals um, aber da war niemand. Als sie endlich ihre Wohnungstür aufgeschlossen hatte, klopfte ihr das Herz so heftig, dass sie ein paar Mal tief durchatmen musste.
Sie war sich sicher, dass das Mädchen ihr vor dem Café aufgelauert hatte und dann nachgegangen
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