Die Totgesagten
zu sein …«
»Aber?«
»Was, aber?« Patrik schaute seinen Kollegen fragend an, worauf dieser den Haltegriff noch fester packte.
»Guck gefälligst auf die Straße, verflucht noch mal! Es hörte sich so an, als wolltest du noch etwas sagen.«
»Ich weiß nicht«, sagte Patrik nachdenklich. Zu Martins Erleichterung hielt er den Blick nun auf die Fahrbahn gerichtet. »Ich bin es nicht gewohnt, mit Leuten zusammenzuarbeiten, die so … ehrgeizig sind.«
»Was meinst du denn damit?« Martin lachte, konnte aber nicht verbergen, dass er ein bisschen gekränkt war.
»Versteh mich nicht falsch, ich will damit nicht sagen, du hättest keinen Ehrgeiz, aber Hanna ist, wie soll ich mich ausdrücken, tierisch ehrgeizig!«
»Tierisch ehrgeizig«, wiederholte Martin gedehnt. »Du bist ihr gegenüber skeptisch, weil sie tierisch ehrgeizig ist? Könntest du das ein bisschen genauer erklären? Hast du was gegen ehrgeizige Frauen? Du gehörst doch nicht etwa zu denen, die finden, dass Frauen bei der Polizei nichts verloren haben?«
Wieder wendete Patrik den Blick von der Fahrbahn ab und sah Martin höchst argwöhnisch an.
»Wie gut kennst du mich eigentlich? Hältst du mich für einen Macho? Dann wäre ich ein Macho, dessen Frau doppelt so viel verdient wie er. Ich meinte nur, dass sie … Ach, vergiss es, du wirst es schon selbst merken.«
Martin schwieg eine Weile. »Ist das dein Ernst? Erica verdient doppelt so viel wie du?«
Patriklachte. »Ich wusste, dass dich das sprachlos machen würde. Um ganz ehrlich zu sein, stimmt es nur vor der Steuer. Dann sackt der Staat das meiste ein. Zum Glück. Reichtum ist bestimmt deprimierend.«
Martin lachte mit. »Ja, ganz furchtbar. Zum Glück bleibt einem so etwas erspart.«
Kurz darauf wurde Patrik wieder ernst. Sie waren bei der Kullensiedlung angekommen, wo sich ein Mehrfamilienhaus ans nächste reihte, und stellten das Auto auf dem Parkplatz ab. Einen Augenblick blieben sie sitzen.
»Tja, es ist mal wieder so weit.«
»Ja.« Martin verstummte. Mit jeder Minute wuchs der Klumpen in seinem Magen. Aber es gab kein Zurück mehr. Sie mussten es hinter sich bringen.
»Lars?« Hanna stellte ihre Tasche hinter der Haustür ab, hängte ihre Jacke auf und stellte die Schuhe ins Regal. Niemand antwortete. »Hallo? Lars? Bist du zu Hause?« Sie hörte, wie sich Besorgnis in ihre Stimme schlich. »Lars?« Sie ging durchs Haus. Überall Stille. In den Strahlen der Frühlingssonne, die durch die Scheiben fielen, waren deutlich die Staubflocken zu erkennen, die sie mit ihren Schritten aufwirbelte. Bei näherem Hinsehen hatte sich nicht nur Staub angesammelt, sondern es lagen auch überall Haare und anderer Schmutz herum. Der Vermieter hatte sich nicht die Mühe gemacht, das Haus vor ihrem Einzug zu putzen. Es musste dringend gründlich saubergemacht werden, doch im Moment konnte sie sich nicht dazu aufraffen. Ihre Nervosität überlagerte alles andere.
»Lars?«, rief sie laut, hörte aber nur ihr eigenes Echo von den kahlen Wänden widerhallen.
Sie rannte ins Obergeschoss. Die Schlafzimmertür war geschlossen. Vorsichtig drückte sie die Klinke hinunter. »Lars?«, fragte sie sanft. Er lag angezogen auf der Bettdecke, mit dem Rücken zu ihr. An den gleichmäßigen Bewegungen seines Brustkorbs sah sie, dass er schlief. Vorsich tiglegte sie sich zu ihm. Während sie in Löffelchenstellung nebeneinanderlagen, lauschte sie seinem Atem und spürte, wie der gleichmäßige Rhythmus auch sie allmählich in den Schlaf wiegte. Endlich kam sie zur Ruhe.
»Scheißkaff.« Uffe ließ sich auf eins der frisch gemachten Betten fallen.
»Also, ich glaube, wir werden viel Spaß haben.« Barbie hatte sich ebenfalls auf ihr Bett gesetzt und federte auf der Matratze auf und ab.
»Hab ich etwa gesagt, dass ich das nicht glaube?« Uffe lachte. »Ich meinte nur, dass das Kaff scheiße ist. Aber wir werden für ein bisschen Action sorgen, oder? Sieh dir diese Vorräte an!« Er setzte sich auf und zeigte auf die gut sortierte Bar. »Was meint ihr? Wollen wir mal ein bisschen feiern?«
»Jaaa!« Alle außer Jonna jubelten. Niemand beachtete die surrenden Kameras. Für solche Anfängerfehler waren sie viel zu erfahren.
»Prost, Leute!« Uffe kippte das erste Bier in einem Zug hinunter.
»Prost!« Die anderen hoben ihre Flaschen. Alle außer Jonna. Sie blieb auf ihrem Bett sitzen und starrte die anderen reglos an.
»Was ist bloß mit dir los?«, zischte Uffe genervt. »Willst du kein Bier mit uns trinken?
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