Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
Kartoffeln für den Eintopf, aber sie waren noch gar nicht alle geschält. Sie sagte so was wie ›kann nicht‹ und lief wieder raus. Ist ihr schlecht geworden?«
Roberta wollte verneinen, überlegte es sich dann aber anders.
»Ja, sie musste sich übergeben. Und war dann ganz schwach, Dr. Drury kümmert sich um sie …«
Antje Vooren zeigte ein wissendes, jedoch nicht sehr freundliches Lächeln. Es war nicht unbemerkt geblieben, wie Kevin sich um Doortje bemühte. Die Frauen argwöhnten inzwischen, dass er der Vater ihres Kindes war.
»Und ich wollte nur fragen, ob ich … ob ich vielleicht helfen kann …« Roberta hoffte auf ein Nein und atmete auf, als Mevrouw Vooren wirklich den Kopf schüttelte.
»Lassen Sie mal, wir kommen zurecht.« Neben Antje Vooren kümmerten sich noch zwei weitere burische Schwesternhelferinnen um die wenigen Patienten, aber auch die schienen nichts mitbekommen zu haben. Sie wurden in abgetrennten Räumen versorgt. »Dr. Greenway ist ja auch noch nicht da … und später … na ja, wenn Sie jetzt da sind, wird ja bald auch Schwester Jenny zurückkommen. Die kann uns hier helfen, bevor sie wieder zu ihren Kaffern geht …«
Roberta durchfuhr bei dem Gedanken an ihre Freundin ein weiterer Schrecken. Natürlich, Jenny war mit auf der Safari gewesen und musste auch gleich eintreffen. Nun würde bestimmt auch sie schweigen. Aber jeder Mitwisser machte die Sache gefährlicher.
»Dann gehe ich mal«, beschied sie die Burinnen, »und schaue nach Miss VanStout.«
Sie hörte Gekicher hinter sich und Anspielungen auf Afrikaans. Anscheinend waren die Frauen der Meinung, Doortje befände sich bei Kevin in besten Händen …
Roberta registrierte überrascht und erfreut, dass der Blutfleck auf dem Platz nicht mehr zu sehen war. Nandé verstreute eben Sand über der Fläche.
»Wird niemand sehen, Baas … Miss …« Nandé erinnerte sich daran, dass weder die Krankenschwestern noch die junge Lehrerin mit dem unterwürfigen Baas angesprochen werden wollten. »Ich gemacht ganz oft auf Farm, wenn geschlachtet Schwein …«
Roberta nickte ihr zu. Dann ging sie zum Haus hinüber. Ihre Hand krampfte sich um das Stoffpferdchen, das sie wie immer in ihrer Rocktasche trug.
Im Büro sprach Vincent heftig auf Kevin ein. Doortje saß zusammengesunken in dem Lehnstuhl vor dem Kamin, Kevin kniete vor ihr und wollte nicht aufhören, ihre zitternden, blutverschmierten Hände zu streicheln. Sie müssen sich waschen, fuhr es Roberta durch den Kopf, und die Kleidung wechseln. Kevins Hemd war ebenso blutbefleckt wie Doortjes Schürze.
»Natürlich war das keine Notwehr, Kevin, setz doch deinen Verstand ein!« Vincent lief zu dem Schrank, in dem der Whiskey stand. Wahrscheinlich hoffte er, Kevins Lebensgeister damit wieder wecken zu können. »Sie hat ihn kaltblütig getötet, da kommt sie nicht unbeschadet raus. Und du auch nicht, wenn wir alles so erzählen, wie es gewesen ist. Also müssen wir uns etwas anderes ausdenken. Einen Kampf oder Ähnliches. Denk nach, Kevin! Wie kann es gewesen sein?«
Er nahm die Flasche heraus und füllte Gläser. Für sich, für Kevin und für die Frauen. Kevin versuchte, Doortje einen Schluck einzuflößen.
Roberta nahm ihr Glas und dachte krampfhaft nach. Eine gemeinsame bessere Erklärung für Coltranes Tod war eine gute Idee. Aber ein Kampf? Wer sollte da gekämpft haben? Und nichts erklärte die Wunde in Coltranes Rücken.
»Und wenn …«, sagte sie leise, »… wenn der Kerl einfach nie hier angekommen wäre?«
Vincent steuerte den lagereigenen Leiterwagen am helllichten Tag aus dem Lager. Wie erwartet war das Tor nicht bewacht. Seit die Frauen offiziell frei waren, stellte sich niemand mehr in das staubige Torhäuschen. Der Tierarzt hatte Robertas Lucie vor den Wagen gespannt, und Roberta ritt Coltranes feurigenRappen nebenher. Sie fürchtete sich darauf zu Tode, und von Nahem würde auch niemand glauben, dass es sich bei dem lebhaften Wallach um Vincents brave Stute Colleen handelte. Aber allzu nah gedachten die beiden niemandem zu kommen. Und falls sie jemand von Weitem sah – ein schwarzes Pferd war ein schwarzes Pferd. Niemand würde etwas argwöhnen. Coltranes Leiche lag unter etlichen Säcken auf der Ladefläche, nach wie vor in die Decke gewickelt, um keine Blutflecke zu hinterlassen.
»Warum vergraben wir ihn denn nicht einfach auf unserem Friedhof?«, hatte Kevin gefragt, nachdem Roberta ihren komplizierten Plan entwickelt hatte. »Es ist doch
Weitere Kostenlose Bücher