Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
Mannschaften.
»Im Veld mögen Sie oft mit verwundeten Kameraden auf sich selbst gestellt sein«, gab Kevin weiter, was man ihm bei der Einweisung im Ausbildungslager erzählt hatte. »Veld nennt man in Südafrika Buschland, mehr oder weniger große Ebenen, die kaum oder gar nicht besiedelt sind. Feindliche Stoßtrupps ziehen sich gern dahin zurück, und man wird Ihnen nicht gleich ein Feldlazarett hinterherschicken, wenn Sie hineinreiten, um sie zu verfolgen. Also passen Sie gut auf, dieser Kurs könnte Ihnen oder Ihren Kameraden das Leben retten …«
Kevin ließ die Leute Gliedmaßen schienen und Druckverbände anlegen. Er fand diese Ausbildung sinnvoll – viel mehr als die Schießübungen, zu denen die Mannschaften im Ausbildungslager herangezogen worden waren. Die hatten den jungen Männern von den Farmen allenfalls ein müdes Lächeln entlockt – während die Arbeiter aus der Stadt viel zu wenig lernten, um in einer Schlacht überleben zu können. Kevin hatte sich ein paar dieser Komplettversager gemerkt und stellte zu seiner Freude fest, dass sich vier davon beim Erste-Hilfe-Kurs besonders bewährten. Er war entschlossen, sie als Hilfskrankenpfleger anzufordern, sobald die Lazarette bemannt wurden. Bei seinen vorgesetzten Offizieren lief er da offene Türen ein, alle zeigten sich zumindest vorerst als vernünftige Männer – die Leute hatten eine gute Wahl getroffen.
»Es ist euch aber klar, dass wir es vor Ort mit englischen Berufsoffizieren zu tun haben werden«, meinte ein Sergeant in geselliger Runde. »Da haben nicht alle den meisten Verstand. Von diesem Buller zum Beispiel, dem Oberbefehlshaber, hört man die verrücktesten Dinge. Anscheinend reist er mit einer ganzen Hotelküche, requiriert gallonenweise Weine aus den örtlichen Gütern und führt Herden von Schlachttieren mit sich, damit bloß keiner verhungert. Dafür verheizt er dann schon mal an einem Tag ein paar Tausend Leute, um einen läppischen Hügel zu erobern, um den sich danach keiner mehr schert. Wir werden auf unsere Männer aufpassen müssen.«
Ansonsten hörte man vom Kriegsverlauf allerdings nur Positives. Nach den Anfangserfolgen der Buren, die zuerst etliche Städte wie Kimberley, Ladysmith und Paardeberg besetzt hatten und erstaunlich lange hielten, war die englische Offensive jetzt in Gang gekommen. Die meisten besetzten Städte waren wieder befreit worden, und die Engländer drangen in die Zentren der Burenrepubliken vor. Auch die Neuseeländer feierten ihre ersten Siege. Nachdem ihr Einsatz zunächst ziemlich improvisiert erfolgte und das erste Kontingent in Jasfontein schwere Verluste erlitt, fingen sie sich schon Tage darauf und kämpften wie die Löwen. Am 15. Januar hatten die Neuseeländer beherzt einen Angriff der Buren gegen ihr Camp zurückgeschlagen. Der Hügel, auf dem das Gefecht stattfand, erhielt zum Gedenken den Namen New Zealand Hill.
»Kann ja nicht sehr kultiviert sein, das Land, wenn wir schon die Berge benennen müssen«, bemerkte Vincent skeptisch, nachdem die Offiziere diesen Erfolg auf dem Schiff noch einmal weidlich begossen. »Wenn man sich überlegt, dass bei uns jeder gleich zwei Namen hat …«
Die meisten Berge, Seen und sonstigen Landmarken auf Neuseeland waren sowohl unter ihrem Maori- als auch ihrem pakeha -Namen bekannt.
»Die ersten Siedler werden ihren Bergen wohl auch Namen gegeben haben«, meinte Kevin. »Nur dass sich bei den Buren keiner drum schert. Die wissen ja nicht mal, wie die Stämme sich selbst ursprünglich nannten. Oder glaubst du, die hätten sich Hottentotten oder Kaffern getauft?«
»Wäre interessant zu wissen, wo sie in diesem Krieg stehen.« Vincent zog die Brauen hoch. »Unterstützen sie die Buren oder die Engländer?«
»Sie halten sich wohl raus«, erklärte der Sergeant, der etwas mehr über die Lage in Südafrika wusste als die anderen Offiziere. Er war einer der wenigen Berufssoldaten und hatte vor diesem Einsatz in Neuseelands kleiner Armee gedient. Feindberührung hatte es allerdings nie gegeben, selbst die berüchtigten Maori-Kriege waren inzwischen Jahrzehnte her. Sergeant Willis hatte sich sofort freiwillig gemeldet, als er darauf hoffen konnte, dass ihm nun endlich Kugeln um die Ohren flogen. »Die Engländer wollen jedenfalls, dass sich alle Eingeborenen raushalten«, führte er weiter aus. »Deshalb kommen von uns auch keine Maori-Regimenter … obwohl die Jungs den Rekrutierungsbüros die Türen einrennen. Anscheinend will man es nicht noch
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