Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
du die anvisierte Beute, während Patrick guckt wie ein waidwundes Reh. Da ist doch was. Schläfst du mit ihr?«
Kevin antwortete auch darauf nicht, aber er vergrub das Gesicht in den Händen.
»Also auch das noch«, seufzte Matariki. »Du solltest dich entscheiden, Kevin! Willst du Juliet oder Doortje?«
Kevin hob den Kopf.
»Ich will Doortje nicht wehtun«, flüsterte er. »Ich weiß nicht, wie viel von ihr ich wirklich habe. Aber ich will nichts davon verlieren!«
Juliet bemerkte, dass Matarikis und Kevins plötzliches Verschwinden von allen Drurys verwirrt registriert wurde – Doortje wirkte unglücklich und verletzt, während Lizzie und Michael versuchten, durch Schäkern mit dem kleinen Abe von der Peinlichkeit abzulenken. Patrick entschuldigte sich, um May zu Bett zu bringen, und verschwand, offensichtlich erleichtert, gemeinsam mit Nandé.
Juliet nippte an ihrem Kognak. Eine seltsame Geschichte. Matariki, eben noch völlig entspannt, geriet in helle Aufregung, als sie ihren Neffen zum ersten Mal sah, statt sich über die offensichtliche Familienähnlichkeit zwischen ihrer Tochter und dem kleinen Abe zu freuen. Oder bildete sie sich diesen Zusammenhang nur ein? Doortje schien sich keinen Reim auf Matarikis und Kevins Verhalten machen zu können, sie wirkte eingeschüchtert, aber nicht beunruhigt. Sie schien sich einfach nur Gedanken darüber zu machen, was sie jetzt wohl wieder falsch gemacht hatte in dieser Welt voller Fallstricke, in der sie da gestrandet war.
Juliet nahm noch einen Schluck. Irgendetwas war seltsam an dieser Geschichte. Aber sie hatte ja schon lange geargwöhnt, dass es Geheimnisse rund um die Ehe zwischen Kevin und Doortje gab. Zweifellos würde es ihren Zielen dienen, sie zu enthüllen.
KAPITEL 5
Der Einzige, der von Colin Coltranes Ableben beziehungsweise seinem spurlosen Verschwinden benachrichtigt wurde, war Joe Fence, der immer mit Colin in Kontakt geblieben war. Seine Adresse hatte man in Colins Sachen gefunden, als der Krieg in Südafrika endgültig vorbei war und die letzten neuseeländischen Regimenter nach Hause geschickt wurden. Mit dem erneuten Auftauchen Vermisster rechnete jetzt niemand mehr, die Unterkünfte mussten aufgeräumt und die Angelegenheiten geordnet werden. Also sichtete ein Sergeant die wenigen Habseligkeiten von Colin Coltrane und fand ein paar Briefe nach Addington. Nachdem Eric Fence umgekommen war, hatte Colin den damals noch jungen Joe als Stallburschen behalten wollen, aber Violet hatten ihm eine Lehrstelle bei einem seriösen Trainer gesucht. Joe hatte sie zuerst nutzen wollen, um Colin Insiderinformationen über den anderen Rennstall zukommen zu lassen, aber Coltranes eigener Stall war dann ja sehr bald aufgelöst worden, und Colin war zunächst untergetaucht, um den Rachegelüsten der Buchmacher zu entkommen. Später, während der rastlosen Jahre, bevor er sich wieder der Armee anschloss, war er allerdings gelegentlich in Invercargill aufgetaucht. Heimlich natürlich, aber Joe hatte manche Wette für ihn platzieren und ihm damit über finanzielle Engpässe hinweghelfen können. Nun trauerte er ehrlich um seinen Verlust, Colin Coltrane war für ihn immer etwas wie ein zweiter Vater gewesen.
Der junge Mann war im Schatten der Rennbahn groß geworden, hatte beobachtet, wie man Pferde kaufte und verkaufte, wie man sie trainierte und vor allem, wie man Sieger machte. Weder seinen Vater Eric Fence noch Coltrane hatte es gestört, wenn Joe auch bei ihren gelegentlichen Siegesfeiern oder anderen Trinkgelagen dabeisaß und jedes Wort aus ihrem Mund in sich aufsaugte. Er hörte Schmähungen auf seine Mutter und Chloé Coltrane, die damals verzweifelt versuchte, ihrem Mann bei der Leitung des Gestüts auf die Finger zu schauen. Manipulationen und unsaubere Geschäfte mussten an ihr vorbeiorganisiert werden, oft platzte ein vielversprechender Plan, weil sie dahinterkam und Einspruch einlegte. Coltrane und Fence fluchten dann gemeinschaftlich auf alle Weiber der Welt – Joe lernte schnell, Frauen und Mädchen zu verachten.
Und dann wurde Coltrane von seiner Chloé betrogen und verlassen, und Rosie, die alle für schwachsinnig hielten, verursachte den Tod von Eric Fence. Joe war das eine Lehre. Er hielt sich von Frauen fern, ein gelegentlicher Besuch bei einer Prostituierten genügte ihm, seine Gelüste nach weiblicher Gesellschaft zu stillen. Sehr groß waren seine Bedürfnisse da ohnehin nicht, Joe Fence bevorzugte andere Vergnügungen. Spielen zum
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