Die Tränen der Justitia (German Edition)
an, stellte ab und zu eine Frage und erklärte dann, dass er dies schon hinkriegen werde. Natürlich könne er keine Erfolgsgarantie geben.
«Versuchen können wir es ja. Aber Franz ist clever, verdammt clever. Wenn er merkt, dass ich ihn aufs Glatteis führen will, macht er sofort dicht. Wir telefonierten gestern Abend miteinander und haben uns für heute verabredet. Das passt also. Sie müssen ja ein eigenartiges Gespräch mit ihm geführt haben.»
«Ein Was-wäre-wenn-Gespräch.»
«Typisch Franz, immer schön rätselhaft bleiben. Im Gefängnis nannten wir ihn Joker.»
«Wie der Schurke aus dem Batman-Film. Immer geheimnisvoll, immer zu einem Scherz aufgelegt, immer ein Rätsel zur Hand. Den spielte doch Jack Nicholson in der ersten Verfilmung, oder?»
«Wow! Wer hätte das gedacht. Der Kommissär schaut sich solche Filme an.»
«Nur zwei davon. Den mit Nicholson als Joker und den mit Arnold Schwarzenegger als Mr. Freeze. Wann werden Sie Heller treffen?»
«Heute Nachmittag im Café vom Tinguely-Museum.»
«Dann wünschen wir Ihnen viel Glück.»
Kurz nachdem Geisser zurück zur Arbeit gegangen war, stand ein hagerer, eins neunzig grosser Mann in der Tür.
«Komm herein, Joe. Darf ich bekannt machen, das ist mein Freund Joe Manz und das sind Kommissär Ferrari und Kommissärin Kupfer.»
«Zu viel der Ehre, Herr Hotz. Ich bin nur seine Assistentin.»
Wie mans nimmt. Denn zuweilen frage ich mich schon, wer wessen Assistent ist. Was solls. Das Einzige was zählt, ist die Tatsache, dass wir ein unschlagbares Team sind, sinnierte Ferrari.
«Freut mich, Sie kennenzulernen. Kriege ich einen Spezial?»
«Du weisst ja, wo du ihn findest.»
Joe kehrte mit drei Hotz-Spezial zurück.
«Es ging in einem. Ob einer oder drei spielt keine Rolle.»
Ferrari übersah Nadines wütende Blicke, leerte sein Glas und nahm sich das nächste.
«Wie gehen Ihre Ermittlungen voran, Herr Kommissär?»
«Ehrlich gesagt, sehr harzig. Wir haben noch immer keine Ahnung, wo die Entführer Lena verstecken.»
«Die Entführung ist fast vierzehn Tage her. Glauben Sie wirklich, dass das Mädchen noch lebt?»
«Wir hoffen es. Rein statistisch gesehen, kommen knapp neunzig Prozent der Entführten frei. Bei Kindern ist es etwa die Hälfte, wobei das Tötungsrisiko für Kleinkinder geringer ist. Na ja, das hilft uns nicht wirklich. Der gestrige Mord … er passt so gar nicht ins Schema.»
«Welcher Mord?»
«Auf welchem Baum lebst du, Joe? Hörst du kein Radio? Liest du keine Zeitung?»
«Ich war mit Judith in London, kurzer Städtetrip. Wir sind vor zwei Stunden zurückgekommen. Das gleiche Scheisswetter wie hier. Wer ist ermordet worden?»
«Josef Doppler!»
«Der vom Römerhof?»
«Sie kannten ihn?»
«Man kennt sich unter den Beizern. Wer hat ihn ermordet?»
«Wir vermuten, der oder die Entführer von Lena.»
Ferrari schilderte Joe Manz die Erpressungsgeschichte und die Geldübergabe, die sich zur Katastrophe entwickelt hatte.
«Scheisse! Das hat Josef nicht verdient und Jack wird es auch nicht gefallen. Damit ist das Ding für ihn gelaufen.»
«Wer ist Jack?»
«Jack Lustig. Wenn Sie eine Wette abschliessen wollen, sind Sie beim lustigen Jack richtig.»
«Ich verstehe den Zusammenhang nicht. Was verbindet Josef Doppler mit Jack Lustig?»
«Da müssen Sie Jack fragen. Beim BHC scheint was faul zu sein. Jack bat Josef, ein wenig die Augen offen zu halten.»
«Weshalb Josef Doppler und nicht den Präsidenten?»
«Wir kennen uns doch alle über hundert Ecken. Und man kann ja von Josef viel behaupten, aber der ist … war eine verdammt ehrliche Haut. Jack will die Sache nicht an die grosse Glocke hängen. Zumindest so lange nicht, bis er sicher ist, dass seine Vermutung stimmt. Jetzt muss er sich einen anderen Spion suchen. Auf Josef», Joe Manz erhob sein Glas, «hoffentlich bist du an einem guten Ort, alter Junge!»
Jack Lustigs Büro befand sich an der Hammerstrasse, einen Katzensprung von der Rheingasse entfernt.
«So. Hier ist die Bude. Etwas abgefuckt, das Teil.»
Lustig sass hinter dem Tresen.
«Joe hat euch angekündigt. Setzt euch. Begeistert bin ich ja nicht gerade, dass mir der Idiot die Polizei auf den Hals hetzt.»
«Wir sind praktisch schon wieder weg. Uns interessiert Josef Doppler.»
«Schlimme Sache mit Josef. Er war wohl im falschen Moment am falschen Ort und das zum zweiten Mal in seinem Leben. Tja, ein drittes Mal wird es hier auf Erden wohl nicht geben.» Lustig kratzte sich am Hals.
Weitere Kostenlose Bücher