Die Tränen der Justitia (German Edition)
Situation geändert. Sie hören also von uns. Lass uns gehen, Nadine.»
«Warten Sie! Das klingt äusserst spannend. Das Gespräch möchte ich mir um alles Geld der Welt nicht entgehen lassen. Liebling, sagst du bitte unseren Freunden ab. Es sei etwas Wichtiges dazwischengekommen … Bitte, treten Sie ein. Kaffee, Tee?»
«Danke nichts von alledem.»
Heller setzte seine friedlichste Miene auf.
«Sie halten mich also für einen Kindsentführer, Erpresser und Mörder? Sehr interessant. Und wie wollen Sie das beweisen? Wann ist denn der Mord passiert?»
«Gestern Abend.»
Heller stand auf und ging zum Fenster.
«Bestimmt sind die Herrschaften von der Polizei, die mich rund um die Uhr beschatten, so nett und bestätigen, dass wir zu Hause waren. Wenn das kein Alibi ist, na, dann weiss ich auch nicht.»
Wir haben den Mann entweder unterschätzt oder Georgs Leute sind stümperhaft vorgegangen.
«Diese Runde geht an Sie, Herr Heller. Aber wieso sollten Sie sich auch selbst die Hände schmutzig machen? Nun gut. Der Mord steht im Zusammenhang mit der Entführung des Kleinkindes, wie Sie ja wissen.»
«Interessant! Nein, das ist mir vollkommen neu.»
«Sie sind ein wirklich guter Schauspieler. Eine Woche lang meldete sich der Erpresser nicht. Vorgestern forderte er eine Million Franken Lösegeld und gestern war die Geldübergabe. Dabei wurde der Bote ermordet und das Kind ist nach wie vor in der Hand des Erpressers.»
«Keine gute Arbeit der Polizei, wenn Sie mir diese Bemerkung erlauben. Keine Erfolgsgeschichte für die Lehrbücher.»
«In der Tat. Da muss ich Ihnen zustimmen.»
«Schön, dass wir uns einig sind, Frau Kupfer.»
«Wir befürchten nun, dass das Baby ebenfalls tot ist. Denn, wer grundlos einen Menschen umbringt, ermordet auch ein kleines Kind. Der Täter muss ein skrupelloses Schwein sein.»
«Was schauen Sie mich so an? Ich bin ganz Ihrer Meinung. Doch wer weiss, vielleicht irren Sie sich ja. Das Kind könnte noch leben. Und möglicherweise gibt es gar keinen Zusammenhang zwischen der Erpressung und der Entführung.»
«Auch das ist möglich. In diesem Fall müsste der Erpresser interne Kenntnisse der Entführung haben.»
Heller lachte fröhlich.
«Liebling, bring uns doch einen Kaffee. Die Unterhaltung gefällt mir. Bitte, schlagen Sie den Kaffee nicht aus. Sie würden mich beleidigen.»
«Mit oder ohne Gift?»
«Sie gefallen mir, Frau Kupfer. Ohne Gift. Nur etwas Rahm und Zucker.»
«Nun, was planen Sie als nächsten Schritt?»
«Sie meinen als Entführer und Mörder? Es stimmt mich traurig, dass Sie so schlecht von mir denken … Ah, hier ist der Kaffee. Bitte bedienen Sie sich … Inzwischen wissen ja einige von der Entführung.»
«Wer zum Beispiel?»
«Die ganze Stadt weiss es, den Medien sei Dank.»
«Aber niemand weiss, wer entführt wurde.»
«Da muss ich Ihnen widersprechen, verehrte Frau Kupfer. André de Courten, das ist mein Anwalt, vermutlich kennen Sie ihn, erzählte mir, dass Borer wie eine Leiche aussieht. Dann regen sich Chris, Joe und Mark über die ständigen Razzien auf und plötzlich tauchen die Starermittler der Basler Polizei bei mir auf, obwohl es sich um eine Entführung, und nicht um einen Mord handelt. Bei allem Respekt, man muss kein Genie sein, um eins und eins zusammenzuzählen. Was liegt näher als die Schlussfolgerung, dass das entführte Kind etwas mit einem Angehörigen der Staatsmacht zu tun hat? Eben. Der Rest ist schnell erzählt. Borer, selbst zu alt für Nachwuchs, hat eine hübsche Tochter und die ist mit einem Beizer verheiratet. Nach kurzer Internetrecherche erscheint eine Schlagzeile der ‹Basler Zeitung› vor knapp einem Jahr. Die Betreiber des Römerhofs haben ein herziges Mädchen gekriegt. Eine Lena!»
«Wieso haben Sie Lena entführt?»
«Nehmen wir einmal an, dass ich der Entführer bin. Rein hypothetisch. Dann dürfte dies doch wohl klar sein – um mich an Borer zu rächen. Ich schlage damit zwei Fliegen mit einer Klappe. Ich setze Borer unter Druck und mein Freund Johnny, der im Übrigen ein absolut hirnloser Idiot ist, weil er wegen einer Nutte sein Leben verspielt, also Johnny kommt nochmals mit einem blauen Auge davon. Damit nicht genug. Nach dem Prozess streue ich den Verdacht, dass der Prozess nicht sauber abgelaufen sei, ich oute Borer und geniesse meinen Erfolg. Klingt das nicht gut? Das Ganze hat nur einen Haken, ich bin nicht der Entführer.»
«Weshalb änderten Sie plötzlich die Taktik?»
«Ein Ablenkungsmanöver,
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