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Die Tränen der Henkerin

Die Tränen der Henkerin

Titel: Die Tränen der Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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nämlich bereits eine Braut, eine wunderschöne, wohlerzogene junge Frau aus guter Familie. Als das erledigt war, hat der Kerl seine Schwester losgeschickt, um meinen Wendel zu umgarnen. Sobald sie ihm einen Sohn und Erben geboren hat, werden sie und ihr Bruder versuchen, auch Wendel loszuwerden, um an das Erbe zu kommen. Dieses gottlose Pack wird nicht davor zurückschrecken, auch meine Gemahlin und mich zu ermorden. Dass sie über Leichen gehen, haben sie ja schon einmal bewiesen. Und wer weiß, wie viele andere unschuldige Menschen sie außerdem auf dem Gewissen haben.«
    De Willms nickte. Er hatte sich wieder völlig in der Gewalt, nur die Schatten unter seinen Augen schienen noch dunkler geworden zu sein. »Wir haben durchaus ein gemeinsames Interesse. Wenn Ihr mir meinen Sohn auch nicht zurückgeben könnt, so glaube ich, dass ich wenigstens dazu beitragen kann, dass Ihr den Euren wieder in die Arme schließen könnt, nicht wahr?«
    »So ist es. Wenn Wendel erkennt, wer seine Frau wirklich ist, wird er nicht zögern, seinen Fehler einzusehen und dorthin zurückkehren, wo er hingehört. Und die feigen Mörder Eures Sohnes können gerichtet werden.«
    Nachdenklich rieb sich de Willms die Nase. »Wir müssen sehr vorsichtig sein. Wenn diese Metze und ihr Komplize so verschlagen sind, wie Ihr sie schildert, dann haben sie sicherlich alle Beweise vernichtet, die sie dieser infamen Tat überführen könnten.«
    »Aber wir können das Weib als Betrügerin entlarven! Sie ist nicht die Zwillingsschwester von Merten de Willms, nicht Eure Tochter.«
    »Ein guter Gedanke.« De Willms ballte die Faust. »Ich werde Euch ein Schreiben mitgeben, in dem ich versichere, dass ich nie eine Tochter hatte. Macht davon Gebrauch, wie es Euch nötig erscheint. Und wenn Ihr mir die Metze bringt, knöpfe ich sie mir vor. Ich werde dafür sorgen, dass sie mir verrät, wo ihr Bruder steckt.«
    Erhard zögerte. »Wir müssen mit Bedacht vorgehen. Mein Sohn darf nichts davon erfahren. Zumindest vorerst nicht. Er würde mir nicht glauben, wenn ich ihm die Wahrheit über seine Gemahlin erzählen würde. Er ist besessen von ihr.«
    »Und wie stellt Ihr Euch das vor, Füger?«
    »Ich werde diese Melissa hierher nach Augsburg schaffen lassen, ohne dass irgendjemand etwas davon bemerkt. Und wenn sie ihre Schandtaten gestanden hat, soll Wendel davon erfahren. Dann wird er mir auf ewig dankbar sein.«
    »Wie wollt Ihr das anstellen?«
    »Überlasst das mir. Ihr bekommt die Mörderin Eures Sohnes frei Haus geliefert, und ich bekomme meinen Sohn zurück.«
    De Willms hob den Kopf und lächelte matt. »Trinken wir darauf, dass Euch ein hartes Schicksal ereilen wird: Eure Schwiegertochter wird spurlos verschwinden …«
    »… und hier in Augsburg ihre gerechte Strafe erhalten!«
***
    Irma flatterte herein wie ein junger Vogel, musterte Melisande und stieß einen spitzen Schrei aus. »Melissa, du siehst umwerfend aus! Alle werden sich die Augen aus dem Kopf gucken.«
    »Ja, das werden sie«, antwortete Melisande, »aber nur, weil du bei mir bist. Mich werden sie gar nicht bemerken.«
    Irma kicherte. »Das glaubst du ja selbst nicht!«
    Sie hakten sich unter, traten auf die Straße und mischten sich in den Strom der Menschen, die zum Waldtor strebten. Irma hatte nicht lockergelassen, bis Melisande schließlich eingewilligt hatte, mit ihr zu der Hinrichtung zu gehen. Wendel hatte nur den Kopf geschüttelt, doch weil er ein guter Mann war, hatte er die Geschäfte für diesen Tag alleine übernommen. Die Sonne strahlte vom Himmel, es würde ein wunderschöner heißer Augusttag werden, und nach der Hinrichtung würde das Volk zum Rindermarkt ziehen, wo Musikanten zum Tanz aufspielen sollten. Dann wollte Wendel zu ihnen stoßen und Melisande die ganze Nacht herumwirbeln. Obwohl er seit seinem Aufenthalt im Esslinger Kerker ein wenig humpelte, war er ein leidlich guter Tänzer, und vor allem ein begeisterter.
    »Glaubst du die ganzen Geschichten, die über die Henker erzählt werden?«, wollte Irma wissen, als Melisande und sie sich dem Tor näherten.
    »Welche Geschichten meinst du?«, fragte Melisande und bereute die Frage im selben Moment.
    Irma senkte verschwörerisch die Stimme. »Na das, was die Leute erzählen. Dass ein Henker mit seinem Blick töten kann, zum Beispiel.«
    »Warum sollte er sich dann die Mühe machen, die Verurteilten mit dem Schwert umzubringen oder sie aufs Rad zu flechten?«
    Irma gluckste. »Das ist wahr.« Sie überlegte einen

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