Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
Chloé Coltrane hatte es gehasst und sich immer wieder darüber erregt, wie großspurig und neureich es wirkte.Stockend berichtete sie Bulldog von der Geschichte des Schildes.
Bulldog nahm es gelassen. »Ist doch eigentlich ganz hübsch«, bemerkte er und handelte sich einen unfreundlichen Blick von Rosie ein. »Mit all dem Rot und Gold. Das macht was her. Aber ich lass dir noch ein viel schöneres Schild machen, wenn du willst. Musst dir bloß einen guten Namen ausdenken.«
Rosie schüttelte schüchtern den Kopf. Das Letzte, was sie wollte, war, zu viel Aufmerksamkeit auf sich und ihre Pferde zu richten. Zumal sie seit dem Auckland Cup auch ein bisschen durcheinander war. Diamonds mysteriöse Krankheit war zwar nicht wieder aufgeflammt – was nach Rosies Ansicht für die Gifttheorie sprach. Seit der Rückkehr aus Auckland stand die elegante Stute im Stall von Bulldogs Spedition und war dort schnell zum Liebling der zwei- und vierbeinigen Belegschaft avanciert. Die Pferdepfleger behandelten sie wie eine Prinzessin, die Fahrer streichelten sie unbeholfen und versprachen, auf sie zu wetten, und die Wallache unter den riesigen Kaltblutpferden und kräftigen Cobs, die Bulldogs Lastwagen zogen, wieherten und blubberten verliebt, wenn sie vorbeitänzelte. Diamond schien sich wohl zu fühlen. Für Rosie jedoch bedeutete ihr neues Domizil ständiges Pendeln zwischen Christchurch und Addington Raceway. Bulldogs Haus und die Ställe seiner Speditition lagen zwei Meilen von der Rennbahn entfernt.
Bulldog hätte ihr das gern erspart und schlug ihr vor, nun wirklich einen Trainingsstall in Addington anzumieten, in dem alle von Ross Paisley trainierten Pferde unterkommen konnten. Rosie konnte und wollte sich aber nicht entscheiden. Nun war sie in den Wochen nach Auckland auch ziemlich vom Pech verfolgt. Der Hengst Dream hatte sich irgendwie in seiner Box vertreten und laborierte nun an einer gezerrten Sehne herum. Ein anderes Pferd, bislang immer sehr trabsicher, war beimletzten Rennen plötzlich angaloppiert und hoffnungslos durchgegangen. Rosie konnte sich den Grund dafür nicht erklären. Und wieder ein anderes erkrankte kurz vor einem wichtigen Rennen an Kolik und konnte nicht starten. Für die Eröffnung eines neuen Rennstalls waren das keine guten Voraussetzungen. Sie konnte schließlich nicht mit lauter Invaliden und Versagern in die brandneuen Ställe ziehen.
Auch sonst kam Bulldogs Werbung um Rosie nicht recht voran. Der vierschrötige Spediteur bat sie seit Wochen, wenigstens einmal mit ihm auszugehen, aber Rosie war immer extrem schüchtern gewesen und mied Restaurants und Hotels. Und da sie auch Spaziergänge für ziemlichen Unsinn hielt – bei der Arbeit mit den Pferden bewegte sie sich ja auch wirklich genug –, hatte Bulldog nur den Stallbereich, um sie zu umwerben. Dort allerdings zeigte Rosie keine Furcht mehr vor ihm, seit der Nacht vor dem Rennen in Auckland scheute sie auch kein Alleinsein. Bulldog bemühte sich also, das gemeinsame Picknick bei Diamond zu einem Ritual zu gestalten. Seine Angestellten registrierten gutmütig, dass er einen Tisch aufstellte und Menüs aus Restaurants liefern ließ, um Rosie in seinen Ställen zu bewirten.
»Aber den Kellner mach ich Ihnen nicht!«, lachte der Stallmeister, ein älterer, geduldiger Mann, der Rosies Fürsorge für Diamond schnell schätzen gelernt hatte. »Höchstens den Trauzeugen! Nur passen Sie auf, dass Sie nicht letztlich auch das Bett im Stall aufstellen müssen.«
Dabei nahm er vergnügt ein paar Dollar in Empfang, mit denen sich Bulldog Intimität erkaufte. Der Stallmeister hatte eine Wohnung neben den Ställen und brüstete sich damit, des Nachts jeden Huster seiner vierbeinigen Schutzbefohlenen zu hören. Und sosehr Bulldog das sonst begrüßte: Bei seinen Rendezvous mit Rosie mochte er keine Lauscher.
Zwei Tage vor einem der ersten Qualifikationsrennen für den New Zealand Trotting Cup erschien aber zunächst nicht Rosie, sondern Violet Coltrane bei Bulldog, der gerade wieder dabei war, eines seiner legendären Stelldicheins vorzubereiten. Bulldog erkannte sie sofort, obwohl sie natürlich gealtert war. Aber das mahagonifarbene Haar, die feinen Züge – Violet war ein bildhübsches Mädchen gewesen und jetzt eine schöne Frau. Mit Rosie hatte sie wenig gemeinsam. Bulldog nahm an, dass sie ihrer schon vor der Auswanderung verstorbenen Mutter ähnelte, während Rosie nach dem stämmigen Vater und Bruder kam. Er strahlte Violet an, als sie
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