Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
kommen. Matariki war optimistisch, auch bei ihr hatte es lange gedauert, bis aus ihrer ersten freundschaftlichen Sympathie für ihren Mann Kupe Liebe wurde. Und seit ihrer ersten katastrophalen Verliebtheit in Colin Coltrane hielt sie sehr viel davon, sich in Liebesdingen nicht nur von sexueller Anziehung, sondern eher von gleichen Interessen und gleicher Gesinnung leiten zu lassen. Das jedenfalls schien bei Atamarie und Richard gegeben. Matariki lächelte den beiden zu, als Atamarie kurz darauf, noch erhitzt vom Tanz, zu der Studentengruppe stieß und sich neben Richard niederließ. Sie hatte sich nicht umgezogen und würde zweifellos bald erbärmlich frieren. Matariki beschloss, ihr später eine Decke zu holen. Aber das übernahm dann gleich Richard.
»Sie haben wunderschön getanzt, Miss Atamarie!«, erklärte er mit seiner freundlichen Tenorstimme. »Und dabei wirklich wie eine Maori ausgesehen, sonst kommen Sie ja eher nach dem pakeha -Anteil Ihrer Familie mit Ihrem blonden Haar.«
Atamarie nickte und freute sich. Immerhin hatte er gemerkt, dass sie blond war. Ein Fortschritt! Gleich darauf schüttelte sie allerdings den Kopf über sich selbst. Sie verlor schon genauso den Verstand, wenn Richard in ihrer Nähe war, wie Roberta bei Kevin Drury. Richard ritt seit Tagen neben ihr her. Ihre Haarfarbe konnte ihm nicht entgangen sein.
»Aber Sie müssen jetzt frieren, Miss Atamarie. Gestatten Sie, dass ich Ihnen eine Decke hole.«
Richard stand beflissen auf, und Atamarie sagte sich, dass dies nun wirklich ein Fortschritt war. Nur zu dumm, dass sie ihm jetzt wieder ihre Reize verhüllen musste. Sie ließ die Decke lasziv über ihre Schultern gleiten, während sie von dem hangi nahm, das in den gleichnamigen Öfen zubereitet worden war und eben auf großen Blättern aufgetragen wurde.
»Es schmeckt immer wieder wunderbar«, meinte sie und leckte sich die Lippen.
In den Romanen, die Roberta las, sollte auch diese Geste aufreizend wirken. Richard zeigte allerdings keine besondere Reaktion, sondern widmete sich eher der Technik der Erdöfen.
»Es schmeckt hervorragend. Aber es ist doch sehr mühsam, immer erst diese Gruben zu graben. An sich müsste es möglich sein, die Erdwärme auch an die Oberfläche zu holen. Man bräuchte so eine Art Wärmepumpe …«
Atamarie gab es schließlich auf, ihm imponieren zu wollen, und widmete sich dem Vertilgen riesiger Mengen Fleisch und Gemüse. Nach dem langen Tag war sie hungrig wie ein Wolf.
Die anderen Maori-Mädchen und -Jungen begannen inzwischen, die traditionellen Instrumente der Maori an die Feuer zu holen und Musik zu machen.
Richard beobachtete fasziniert die verschiedenen Flöten und griff schließlich nach einer Tumutumu, einer Art Streichinstrument, dem er sogar ein paar recht annehmbare Töne entlockte. Atamarie nahm sich eine Nguru und spielte eine Melodie dazu.
»Das ist ja hübsch!«, lächelte Richard. »Man spielt die Flöte wirklich mit der Nase?«
Atamarie nickte. »Und ich finde immer, man sieht unglaublich beschränkt dabei aus«, erklärte sie provozierend.
Zum Essen hatte sie Bier getrunken, und die Whiskeyflasche kreiste auch schon wieder. Atamaries Hemmungen schwanden, wenn schon nicht die von Richard.
Dann jedoch sorgte der junge Mann für eine Überraschung.
»Sie können gar nicht beschränkt aussehen, Miss Atamarie. Ich glaube, Sie sind einer der klügsten Menschen, die ich je getroffen habe. Aber haben Sie mal überlegt, ob sich die Klangfarbe der Flöte nicht verändert und das Spiel ein bisschen einfacher wird, wenn man die Grifflöcher etwas weiter auseinanderlegen oder wenn man das Ding gar mit einem Kernspalt versehen würde?«
Matariki, die eben wieder zu der Gruppe kam, bemerkte zu ihrer Verblüffung, dass Richard Pearse’ Augen endlich leuchteten. In seinem Blick standen die lang vermissten Sterne, als er Atamarie beim Blasen der Nguru und dann auch der komplizierteren Putorino beobachtete.
»Komisch«, bemerkte sie einer Freundin gegenüber, der sie eben von Atamaries offenbar unerwiderter Schwärmerei erzählt hatte. »Und dabei fand ich bis jetzt immer, beim Hineinpusten in diese Flöten sähe man ungeheuer beschränkt aus …«
KAPITEL 9
Richard Pearse zeigte an diesem Abend zwar mehr Begeisterung für Atamarie, er blieb jedoch Gentleman. Mehr Zärtlichkeiten als leichte Berührungen ihrer Finger oder ihrer Schulter, bei denen Atamarie nicht sicher war, ob sie ihn ebenso elektrisierten wie sie selbst, rang er sich
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