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Die Totgesagten

Titel: Die Totgesagten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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sich warten.
    Fünf argwöhnische Augenpaare nahmen ihn ins Visier. »Was? Du willst bleiben? Hier?« Calle machte ein Gesicht, als hätte sich Mehmet vor seinen Augen in einen Frosch verwandelt.
    »Ja, ich werde in der Bäckerei weiterarbeiten. Meine Wohnung werde ich eine Zeitlang untervermieten.«
    »Und wo willst du wohnen? Bei Simon, oder was?« Tinas Worte hallten durchs Café. Mehmets Schweigen löste eine Art Schock aus.
    »Echt? Seid ihr etwa zusammen?«
    »Nein, sind wir nicht!«, zischte Mehmet. »Obwohl dich das nichts angeht. Wir sind … nur Kumpels.«
    »Ei, ei, ei, was seh ich da? Ein verliebtes Ehepaar.« Uffe fiel vor Lachen fast vom Stuhl.
    »LasstMehmet in Ruhe!« Jonnas Flüstern brachte die anderen seltsamerweise zum Schweigen. »Das finde ich toll, Mehmet. Du bist der Beste von uns allen.«
    »Wie meinst du das, Jonna?« Lars neigte sanft den Kopf zur Seite. »In welcher Hinsicht ist Mehmet der Beste?«
    »Einfach so.« Jonna zupfte an ihren Ärmeln. »Er ist in Ordnung. Irgendwie nett.«
    »Bist du denn nicht nett?«, fragte Lars. Seine Frage klang doppelbödig.
    »Nein«, antwortete Jonna leise. Vor ihrem inneren Auge lief noch einmal die Szene vor dem Heimathof ab. Wieder spürte sie ihren Hass auf Barbie. Was Barbie über sie erzählt hatte, tat so schrecklich weh. Jonna wollte es ihr heimzahlen. Es war ein schönes Gefühl gewesen, mit dem Messer in Barbies Haut zu ritzen. Ein netter Mensch hätte so etwas nicht gemacht. Aber das sagte sie nicht. Sie blickte aus dem Fenster und betrachtete den Straßenverkehr. Die Kameraleute hatten ihr Zeug bereits zusammengepackt. Das würde sie jetzt auch tun. Nach Hause fahren. In eine große leere Wohnung. Wo Zettel auf dem Küchentisch ihr mitteilten, sie solle nicht warten, sondern allein schlafen gehen. Wo im Wohnzimmer demonstrativ Broschüren über verschiedene Ausbildungen herumlagen. Wo es vollkommen still war.
    »Und, was hast du vor?«, wendete sich Uffe in spöttischem Tonfall an Lars. »Jetzt musst du dich ja nicht mehr um uns kümmern.«
    »Mir wird schon was einfallen.« Lars nippte an seinem zuckersüßen Tee. »Ich schreibe weiter an meinem Buch und mache vielleicht eine eigene Praxis auf. Und was ist mit dir? Du hast uns noch gar nicht von deinen Plänen erzählt.«
    Mit gespielter Lässigkeit zuckte Uffe die Schultern. »Ach, nichts Besonderes. Wahrscheinlich zieh ich erst mal durch die Clubs. Bis ich dieses beschissene ›I wanna be your little bunny‹ nicht mehr hören kann.« Er warf Tina einenabfälligen Blick zu. »Und dann … Keine Ahnung. Mal sehen.« Einen Moment blitzte die Unsicherheit hinter seiner großen Klappe durch. Doch im nächsten Moment machte Uffe wieder dicht. »Seht mal, was ich kann!« Er hängte sich einen Löffel an die Nase. Wozu sollte er sich unnötig Gedanken über die Zukunft machen? Typen, die solche Kunststücke draufhatten wie er, kamen immer irgendwie klar.
    Beim Aufbruch hielt Jonna einen Augenblick inne. Sie hatte plötzlich das Gefühl, Barbie wäre mitten unter ihnen. Mit ihren langen blonden Haaren und den künstlichen Fingernägeln, mit denen sie fast nichts machen konnte. Mit dieser Sanftheit und Freundlichkeit in den lachenden Augen, die alle nur als Schwäche betrachtet hatten. Jonna begriff, dass sie sich getäuscht hatte. Nicht nur Mehmet, sondern auch Barbie war nett gewesen. Zum ersten Mal machte sie sich ernsthaft Gedanken über diesen Freitag, an dem alles so schiefgelaufen war. Wer hatte eigentlich was gesagt? Wer hatte die Gerüchte verbreitet, die Jonna mittlerweile für Lügen hielt? Wer hatte die Fäden gezogen? Wer hatte sie benutzt? Irgendetwas rührte sich in ihrem Hinterkopf, aber bevor sie den Gedanken zu fassen bekam, hatte der Bus Tanum bereits hinter sich gelassen. Sie starrte aus dem Fenster. Der Platz neben ihr war leer.
    Gegen zehn bereute Patrik, dass er nicht besser gefrühstückt hatte. Mit knurrendem Magen ging er in die Küche und machte sich auf die Suche nach etwas Essbarem. In einer Tüte auf dem Tisch fand sich noch eine einsame Zimtschnecke, die er sich gierig in den Mund stopfte. Keine optimale Zwischenmahlzeit, aber besser als nichts. Als er sich mit vollem Mund wieder an den Schreibtisch setzte, klingelte das Telefon. Annikas Nummer stand auf dem Display. Patrik versuchte, den Klumpen schnell hinunterzuschlucken, aber er blieb ihm im Hals stecken.
    »Hallo?«,meldete er sich hustend.
    »Patrik?«
    Er schluckte ein paarmal und bekam endlich den Rest der

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