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Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Titel: Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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modernen Frau. Bauch und Taille wurden eng eingeschnürt, was die Brust betonte, der Rock wurde glockenförmig geschnitten und lief in einer Schleppe aus. Das Ganze war höchst unbequem und würde Doortje den Einstieg in das Stadtleben nur unnötig erschweren. In den weit fallenden Empirekleidern, die in der letzten Saison auch orientalisch angehaucht gewesen waren, sah Doortje Drury dagegen hinreißend aus. Kathleen und Claire rieten ihr auch zu einer neuen Frisur – es ging auf keinen Fall, die Haare nur zu Zöpfen zu flechten und sie um den Kopf herum festzustecken – und suchten drei Hüte für sie aus. Doortje war von ihrem Anblick im Spiegel hin- und hergerissen. Sie musste erkennen, dass sie eine schöne Frau war. Aber mit den Burinnen in ihrer Heimat hatte sie keine Ähnlichkeit mehr.
    Kathleen ahnte, dass es weitere Probleme bei ihrer Einführung in die Dunediner Gesellschaft geben würde. Das wurde spätestens klar, als Claire Doortje nach dem Einkauf zum Tee bat. Doortje Drury hatte nicht die leiseste Ahnung davon, wie man geziert eine Teetasse zwischen Daumen und Zeigefinger balancierte, Teegebäck verhalten knabberte und höflich Konversation machte. Nun ließ sich das alles erlernen, auch Kathleen selbst hatte hart an sich arbeiten müssen. Aber sie war langsam in das Leben der besseren Gesellschaft hineingewachsen, und obendrein war ihr die stilsichere Claire zur Seite gestanden. Zudem hatte das Dunedin ihrer Jugend wenig gemein mit der quirligen, modernen Stadt von heute – unter den puritanischen Stadtgründern wäre Doortje kaum aufgefallen. Die Church of Scotland hatte mit der Niederländischen Kirche sehr viel gemeinsam. Nun aber wurde die junge Frau inein Leben hineingeworfen, auf das nichts sie vorbereitet hatte, und ihr fehlte auch jede Begeisterung dafür, was die Anpassung erleichtert hätte. In der Folge blamierte sich Doortje bei offiziellen Dinners, indem sie die Besteckfolge verwechselte, und sorgte für eine Stimmung zwischen Eklat und Erheiterung, als sie bei einem Empfang der Dunloes den Champagner ablehnte und stattdessen Milch verlangte.
    »Wie Ohm Krüger an der Tafel des deutschen Kaisers«, wusste Sean Coltrane.
    Er meinte es nicht böse, aber die Bemerkung machte bald die Runde, und alle Gäste sahen in der jungen Frau nicht mehr die etwas exotische, aber doch hinreißend schöne Frau des Dr. Drury, sondern die möglicherweise feindlich gesinnte Burin.
    Doortje verließ entsetzt und knallrot eine Ausstellung in Heathers und Chloés Galerie, die Aktzeichnungen zeigte, und sprach bei einem Kammerkonzert dazwischen, weil sie sich langweilte und den Unterschied zur Hintergrundmusik bei Empfängen nicht erkannte. Schließlich wagte Kevin nicht mehr, sie irgendwohin mitzunehmen, und Doortje überspielte die Scham über ihre mangelnde Bildung mit Ruppigkeit. Sie tat, als lehne sie alle Kulturangebote ab, weil sie englisch waren, holte ihre burische Kleidung hervor und sprach Niederländisch mit Abe. Englische Bücher, die ihr hätten helfen können, sich zurechtzufinden, rührte sie nicht mehr an. Kevin fragte sich, wo das Mädchen war, das einst heimlich Shakespeare gelesen und genossen hatte. Doortje war nur noch unwillig und verstockt.
    Jetzt also, einige Monate nach all diesen Geschehnissen, wusste Kevin sich schließlich nicht mehr zu helfen. Er musste das Versprechen wahr machen, das er Doortje in Afrika gegeben hatte: ein Leben auf einer Farm, wie sie es gewohnt war.
    Leider erwiesen sich Michael und Lizzie alles andere als begeistert von der Einquartierung. Und die Sache mit Patrick schien obendrein schwieriger zu sein, als Kevin gedacht hatte.
    »Doortje braucht einfach etwas länger zur Eingewöhnung«, beschied er jetzt seinen Vater. »Das hier ist zu viel für sie. Herrgott, kannst nicht gerade du sie verstehen? Du stöhnst doch immer herum, wie steif hier alles ist, und wie sehr du es hasst, beim Essen die Gabeln sortieren zu müssen.«
    Das stimmte. Michael kam wie Kathleen aus einfachen Verhältnissen, hatte sich in Neuseeland als Walfänger, Whiskeybrenner und Goldgräber durchgeschlagen, bis er durch das Gold der Maori und die damit finanzierte Schaffarm zu Wohlstand gelangte. In der Gesellschaft der Honoratioren von Dunedin fühlte er sich bis heute eher unwohl.
    Kevins Vater war denn auch nicht beleidigt. »Eben«, bemerkte er und nahm einen großen Schluck Bier. »Ich hab mich da nie dran gewöhnt. Was bestärkt dich in der Vermutung, dass sie es

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