Die Tränen der Justitia (German Edition)
wir noch dabei.»
«Mike ist der Torhüter, oder? Der kann nichts dafür», kommentierte Ferrari. «Die Nummer acht hat nicht aufgepasst.»
«Stephan sah wirklich schlecht aus, aber ein so erfahrener Mann wie Mike muss auf Zeit spielen. Stattdessen bedient er unseren schlechtesten Mann. Was solls. Und, wie gefällt Ihnen Handball?»
«Es war viel spannender, als ich dachte.»
«Aber vom Hocker hat es Sie nicht gerissen. Im Gegensatz zu Ihrer Frau und Ihrer Kollegin.»
«Er kann sich im Augenblick nicht richtig bewegen.»
Wiedmer sah Monika erstaunt an.
«Er trainiert für den Sponsorenlauf von Olivia Vischer. Sie müssen wissen, mein Mann läuft zusammen mit Marco Streller. Leider wird daraus nichts werden.»
«In zwei Monaten wird die blöde Zerrung wohl vorbei sein.»
«Vielleicht hat er es absichtlich gemacht, Monika.»
«Jetzt, wo du es erwähnst, Nadine. Raffiniert. Er holt sich eine Zerrung, kann nicht trainieren und ist dann nicht bereit für den Lauf.»
«Ha, Ha!»
«Lasst den armen Francesco doch bitte in Ruhe. In unserem Alter muss man einfach vorsichtig sein und das Ganze etwas langsamer angehen.»
«Auf deinen Kommentar kann ich verzichten, Yvo. Da sind mir die bissigen Bemerkungen von Monika und Nadine beinahe noch lieber … Kann mir mal jemand hochhelfen?»
Monika verdrehte die Augen.
«Du hast eine Zerrung, mein Schatz. Keinen Beinbruch.»
Ferrari humpelte neben Wiedmer zum Restaurant.
«Josef erwartet uns im Lokal. Er war heute ganz vernünftig.»
«Sie meinen, er lässt sich von Ihnen helfen?»
«Von Borer, wenns sein muss. Er will morgen mit Julia reden. Aber er glaubt nicht wirklich, dass sich jemand von den Entführern meldet. Ich übrigens auch nicht.»
«Weil Lena tot ist.»
«Sie sprechen das aus, was wir alle denken, Herr Kommissär. Trotzdem werde ich Vorbereitungen treffen, sobald Josef oder Julia mit Herrn Borer gesprochen haben. Wie hoch wird eine Forderung Ihrer Erfahrung nach sein?»
«Das ist schwierig zu beantworten. Eine halbe Million, eine Million oder zehn Millionen.»
«So viel Geld kriegt nicht einmal Borer zusammen.»
«Keine Million?»
«Eine oder zwei schon, nicht aber die Summe von zehn Millionen. Im Moment können wir nur warten und hoffen, dass sie sich melden.»
Ferrari nickte. Genau das ist das Problem. Sie werden nicht anrufen, weil es ihnen nicht ums Geld geht, sondern darum, Borer zu vernichten und gleichzeitig Trachtner aus dem Knast zu holen.
Josef Doppler sass in sich gekehrt vor einem Bier.
«Nicht traurig sein. Noch ist nicht alles verloren», versuchte ihn Wiedmer aufzumuntern.
«Es ist vorbei, Marcel. Endgültig.»
«Wenn wir im letzten Spiel die Winterthurer schlagen und Thun verliert, steigen wir nicht ab.»
«Wenn und aber. Es müsste ein Wunder geschehen und vor allem sollte unser Cheftrainer endlich Mike aus dem Kasten nehmen.»
«Es war aber nicht seine Schuld.»
«Was verstehen Sie denn von Handball?»
«Nicht viel, aber ein Blinder hat gesehen, dass die Nummer acht im Schilf stand. Dieser Mike wollte nur gewinnen.»
«Herr Ferrari hat recht, Josef. Stephan ist eine Null. Er stand vollkommen frei, einen Schritt zum Ball hin, und wir hätten vielleicht mit dem letzten Angriff den Siegtreffer erzielt. Doch der Volltrottel blieb einfach stehen.»
«Das ist jetzt auch nicht mehr von Belang. Am Ende zählen die Punkte, und die fehlen uns. Mit dieser Niederlage sind wir so gut wie abgestiegen.»
«Das ist doch keine Einstellung. Wo bleibt deine Kämpfernatur?»
«Ich bin nicht Don Quijote, Marcel … Stimmt es wirklich, dass Sie eine Spur verfolgen, Herr Ferrari?»
Hilfe suchend blickte der Kommissär zu Nadine.
«Wir haben einen Verdacht, Herr Doppler. Der Ausgangspunkt ist mit grosser Wahrscheinlichkeit Staatsanwalt Borer, wie Sie ja vermuteten. Jemand erpresst ihn. Mehr darf ich nicht sagen.»
«Sind Sie sicher?»
«Ziemlich. Es wird unserer Meinung nach zu keiner Lösegeldforderung kommen. Lena wird als Druckmittel eingesetzt.»
«Dann … dann lebt die Kleine noch?»
«Nur mit einer lebendigen Lena können die Entführer Borer erpressen.»
«Das … das ist eine gute Nachricht.»
Doppler umarmte Nadine, leerte sein Glas und stützte sich auf dem Tisch auf.
«Marcel, ich möchte noch kurz etwas mit dir besprechen. Aber lass dir ruhig Zeit, ich warte im Büro.»
«Das durfte ich doch sagen, oder Francesco?»
«Ja. Manchmal ist es einfach wichtig, Hoffnung zu vermitteln. Es muss sehr schwer sein, für die ganze
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