Die Tränen der Justitia (German Edition)
offenbar das Mandat bei Trachtner niedergelegt.»
«Auf einmal. Obwohl er seines Sieges gewiss sein konnte.»
«Dieser Kerl hat wirklich einen Sensor für brenzlige Situationen. Anscheinend schlägt er sich trotz gebrochenem Nasenbein auf die Seite von Habegger. Er wollte vermutlich nicht riskieren, sein Anwaltspatent zu verlieren.»
«Und die anderen lukrativen Kunden, da er weiss, wie die zur Sache stehen.»
«Deshalb informierte er bestimmt auch Habegger über seinen Entscheid.»
«Das spielt uns in die Hand, denn jetzt kriegen wir Aufschub. Trachtner muss zuerst einen neuen Verteidiger suchen, und der braucht etwas Zeit, um sich mit dem Fall zu beschäftigen. Diese müssen wir nutzen.»
Big Georg stellte unverzüglich einen Überwachungstrupp zusammen, der rund um die Uhr Heller observieren sollte. Ein Team bestand aus jeweils zwei Personen, die sich mit guter Sicht auf den Hauseingang positionierten, zumal es keinen Hinterausgang gab und eine hohe Mauer den Garten zu den Nachbarn begrenzte. Nadine und der Kommissär baten eindringlich darum, sofort informiert zu werden, falls Heller das Haus allein verliesse oder seine Freundin.
«Jetzt können wir nur noch warten, Nadine … Übrigens, deine Klingeltöne sind schon etwas gewöhnungsbedürftig.»
«Findest du? Mir gefallen sie. Ich habe noch ganz andere. Willst du mal hören?»
«Nicht nötig.»
Wie auf Befehl kicherte eine Stimme in Nadines Handtasche.
«Ja? Georg? … Okay. Danke.»
«Was gibts?»
«Die Entführer haben sich bei Julia und Lukas gemeldet. Sie verlangen eine Million Franken als Lösegeld!»
13. Kapitel
Sie liessen sich von Noldi, Nadines Exlover, der anscheinend bei ihr vollkommen unten durch war, die Aufnahme mehrmals vorspielen. Eine verzerrte männliche Stimme forderte eine Million Franken. Zeit und Ort der Übergabe würden noch bekannt gegeben werden. Hämisch erklärte der Mann, er wisse genau, dass dieses Gespräch von der Polizei abgehört würde. Wenn sie Lena jedoch lebendig wiedersehen möchten, sollten sie die Zusammenarbeit mit der Polizei beenden. Der Mann gab Julia und Lukas vierundzwanzig Stunden Zeit, um das Geld zu besorgen. Er würde sich wieder melden.
«Konntet ihr den Anruf lokalisieren?»
«Er kam von einer Telefonkabine auf dem Barfi aus. Werni war mit einem Kollegen innerhalb von fünf Minuten vor Ort. Sie haben die Personen, die sich in den Kabinen befanden, mitgenommen und ich bin nun daran, Stimmenvergleiche zu machen. Aber es wird schwierig, die Stimme ist sehr verzerrt. Zudem handelt es sich bei den Verdächtigen um einen Türken und einen Marokkaner. Keiner spricht fliessend Deutsch. Der Erpresser redet hingegen Dialekt.»
«Ein Schlag ins Wasser.»
«Sogar ein doppelter. Ich war mir absolut sicher, dass Heller Lena entführt hat. Dieser Anruf wirft unsere Theorie vollkommen über den Haufen.»
«Vielleicht auch nicht. Es könnte ja Heller gewesen sein. Durch Geissers Besuch ist er hellhörig geworden und versucht nun, mit dem Anruf eine falsche Fährte zu legen. Oder Geisser informierte ihn.»
«Schon möglich. Aber wir sollten die Forderung des Anrufers ernst nehmen, Nadine. Wenn wir uns irren, gefährden wir das Leben von Lena.»
«Fahren wir zu Julia und Lukas. Wir müssen uns mit ihnen absprechen.»
«Nadine … ich …»
«Danke, Noldi. Das ist alles.»
Und weg war sie. Der Kommissär schüttelte den Kopf. Sie ist wie ein Elefant. Der arme Noldi, er blickt ihr sehnsüchtig nach, verliebt bis über beide Ohren. Vergiss sie und such dir eine andere, dachte Ferrari und klopfte Noldi freundschaftlich auf die Schulter.
Bei den Dopplers stiessen sie auf Ablehnung. Irgendwie verständlich angesichts der angespannten Lage. Josef Doppler hatte sich zum Sprecher der Familie erkoren.
«Der Entführer droht mit der Ermordung von Lena, wenn wir weiter mit der Polizei zusammenarbeiten. Das dürfen wir nicht riskieren. Wir werden versuchen, das Geld sofort aufzutreiben. Jakob und Marcel unterstützen uns. Von euch verlangen wir, dass ihr euch nicht einmischt.»
«Wer garantiert euch, dass sie Lena auch wirklich übergeben, nachdem sie das Geld bekommen haben?»
«Dieses Risiko müssen wir eingehen. Es ist unsere einzige Chance.»
«Bitte, Nadine … versteht uns doch. Lukas wird heute noch von Marcel das Geld erhalten. Paps steht dafür gerade.»
Ferrari nickte.
«Wir können euch nicht davon abhalten, zu bezahlen. Es ist eure Entscheidung. Unsere Ermittlungen, das gebe ich zu, gingen in eine
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