Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
früheres Zimmer zusammen mit ihrer Tochter und Nandé. Um die Unterkunft für Juliets Dienstmädchen hatte es wieder Streit gegeben. Gewöhnlich schlief Nandé in Matarikis altem Zimmer, aber nun, da auch Atamarie und ihre Mutter da waren, wollte Juliet sie kurzerhand in die Scheune oder auf den Korridor vor ihren Räumen ausquartieren. Lizzie hatte sich natürlich dagegen gewehrt.
»Es geht auf keinen Fall, Juliet, dass sie vor deiner Schwelle schläft wie ein Hund. Das magst du ja praktisch finden, aber ich finde es menschenverachtend! Und sie kann auch nicht im Winter im Stroh schlafen. Da kann man nämlich kein Feuer anzünden, falls es der Prinzessin entgangen sein sollte. Das Mädchen würde sich zu Tode frieren, wo’s doch aus so einem heißen Land kommt … Und wo sollte dann auch das Kind schlafen?«
Nandé pflegte May mit in ihr Zimmer zu nehmen, sie war dann gleich für das kleine Mädchen da, wenn es nachts nicht durchschlief. Lizzie hatte stillschweigend ein altes Kinderbett vom Speicher geholt und in Matarikis altem Zimmer aufgestellt. Matariki verstand nicht, dass es jetzt ein Problem geben sollte. Sie war gern bereit, mit Nandé und der Kleinen den Raum zu teilen. Natürlich war es etwas eng, aber es standen zwei Betten darin, und Matariki brauchte nicht viel Platz. Das galt auch für Atamarie. Als die junge Frau aus den Bergen zurückkehrte, rollte sie ganz selbstverständlich ihre Matte auf dem Boden aus, was Nandé schockierte. Sie konnte doch nicht in einem Bett schlafen, während eine Weiße auf dem Boden lag.
»Ich bin keine Weiße«, sagte Atamarie, als sie ihr das Problem vortrug. »Ich bin Maori. Und was hat denn die Hautfarbe mit dem Bett zu tun? Da gelten eher ältere Rechte. Die hast im Moment du, es ist ja sonst dein Zimmer.«
Der Vorschlag traf auf allgemeine Zustimmung. Matariki, Atamarie und Nandé verstanden sich blendend. Die kleine May war ebenfalls gern gesehen und wurde von allen dreien verwöhnt.
Doortje bewies neu erlernte Diplomatie, indem sie das Thema gar nicht anschnitt, aber vielleicht hatte sie auch genug mit der eisigen Ablehnung zu tun, die ihr von Seiten Juliets entgegenschlug. Kevin, Doortje und Abe bezogen Kevins Kinderzimmer, und Juliet nahm die Einquartierung übel. Sie hatte Kevins altes Zimmer stillschweigend ihrer »Wohnung« auf Elizabeth Station hinzugefügt. Der Raum, den sie mit Patrick teilte, engte sie ein, wie sie behauptete. Sie brauchte zumindest noch ein Ankleidezimmer. Als solches diente nun Kevins ehemaliges Kinderzimmer, und meistens pflegte Juliet dort auch zu schlafen. Sie »besuchte« Patrick in seinem Zimmer oder ließ ihn widerwillig in das ihre. Den Traum, in ihren Armen einzuschlafen, hatte sie ihm längst ausgetrieben.
»Wir müssen uns hier ein paar Tage einschränken, Juliet«, sagte Lizzie, »aber so ein Familientreffen ist es doch auch wert! Das Zimmer gehört Kevin und Doortje, die es mit Abe teilen. Du dagegen hast schon das Privileg, dein Kind bei Nandé unterzubringen. Also freu dich, und halte dich zurück!«
Juliet verhielt sich also weitgehend ruhig, verdarb den anderen aber die Stimmung durch ihr Schmollen und ihre gelegentlichen bissigen Bemerkungen. Sie bezogen sich auch allgemein auf das Raumangebot auf Elizabeth Station. Ein Herrenhaus, das nur vier Schlafzimmer aufwies, schien in Louisiana undenkbar.
»Auf die Dauer sollte hier über Anbau oder besser Neubau nachgedacht werden!«, erklärte sie missmutig.
Michael und Lizzie trugen es mit Fassung, auch sie hatten vor Juliets Launen bereits weitgehend resigniert.
»Ich hege einfach die Hoffnung, dass sie irgendwann wieder wegläuft«, vertraute Lizzie Matariki an. »Sie ist hier doch kreuzunglücklich. Garantiert wartet sie nur auf eine passende Gelegenheit in Dunedin. Wenn der richtige Mann auftaucht, verschwindet sie wieder.«
Matariki sah die Sache nicht so optimistisch. Ihr fehlten zwar die Beweise dafür, dass Juliet ihrem Ziel näher kam, aber die Blicke, die sie auf Kevin warf, sagten ihr, dass Juliet den »richtigen Mann« bereits im Visier hatte.
Juliet ließ Kevin tatsächlich schon am Abend seiner Ankunft auf Elizabeth Station keinen Moment aus den Augen, aber außer ihm, Matariki – und vielleicht Doortje – fiel das niemandem auf. Berauscht vom Wiedersehen und später auch ein bisschen von Lizzies Wein erzählten alle durcheinander. Atamarie berichtete von Robertas Verlobung und ihren Abenteuern in Christchurch, Matariki von dem erfolgreichen
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