Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
untersuchen dich erst mal gründlich. Vielleicht möchtest du ja auch Miss Doortje sehen und ihre Familie …«
Die junge Frau brauchte zudem dringend neue Kleidung und Wäsche. Und ein Bad. Nandé war auf der VanStout-Farm sehr reinlich gewesen, aber jetzt starrte ihre Kleidung vor Schmutz.
»Hat Angst, gehen zu Fluss«, erklärte sie schamhaft. Anscheinend hatte sie seine Blicke bemerkt. »Weiße Frauen …«
»Ihr könnt euch außerhalb des Lagers im Fluss waschen«, sagte Kevin, wohl wissend, dass er da Konflikte heraufbeschwor. »Ihr seid ja keine Gefangenen, ihr arbeitet für uns. Wenn du willst, geh gleich!«
Nandé ließ sich das nicht zweimal sagen – und weinte vor Glück, als Kevin ihr ein Stück Seife schenkte. Seife war auch in den Lagern der Weißen Mangelware, ironischerweise hatten nur die Huren genug, um sich regelmäßig zu waschen. Kevin hatte Doortje natürlich ein Stück schenken wollen, aber die Burenfrau lehnte jede Bevorzugung ab.
Nandé kannte keine dementsprechenden Hemmungen. Sie war bald wieder da, in klatschnasser Kleidung, aber nach Flieder duftend.
»Nandé schon viel besser!«, verkündete sie, aber Kevin bestand trotzdem darauf, sie mit ins Hospital zu nehmen.
Da erwartete ihn die nächste Überraschung – auf den ersten Blick eine mehr als angenehme. Schon der Vorplatz des Krankenhauses war vom Staub befreit, die Krankensäle blitzblank gescheuert. Die kranken schwarzen Frauen und Kinder lagen in sauber bezogenen Betten.
»Das sieht ja gut aus!«, lobte Kevin Dr. Greenway, der in seinem Büro saß und Krankenakten sortierte. »Wie in einem richtigen Krankenhaus!«
Der Arzt schnaubte. »Nur ohne Patienten«, bemerkte er. »Schauen Sie sich mal um …«
Verblüfft stellte Kevin fest, dass Greenway Recht hatte. Abgesehen von den schwarzen Frauen und Kindern, die ärztlicher Hilfe bedurften, war das Krankenhaus gähnend leer. Die Burenfrauen mussten ihre Angehörigen zurück in die Zelte geholt haben – zum großen Teil Kinder und Frauen mit hochansteckenden Erkrankungen.
»Aber … aber was …« Kevin verstand nicht.
»Ich hab’s Ihnen gesagt«, meinte Greenway. »Die Buren machen sich nicht gemein mit den Farbigen. Sie lassen sich auch ungern von ihnen pflegen, zumal sie die schwarzen Frauen als Verräterinnen betrachten. Sie können hier ein Krankenhaus für Weiße haben oder eins für die Schwarzen. Keines für beide gemeinsam.«
Kevin war verstört und enttäuscht – aber jetzt regte sich auch Wut in ihm. In diesem Hospital war reichlich Platz, es war auch mit fünfzig Kranken unterbelegt gewesen. Und jetzt gab es obendrein willige Pflegerinnen. Wenn die Burinnen ihre Kinder lieber sterben ließen …
»Wir geben nicht nach«, entschied er kurz. »Dieses Krankenhaus steht allen offen. Wenn die Frauen nicht kommen wollen, kann ich ihnen auch nicht helfen. Aber wir inspizieren das Lager, Greenway. Und wir schrecken nicht vor Zwangseinweisungen zurück, wenn extreme Ansteckungsgefahr besteht.«
Der Tag verlief dann mehr als unerfreulich für Kevin und Greenway – sowie die Wachleute, die ihre Zwangsmaßnahmen durchsetzen mussten, und Cornelis, der dies den Frauen zu erklären hatte. Alle wurden angefeindet, beschimpft und bespuckt – und letztlich lagen nur dreißig Kinder wieder im Hospital, weinend, da ihnen die Zwangseinweisung Angst gemacht hatte und ihre Mütter nicht bei ihnen sein durften.
»So geht das nicht auf die Dauer!«, sagte Dr. Greenway müde, als die letzte Visite gemacht war.
Die schwarzen Frauen hatten sich vorbildlich verhalten, alles war sauber, und die Krankenhausinsassen erwartete ein schmackhafter Eintopf. Die Kinder mochten jedoch nichts davon essen, egal, wie hungrig sie waren. Die Älteren redeten von zerstoßenem Glas in der Suppe, und die Jüngeren wagten nicht, sich ihnen zu widersetzen.
»Sie können die Leute nicht zwingen. Das Beste wäre, die Schwarzen zurückzuschicken und in ihrem eigenen Hospital einzusetzen …«
»Als Ärzte?«, spottete Kevin. »Greenway, diese Frauen putzen und kochen. Aber mehr können sie nicht für die Kranken tun. Natürlich werden wir von jetzt an jeden Tag hinreiten, wir haben ja mehr Zeit, da die Zulu-Frauen uns unterstützen.«
»Und kein Patient mehr kommt«, gab Greenway genauso gallig zurück. »Seien Sie nicht so schroff, ich weiß auch keine Lösung. Nur dass wir die Leute nicht in den Betten festbinden und ihnen das Essen zwangseinflößen können.«
KAPITEL 10
Die
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