Die Tränen der Justitia (German Edition)

nicht.»
    «Nein, unmöglich. Ich will nichts damit zu tun haben, Boss.»
    «Alles klar, Reto», Habegger nickte.
    «Dann packe ich jetzt mein Zeugs und hau ab.»
    «Ich bin zwar sicher, dass die Sau meine Schwester auf dem Gewissen hat und jetzt in diese Entführung verstrickt ist, doch das eine hat nichts mit dem anderen zu tun. Ich respektiere deine Entscheidung und ich schätze deine Loyalität. Heller und mir gegenüber. Du kannst zurück an deine Arbeit.»
    «Boss … ich …»
    «Schon in Ordnung. Wir werden einen anderen Weg finden, das perverse Schwein zu kriegen. Ich verlange nur eines, dieses Gespräch bleibt unter uns.»
    «Verstanden, Boss!»
    Nadine griff nach einem Drink.
    «Das wars dann wohl. Jetzt vertrag ich auch einen.»
    «Zwingen können wir ihn nicht. Haben Sie noch einen anderen Plan, Herr Kommissär?»
    «Nur die herkömmliche Methode. Wir überwachen Heller Tag und Nacht und warten ab, ob er einen Fehler macht.»
    «Dann viel Glück. Heller ist eine raffinierte Drecksau. Ich bin eigentlich ein misstrauischer Mensch, aber ich habe ihm den trauernden Gatten voll abgenommen. Erst nach der Verurteilung wegen Mordes an seiner zweiten Frau ging mir ein Licht auf. Ich war echt blind! Wenn wir noch etwas tun können, lassen Sie es uns wissen.»
    «Vielen Dank. Wir stehen schon jetzt in Ihrer Schuld.»
    «Boss?»
    «Was gibts noch, Reto?»
    «Stimmt das wirklich? Hat er das Baby entführt?»
    «Es deutet alles darauf hin. André hat es indirekt bestätigt, wenn auch nicht ganz freiwillig.»
    «Aha, das wars. Ich fragte mich schon, weshalb Frank ihn in die Mangel genommen hat … Das Mädchen ist die Tochter des Staatsanwalts?»
    «Es ist seine Enkelin. Du musst wissen, Heller hat eine offene Rechnung mit dem Staatsanwalt. Sein Plan ist gut, wirklich gut. Er entführt das Baby, erpresst den Staatsanwalt, holt so Johnny raus und bricht Borer nebenbei noch das Genick. Bildlich gesprochen. Heller muss nämlich nur durchsickern lassen, dass Borer den Fall manipuliert beziehungsweise Kern beeinflusst hat, keine Anklage zu erheben, aus Sorge um seine Enkelin. Ein erpressbarer Staatsanwalt ist erledigt.»
    «Das klingt ganz nach Franz. Was ist mit Johnny?»
    «Man kann ja einigen Scheiss anstellen, aber eine Frau abstechen?! Nein, der ist für mich gestorben.»
    «Was passiert mit dem Franz, wenn ihr ihn kriegt?», wandte sich Geisser an Ferrari.
    «Bleibt es bei der Entführung, verschwindet er für einige Jahre im Knast. Ist Lena tot, kriegt er lebenslänglich.»
    Geisser fuhr sich nachdenklich durch die Haare.
    «Ich habe auch Mist gebaut und dafür bezahlt. Zehn Jahre ohne meine Kinder, hab sie nur selten gesehen. Wenn ich mir vorstelle, dass jemand Jessica entführt oder Yanik … ich kann es mir gar nicht vorstellen. Was … was soll ich tun?»
    «Finden Sie heraus, wo er Lena versteckt. Mehr wollen wir nicht. Den Rest übernehmen wir.»
    «Okay, ich machs. Ich komme mir zwar total dreckig dabei vor. Aber das mit dem Baby, das ist eine gigantische Sauerei. Ich hätte Franz alles zugetraut, nur keine Kindsentführung. Echt krass.»
    Nun kam Bewegung in den Fall. Wenn jemand herausfinden konnte, wo Heller Lena versteckt hielt, dann war es mit Sicherheit Reto Geisser. Heller vertraute ihm, zumindest so weit, wie ein Franz Heller überhaupt jemanden ins Vertrauen zog. Nadines Handy klingelte. Was war das für ein Ton? Kein Klingeln, sondern ein nicht enden wollendes Lachen.
    «Das war Big Georg. Sie können Robert nicht länger festhalten. Sein Anwalt hat ihn rausgeholt. Georg meint, dass er schnurstracks auf dem Weg zu Vivianes Firma ist.»
    «Da kann er sie lange suchen.»
    «Aber das ist kein Zustand, Francesco. Viviane hat eine Riesenangst. Verständlicherweise, der Typ ist gefährlich.»
    «Du kannst dir ja Frank ausleihen oder Reto Geisser.»
    «Keine schlechte Idee.»
    «Untersteh dich!»
    «Geh du schon einmal zum Auto. Hier sind die Schlüssel. Ich muss noch kurz bei Jay’s anrufen und einen Tisch reservieren.»
    «Du gehst heute Abend essen?»
    «Wenns genehm ist.»
    Yvo! Das Techtelmechtel mit meinem Schulfreund ist noch nicht vorbei. Yvo steht auf indisches Essen oder isst man bei Jay’s thailändisch? Unglaublich. Sie fährt voll auf den alten Knacker ab.
    «So. Reserviert. Ich habe Viviane eingeladen, damit sie auf andere Gedanken kommt. Sie wartet bei euch auf mich. Was schaust du so komisch? Aha, du hast gedacht, ich habe ein Date! Und wenns so wäre …»
    «Ja, ja, ich weiss. Es geht