Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
fast selbstverständlich … Atamarie meinte, Rawiris freundliche dunkle Stimme zu hören: Natürlich war es leicht – dein Geist sang das richtige Lied. Die Götter haben dich willkommen geheißen, Atamarie Parekura Turei. Du bist auserwählt!
KAPITEL 6
Doortje VanStout traf vorerst keine Entscheidung. Sie stand gleich am Tag nach ihrem Zusammenbruch wieder auf und bot erneut ihre Mithilfe im Krankenhaus an. Dr. Greenway gab ihr leichte Arbeit, und als werdende Mutter erhielt sie größere Essensrationen. Doortje nahm die Sonderbehandlung wortlos an. Jetzt im Nachhinein wurde ihr manches klar. Der Heißhunger, für den sie sich geschämt hatte, die ständige Müdigkeit und Gereiztheit. All das waren Anzeichen einer Schwangerschaft. Wenn sie es nur früher gemerkt hätte … Aber Cornelis hätte sie trotzdem nicht geheiratet, er war überglücklich mit seiner Daisy Richtung Pretoria gefahren, kaum dass die Auflösung des Lagers und die Befreiung der Kriegsgefangenen offiziell verkündet worden waren. Inzwischen zogen sich auch die letzten Burenkommandos zurück, im Mai sollten die endgültigen Friedensverträge unterzeichnet werden. Doortje wäre dann allein gewesen – ob mit oder ohne Kind.
Allerdings konnte sie sich auch immer noch nicht vorstellen, ihr Land zu verlassen und Kevin in eine völlig neue Welt zu folgen. Sie wollte sich noch weniger eingestehen, dass sie dies womöglich gern tat. Das wäre nicht auszudenken, ein Verrat an ihrem Volk und ihrer Familie, an allen Werten, die man ihr vermittelt hatte, an ihrer Kirche, die sie ausstoßen würde, wenn ihr Bauch sich weiter rundete. Schon jetzt begannen die Frauen im Lager, sie zu meiden. Die ehrbaren Frauen redeten hinter ihrem Rücken – die Lagerhuren lachten ihr offen ins Gesicht.Doortje wusste, dass Kevin auf eine Antwort wartete, und sie hatte auch nicht mehr endlos Zeit. Das Militär hatte mit der Auflösung der Lager begonnen, der zuständige Kommandeur wurde täglich erwartet.
Er erschien dann an einem Wochenende, an dem sich Roberta und Vincent Taylor zu einem mehrtägigen Ausflug ins Veld verabschiedet hatten. Auch Jenny war dabei sowie mehrere englische Offiziere, die sich freuten, endlich im Frieden die Natur dieses faszinierenden Landes erforschen zu können. Kevin und die anderen Rough Riders hatten davon zwar auf ihren Patrouillenritten mehr als genug gesehen, aber viele Männer waren fast während des gesamten Krieges in Karenstad stationiert gewesen und wollten nun auf keinen Fall zurück in ihre Heimatländer, ohne zumindest einmal einem Löwen Auge in Auge gegenübergestanden zu haben. Um zu vermeiden, dass die Tiere von den übereifrigen Ausländern zum Angriff gereizt wurden, hatte Vincent einige Zulu aus Karenstad II als Führer angestellt. Die Boys verstanden sich nicht nur aufs Fährtenlesen, sondern würden den Teilnehmern die Safari auch angenehm gestalten, indem sie ihre Zelte aufstellten und für sie kochten.
Im Lagerkrankenhaus kochten an diesem Tag die Schwesternhelferinnen, Doortje hockte sich zum Kartoffelschälen vor das Haus. Die heiße, stickige Luft im Hospital setzte ihr immer häufiger zu, und den anderen Frauen ging sie ohnedies lieber aus dem Weg. Allenfalls Antje Vooren sprach noch mit ihr, alle anderen tuschelten über die vermeintliche Tommy-Hure. Dabei musste es eigentlich noch Frauen im Lager geben, die sich an Johanna erinnerten und an das, was ihr und Doortje auf dem Transport nach Karenstad geschehen war. Wahrscheinlich waren es wenige – viele hatten die sechs Monate Haft nicht überlebt, und die anderen hatten so viel Trauer, Krankheit und Tod gesehen, dass sie an das Martyrium der beiden jungen Frauengar nicht mehr dachten. Zumindest zählten sie keine Monate, und Doortjes Leib war noch kaum gerundet. Die Mehrheit der Frauen ging sicher davon aus, sie habe ihr Kind erst während der Zeit im Lager empfangen, womöglich als Mutter und Geschwister im Sterben lagen. Es kam neuerdings sogar vor, dass Frauen vor Doortje ausspuckten, wenn sie ihnen im Lager entgegenkam. Lange würde sie das nicht mehr ertragen.
Sie begann, die Kartoffeln für den Gemüseeintopf klein zu schneiden und bemühte sich, die ewig um sie herumschwirrenden aufdringlichen Fliegen wegzuscheuchen. Doortje erstarrte, als sie aus den Augenwinkeln ein großes schwarzes Pferd vor dem Haus des Lagerleiters halten sah. Ein blonder Mann stieg ab. Sie erkannte die Gestalt sofort, auch wenn sie ihr Gesicht von ihrem Platz vor dem
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