Die Totentänzerin: Ein Fall für Nils Trojan 3 - Psychothriller (German Edition)
Groove, das Wa-Wumm, Wa-Wumm der Bässe, entspann dich, Baby, raunten sie ihr zu, auch wenn es draußen viel zu hell ist, eigentlich noch Arbeitszeit, aber nicht für dich.
Ihre Handtasche angehängt an dem dafür vorgesehenen Haken unterhalb des Tresens, die Beine hinterm Barhocker verschränkt, versuchte sie, die Scham darüber, schon tagsüber Alkohol zu konsumieren, einfach wegzutrinken.
Sie war die Einzige hier bis auf eine verstreute Gruppe von Geschäftsleuten an den Tischen in der Ecke, die irgendwas zu feiern hatten und sie mit ihrem Gelächter provozierten. Mit jedem Gejohle und Schenkelschlagen schienen sie ihr beweisen zu wollen, dass ein kollektives Besäufnis um diese Uhrzeit weitaus unproblematischer verlief als das verdruckste Cocktailschlürfen einer Einzelgängerin, wie sie es war.
Sosehr sie auch diese Horde angetrunkener Krawattenträger verachtete, es beleidigte sie dennoch, nicht einen einzigen unzweideutigen Blick von ihnen aufzufangen, vermutlich war sie längst zu alt für ihr simples Beuteschema.
Für einen Moment malte sie sich aus, wie die Welt jenseits der Fensterfront ihren gewohnten Gang nahm, Geldverdienen, Kindergroßziehen, all die beflissentlichen Erledigungen, all die Betriebsamkeit, doch sie gehörte nicht mehr dazu.
Glas schwenken, Kopf heben, einen Schluck trinken, Glas wieder abstellen, beobachten, wie sich das Eis darin auflöst, mehr blieb ihr nicht.
»Was ist los mit dir, Schätzchen ? Du siehst traurig aus.«
Die Barfrau schob ihr die Schale mit den Erdnüssen hin.
Theresa schaute zu ihr auf, der Pagenschnitt gefiel ihr, die asymmetrischen Fransen, ihr freundliches Lächeln, sie kannte sie, schließlich kam sie öfter hier vorbei, allerdings eher abends. Es gehörte zu ihrer Gewohnheit, bevor sie hinaufging in die Wohnung am Rathenauplatz, zu ihrem kleinen Rückzugsort.
»So niedergeschlagen heute, hmm ?«
Theresa seufzte bloß, um ein Lächeln bemüht.
»Hast du denn schon was gegessen ? Alkohol auf leeren Magen ist nicht gut.«
»Ein Sandwich am Mittag«, murmelte sie.
Eigentlich hatte sie keine Lust auf eine Unterhaltung. Und doch war es befriedigend festzustellen, dass sie überhaupt noch wahrgenommen wurde.
»Probleme ?«
»Hat alles keinen Sinn mehr.«
Sie registrierte das Zittern in ihrer eigenen Stimme, so viel Selbstmitleid war ihr peinlich, sie sollte sich zusammenreißen, einen starken Kaffee trinken, und alles wäre wieder gut.
Wenn es nur so einfach ginge.
Plötzlich lag die Hand der Barfrau auf ihrem Unterarm.
»Na, sag schon, was liegt dir auf dem Herzen ? Mir kannst du es doch erzählen.«
Wäre schön, dachte sie, reden hilft, doch fürchtete sie, vor ihr in Tränen auszubrechen.
Wie aufs Stichwort, als wolle man sie verhöhnen, drang lautes Gelächter von den Tischen der Geschäftsleute zu ihr herüber.
»Hab Ärger mit der Polizei.«
»Was Dummes angestellt ?«
»Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Nicht mehr genau.«
Die Barfrau lachte, ein helles, kristallklares Lachen, tätschelte ihren Arm und nahm die Hand weg.
»War sicher alles halb so schlimm.«
Theresa versuchte, sich an ihren Namen zu erinnern, den hatte sie vor kurzem noch gewusst.
»Hatten Sie mal einen Filmriss ?«, fragte sie scheu.
»Oh ja, schon oft. Kommt vom Alkohol, Schätzchen.«
Sie spürte, wie sie errötete, schwenkte das Glas, es war fast leer.
»Geben Sie mir noch einen ?«
»Ob das gut für dich ist ?«
Sie rutschte beschämt auf ihrem Hocker hin und her. Gerade jetzt war der Durst unermesslich.
Und plötzlich sagte die Barfrau: »Es geht um letzten Freitag, nicht wahr ?«
»Wie ?«
Ihr Atem stockte. Sollte sie sich verhört haben ?
»Freitag war es sogar noch schlimmer als Dienstag, hab ich recht ?«
Theresa stand der Mund offen. Vielleicht war sie doch betrunkener, als sie sich eingestehen wollte.
Die Barfrau polierte den Tresen. Ihre Ohrringe baumelten. Sie war hübsch, feste, spitze Brüste, Theresa schätzte sie auf Ende zwanzig. Und nun fiel ihr auch der Name wieder ein: Lisa.
»Schätzchen, du warst am Freitagabend hier ! Du hast dich volllaufen lassen. Ich hab dich sogar nach Hause gebracht. Es war spät, und wir wollten schließen. Du warst so hinüber, dass ich dir helfen musste.«
»Mich nach Hause gebracht ?«
Wieder dieses klare Lachen, volle rote Lippen, sie fuhr sich über ihren blonden Pagenkopf, und ihre Augen strahlten. Sie schien ein Parfüm zu benutzen, das auch Theresa mal ausprobiert hatte.
»Du wohnst doch in diesem
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