Die Tränen der Justitia (German Edition)
Entführer auf Lukas abgesehen haben?»
«Wir müssen jede Möglichkeit in Betracht ziehen. Genauso wie diejenige, dass man Sie damit treffen will.»
«Dann haben die Entführer ihr Ziel erreicht … Ich mache alles, um Lena aus den Fängen dieser … dieser Menschen zu befreien.»
«Deswegen sind wir hier. Sie haben sich sicher Gedanken gemacht, wer als Entführer infrage kommen könnte.»
Jakob Borer deutete auf den Schreibtisch, auf dem zwei Stapel mit Akten lagen.
«Das sind meine Fälle der letzten zehn Jahre. Auf dem grossen Haufen liegen die, welche ich ausschliesse. Auf dem kleinen finden Sie jene, bei denen ich im Laufe der Anklage irgendwann bedroht wurde. Es sind insgesamt drei Fälle und somit drei Personen, denen ich es zutraue. Aber der jüngste liegt vier Jahre zurück. So lange wartet doch niemand.»
«Können wir die Akten mitnehmen?»
«Bitte. Und lassen Sie sie anschliessend, wenn Sie fertig sind, zu Georg bringen. Er verlangte nach ihnen … Ich … wenn das alles vorbei ist, quittiere ich den Dienst. Ich will und darf meine Familie nicht weiter in Gefahr bringen. Beim nächsten Mal wird vielleicht meine Frau entführt … Das ist es nicht wert.»
«Exakt darauf spekulieren Verbrecher. Sie drohen, entführen, morden. Jemand muss solche Leute stoppen. Ihre Arbeit ist unendlich wichtig. Sie dürfen nicht einfach aufgeben.»
«Wie würden Sie reagieren, wenn jemand Nikki, Monika oder … oder Frau Kupfer entführt?»
«Ich … ich würde versuchen, das Schwein zu kriegen … und so wahr ich hier stehe, es gäbe keine Anklage!»
«Selbstjustiz? Dann wären Sie keine Spur besser als die Entführer, Ferrari. Allerdings verstehe ich Sie … ich verstehe Sie nur zu gut.»
«Bevor wir uns mit den Akten beschäftigen, noch eine Frage.»
«Bitte, Frau Kupfer.»
«Die Entführer haben sich nicht bereits bei Ihnen gemeldet?»
Jakob Borer lächelte.
«Auf diese Frage habe ich gewartet. Nein, mich hat niemand kontaktiert. Leider, ich wünschte, es wäre so. Das Warten ist unerträglich. Sollten sich die Entführer melden, bin ich zu allem bereit. Zu allem, verstehen Sie?!»
«Das heisst, Sie würden uns nicht informieren?»
«Wenn Lenas Leben davon abhängt, werde ich niemanden informieren.»
«Schöne Aussichten! Die Entführer melden sich nicht und falls doch, erfahren wir es nicht.»
«Ich kann es ihm nicht verübeln, Nadine. Ich würde das Gleiche tun. Und in dem Moment, in dem Monika, Nikki oder du in Sicherheit wärt, würde ich diese Verbrecher unbarmherzig jagen. Und glaube mir, ich würde nicht eher aufhören, bis ich sie zur Strecke gebracht hätte.»
«Das meinst du im Ernst, nicht wahr?»
«Das ist mein bitterster Ernst.»
Sie küsste ihn auf die Wange.
«Wofür ist denn der?»
«Dafür, dass du so bist, wie du bist.»
Beim Aktenstudium kam die Erinnerung an etliche Fälle zurück, die Nadine und Ferrari in den letzten Jahren gelöst hatten, aber auch an die eine oder andere Schlappe. Es dauerte knapp vier Stunden, bis sie die beiden Stapel durchgekämmt hatten. Zu den drei Dossiers, die Borer bereits aussortiert hatte, kam ein weiteres dazu.
«Da sind wir uns ziemlich einig mit unserem Staatsanwalt.»
«Stimmt. Dann wollen wir mal. Ich traf Stephan heute früh beim Kaffeeautomaten. Er ist ganz wild darauf, uns zu helfen. Ich gebe ihm die vier Dossiers. Er soll abklären, wer wo im Moment sitzt und wie seine Verbindungen nach draussen sind.»
«Ist Stephan wild auf die Dossiers oder auf dich?», stichelte der Kommissär.
«Beides! Nur ist er nicht mein Typ. Zu brav. Ich stehe auf das Tier im Mann!»
Ferrari schluckte unwillkürlich. Ist mein Schulfreund Yvo eine Bestie im Bett? Hm, das kann ich mir nun wirklich nicht vorstellen. Er war doch immer ein sanfter, eher schüchterner Eigenbrötler. So ein introvertiertes Bürschchen, das im stillen … Na ja, wie heisst es so schön? Stille Wasser gründen tief. Blödes Sprichwort. Wer hat nur diese dummen Volksweisheiten erfunden?
«Was sinnierst du?»
«Oh, nichts … rein gar nichts.»
«Wers glaubt. Was machen wir als Nächstes, Sherlock Holmes? Besuchen wir Lukas Doppler?»
«Weshalb fragst du mich, wenn du es eh schon weisst?»
«Nur der Form halber. Du bist schliesslich der Chef und ich nur die kleine Assistentin.»
«Wers glaubt!»
BASELWORLD, die Weltmesse für Uhren und Schmuck, stand kurz vor der offiziellen Eröffnung in der neuen, prachtvollen Halle. Nach einer effektiven Bauzeit von rund zweiundzwanzig
Weitere Kostenlose Bücher