Die Tränen der Justitia (German Edition)
sagen, dass wir zum alten Eisen gehören. Zärtlich betrachtete er Monika, die sich langsam reckte.
«Schon morgen?»
«Leider», Ferrari schmiegte sich an sie, «aber wir könnten doch einfach im Bett bleiben und den Tag zur Nacht machen.»
«Das geht nicht», murmelte Monika gähnend. «Um neun treffe ich mich mit unserem Treuhänder.»
«Schade. Aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben.»
«Stimmt.»
Nikki sass mürrisch am Küchentisch, als sie nach unten kamen.
«Oh, schlechte Laune?»
«Wundert euch das?», antwortete sie und rührte in ihrem heissen Kakao
«Ehrlich gesagt schon.»
Nikki leerte ihre Tasse in einem Zug.
«Mann, seid ihr peinlich! Ich habe euch bis in mein Zimmer gehört. Allein die Vorstellung, dass meine Eltern … ich darf gar nicht daran denken!»
Sie stellte die Tasse abrupt auf den Tisch, packte ihre Schultasche und zischte ab.
«Na ja, irgendwie verstehe ich sie. Stell dir deine Eltern vor, Francesco, oder meine. Obwohl bestimmt nicht alle so ein wildes Tier wie dich im Bett haben», sie zog ihn schmunzelnd am Ohr.
«Lass das!»
Das Kommissariat schien wie ausgestorben, so kam es Ferrari zumindest vor. Weder auf dem Flur noch vor dem Kaffeeautomaten begegnete er einer Kollegin oder einem Kollegen. Jetzt fehlt nur noch, dass Nadine auch nicht in ihrem Büro ist. Dann mache ich rechtsumkehrt und fahre wieder nach Hause, doch Nadine sass an ihrem Schreibtisch.
«Auch schon da?»
«Weshalb hätte ich früher kommen sollen? Wir sind aus dem Fall draussen, zumindest im Moment. Und sonst ist nicht gerade viel los in Basel, also kann ich es ruhig angehen.»
«Es ist beinahe zehn.»
«Aha! Habe ich etwas verpasst?»
«Borer, Georg, Noldi und Fabian. Dann riefen Julia und später noch Mark Hotz an. Aber letztlich waren es samt und sonders Höflichkeitsanrufe. Borer teilte mir mit, dass das Geld bereit liegt, Georg, dass Heller das Haus nicht verlassen hat, Fabian, dass er Anklage erheben wird.»
«Noldi?»
«Dass er mit mir ausgehen und mit mir schlafen will.»
«Mutig von ihm. Jetzt geht er aber voll ran.»
«Natürlich nicht. ‹Ich weiss, dass ich Fehler gemacht habe, Nadine. Bitte vergib mir.› Sülz, sülz …», äffte sie ihn nach.
Ferrari schmunzelte.
«Was gibts da zu lachen?»
«Vielleicht sollte er dich einfach packen und vernaschen, anstatt zu lamentieren.»
«Gut, dass wir darüber geredet haben. Somit können wir dieses Thema ad acta legen. Julia rief übrigens an, um mitzuteilen, dass die Entführer sich noch nicht gemeldet haben, und Mark Hotz fragte, ob er noch etwas tun könne.»
«Siehst du, es gibt nichts Neues. Deshalb bin ich länger im Bett geblieben.»
Am Nachmittag wurden sie von Borer informiert, dass sich die Entführer endlich gemeldet hatten. Die Übergabe fände heute Abend statt, Josef Doppler würde das Geld übergeben und im Gegenzug Lena gesund in die Arme schliessen können. Der Staatsanwalt bat um Verständnis, dass er den Treffpunkt verschwieg. Eine reine Vorsichtsmassnahme, um sie nicht in Versuchung zu bringen.
«Wenn Sie uns brauchen, rufen Sie uns bitte auf dem Handy an. Wir sind entweder hier oder im Acqua.»
Nadine und Ferrari stocherten im Essen herum. Ihre Anspannung war ihnen deutlich anzumerken.
«Weshalb dauert das so lange? Jetzt ist es bereits zehn Uhr. Die Übergabe muss doch längst stattgefunden haben.»
«Wenn er sich in zehn Minuten nicht meldet, rufen wir ihn an. Komm, trinken wir noch etwas an der Bar.»
«Wie ich das hasse. Wir sind hier zur Untätigkeit verdammt und da draussen, Nadine … da rennt ein Wahnsinniger herum und spielt Schicksal.»
Um viertel nach zehn klingelte beziehungsweise kicherte Nadines Handy.
«Georg? … Wir kommen.»
«Und? Was hat er gesagt?»
«Es scheint über die Bühne gegangen zu sein. Borer ist zurück.»
Der Staatsanwalt sass an seinem Tisch, Georg auf einem der Besucherstühle.
«Und? Spannen Sie uns nicht auf die Folter, Herr Staatsanwalt! Ist Lena frei?»
Borer war in Gedanken versunken, Ferrari blickte irritiert zu Georg.
«Die Übergabe hat in der Grün 80 stattgefunden, beim Dinosaurier», begann der Chef der Fahndung.
«Es … es ist schiefgelaufen … mein Gott! Das ist eine Katastrophe!» Borer starrte Nadine und den Kommissär entsetzt an. «Die Entführer … sie hielten sich nicht an die Abmachung!»
«Was heisst das?», flüsterte Ferrari.
«Lena … Lena ist immer noch in den Fängen der Erpresser und … Josefist tot!»
Nadine und der Kommissär
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