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Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Titel: Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Erstes sehe ich mir das Krankenhaus an, danach die Zelte. Wie viele haben Sie hier? Neunzig? Und wie viele Gefangene?«
    Zu Kevins Verblüffung zog Lindsey erneut die Schultern hoch. »Weiß nicht«, meinte er. »Wechselt ja ständig.«
    »Sie führen keine Bücher?«, erkundigte sich Kevin.
    Lindsey verdrehte die Augen. »Was soll ich denn noch alles machen? Ich kümmere mich hier um dieses Lager, dann noch um das für die Schwarzen eine Meile flussaufwärts. Helfer gibt’s kaum, und alles konzentriert sich auf mich. Kann ich was dafür, wenn sie uns nur eine Krankenschwester aus Pretoria schicken, und die hängt an der Whiskeyflasche? Hab ich die Rationen ausgerechnet? Ständig beschwert sich einer, dass das Fleisch sehnig und knochig ist, dass es kein Gemüse gibt … Soll ich Möhren pflanzen?«
    Kevin sah den Lieutenant an. »Warum nicht?«, bemerkte er. »Eine durchaus sinnvolle Beschäftigung. Vielleicht könnte man die Frauen dazu anregen?«
    Lindsey lachte. »Ich kann nur wiederholen: Versuch macht klug! Aber jetzt kommen Sie. Ich will heute noch weg, mit dem nächsten Zug nach Bloemfontein. Zurück zu meinem alten Regiment, ein paar Buren jagen. Ich danke dem Himmel, wenn ich wieder auf dem Pferd sitze. Das beschwert sich auch nicht dauernd über die Haferration.«
    Das Krankenhaus war einer der wenigen festen Bauten des Lagers, allerdings auch aus Wellblech zusammengestückelt.Es musste im Sommer unerträglich heiß sein, auch jetzt noch umschwirrten Fliegen die wenigen Patienten. Verwunderlich war es nicht, in den beiden Krankensälen stank es zum Himmel. Es gab unzählige Typhuskranke, und die Versorgung war völlig unzureichend. Teilweise saßen Angehörige bei den Kranken und übernahmen es wohl auch, sie zu säubern. Aber besonders die älteren Patienten, viele davon Frauen, jedoch auch der eine oder andere Greis, lagen in ihrem eigenen Kot. Dem einzigen Arzt, einem Dr. Greenway, war das sichtlich peinlich.
    »Ich tue, was ich kann, Dr. Drury«, verteidigte er sich. »Aber ich habe zurzeit siebenundzwanzig Patienten hier und keine Krankenschwester. Wenn sich nicht eine Mutter findet, die mir hilft, weil ihr eigenes Kind hier liegt, koche ich sogar selbst!«
    »Kann man keine Frauen zur Mitarbeit bewegen?«, wunderte sich Kevin.
    Der Doktor schnaubte, desgleichen Lindsey.
    »Die machen nichts«, sagte der Arzt bitter. »Nichts, womit sie uns nur im Entferntesten helfen – auch wenn sie sich selbst damit schaden. Sie haben auch eine Art Konkurrenzhospital in einem ihrer Zelte eröffnet. Da behandeln sie mit alten Hausmitteln. Und beschweren sich, wenn wir sie daran hindern. Gestern wollte mich eine Frau umbringen, weil ich ihr keine tote Ziege liefern konnte. Im Ernst, sie war der festen Überzeugung, ihr an Lungenentzündung erkranktes Kind nur heilen zu können, indem sie es in die Haut einer frisch geschlachteten Ziege hüllte! Meine Medizin lehnte sie ab, ebenso wie ein Bett im Krankenhaus. Das Kind ist heute Morgen gestorben. Es ist ein Trauerspiel, Dr. Drury, eine einzige Tragödie.«
    »Haben Sie nur diese zwei Räume?«, fragte Kevin.
    Er war große Krankensäle gewöhnt, aber unangenehm berührt von der Überlegung, dass Menschen hier in diesen stinkenden Gemeinschaftsunterkünften sterben mussten. In dem Krankenhaus in Dunedin, in dem er seine Assistentenzeit absolviert hatte, standen wenigstens Wandschirme zur Verfügung, um Schwerkranken einen Hauch von Intimität zu gewähren.
    Dr. Greenway schüttelte den Kopf. »Nein, es gibt noch vier kleinere Bereiche. Wenn Sie sie sehen möchten …«
    Er führte Kevin in eine Art Flur und zog einen Vorhang zur Seite, der den Blick in ein improvisiertes Zweibettzimmer freigab. Es war sicher längere Zeit nicht geputzt worden, aber Kevin hielt sich mit Kritik zurück. Man konnte kaum erwarten, dass der Arzt auch noch zu Putzeimer und Besen griff.
    »Keins belegt?«, erkundigte er sich stattdessen.
    Dr. Greenway biss sich auf die Lippen. »Doch. Zwei. Aber die Frau in dem einen ist schon gestorben. Ich will die Kinder bloß nicht gleich von ihr trennen … wir lassen sie zum Friedhof schaffen, wenn wir jemanden gefunden haben, der die Waisen aufnimmt. Und das andere … Noch so ein Drama, und es macht die Haltung der Leute uns gegenüber fast verständlich.« Der Arzt rieb sich die Stirn.
    »Ich verstehe nicht«, hakte Kevin nach.
    »Er versucht, Ihnen taktvoll klarzumachen, dass unsere eigenen Leute am Zustand der Mädchen schuld sind«, bemerkte

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