Die Traene des Drachen
zurück. Er näherte sich ihm in drohender Haltung und sprach mit gereizter Stimme. „Erstens bin ich der Führer dieser Gruppe und entscheide, in welchem Tempo wir reiten. Zweitens ein Tag früher oder später im Akrachón ist jetzt auch nicht mehr von Bedeutung. Die Wetterbedingungen werden in jedem Fall schlecht sein. Und drittens konnten wir nicht schneller reiten, weil Elea unerträgliche Schmerzen hat.“ Im erstem Moment war Finlay über Maéls Erwiderung so verblüfft, dass er mit offenem Mund zwischen ihm und Elea hin und her blickte. Nach ein paar Augenblicken fand er wieder zu seiner Sprache und fragte ungläubig: „Elea?“
„ Ja, Elea. Falls es dir entgangen sein sollte, sie ist die Drachenreiterin, die für deinen Vater einen Drachen suchen und reiten soll.“
„ Ich weiß, wer Elea ist. Verschon mich mit deinem Sarkasmus! Ich wundere mich viel mehr über die Art, wie du ihren Namen ausgesprochen hast, fast schon zärtlich. Und die Tatsache, dass du auf ihre Schmerzen Rücksicht nimmst, passt auch nicht zu dir.“
Jadora, der der Auseinandersetzung stumm beigewohnt hatte, fing wieder an, nervös zu hüsteln. Er gab Maél ein Zeichen und begab sich zu den Kriegern. Daraufhin sah Maél Elea an und sagte: „Ich werde jetzt mit Jadora und den Männern die Zelte aufbauen. Kläre du ihn bitte auf!“
„ Ich? Ähm... warum ich?“, wollte Elea verunsichert wissen. „Ganz einfach, weil du ja bekanntlich die Expertin für Gefühle bist. Du wirst es ihm, denke ich, am schonendsten beibringen können.“ Für diese Worte erntete er von Elea einen giftigen Blick und von Finlay wieder nur einen vor Verblüffung geöffneten Mund. Während Maél davonschritt, begann Elea sich verlegen zu räuspern. Finlay fixierte sie dabei erwartungsvoll mit verschränkten Armen. „Was wird hier eigentlich gespielt? Er hat du zu Euch gesagt?!“, platzte es aus Finlay heraus. „Finlay, hier wird gar nichts gespielt! Aber auf dem Schloss haben Maél und ich allen etwas vorgemacht.“ Elea hielt kurz inne, bevor sie weitersprach. Finlay wartete mit zunehmender Ungeduld, die in seinem nervösen Auf-und-ab-Gehen zum Ausdruck kam. „Wisst Ihr noch im Schlossgarten? Da sagte ich Euch, dass mein Herz bereits einem anderen gehört. Ich meinte Maél. Wir lieben uns. Aber wir durften es uns nicht anmerken lassen – wegen Darrach...“ Finlay unterbrach Elea aufgebracht. „Ihr liebt euch? Maél kann nichts und niemanden lieben.“
„ Doch das kann er. Er hat es gelernt... durch mich. Er will mich vor Eurem Vater und vor Darrach in Sicherheit bringen. Dazu müssen wir aber den Drachen finden. Wir mussten Darrach täuschen, damit er glaubt, dass Maél immer noch in seinem Interesse handelt. Wenn er erfahren hätte, dass Maél mich liebt, dann hätte er niemals erlaubt, dass er mich zum Drachen bringt, zumindest nicht ohne einen neuen bösen Zauberbann.“ Finlay geriet immer mehr aus der Fassung. „Ein böser Zauberbann? Darrach ist also ein Zauberer, einer der dunklen Mächte? Das wundert mich überhaupt nicht. Was aber euch beide angeht, so muss ich blind gewesen sein. Jetzt ergibt alles einen Sinn. Euer merkwürdiges Verhalten gestern Abend. Ich dachte, Ihr seid von allen guten Geistern verlassen, als Ihr einwilligtet, dass Maél Euch auf Euer Zimmer begleitet. Ihr wolltet mit ihm allein sein. Dann Maéls merkwürdiges Verhalten auf der Fahrt nach Moray am Abend des Drachenfestes. Mir ist es nicht entgangen, dass er Euch ganz nahe gekommen ist, um Euch etwas ins Ohr zu flüstern. Außerdem ist er Euch die ganze Zeit über nicht von der Seite gewichen, als ob er gewusst hätte, dass ihr jeden Moment in Ohnmacht fallen würdet. Und Eure Frage auf der Wehrmauer, ob in Maéls Leben eine Frau eine Rolle spielen würde, machte mich auch schon etwas stutzig. – Allerdings drei Dinge verstehe ich nicht. Erstens: Wenn ihr euch so liebt, warum seid Ihr noch unberührt? Ich kenne Maél. Der lässt nichts anbrennen. Zweitens: Warum war er nicht die Spur beunruhigt, als ihr dieser mehr als besorgniserregenden Bewusstlosigkeit zum Opfer gefallen seid? Und drittens: Wie kam es zu dem frischen Bluterguss in Eurem Gesicht?“
„ Finlay das sind alles Fragen, die lassen sich nicht einfach so leicht beantworten. Können wir dies nicht auf morgen verschieben? Ich bin sehr müde und meine Wunde schmerzt. Ich will mich einfach nur hinlegen, noch ein paar Schlucke Bilsenkrautsud trinken und schlafen.“
„ Elea, das sind nur drei Fragen von
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