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Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin

Titel: Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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verstaubten Lehrbuch, er sollte Engländer kennenlernen und mit ihnen sprechen. Cornelis sprach jetzt fließend Englisch – und gab sein Wissen gern an Doortje weiter. Allerdings war er auch verderblichen Einflüssen ausgesetzt gewesen …
    Doortje riss sich aus ihren Gedanken und band eine blütenweiße Schürze um, dann wandte sie sich zur Tür. Bentje erzählte den Kindern gerade, wie Andries Pretorius den flüchtenden Zulu-Kriegern nachgesetzt hatte.
    »Er nahm hundertfünfzig Reiter auf Ponys mit. Ja, hundertfünfzig gegen die vielen Tausend Kaffern! Und damit trieb er die Kerle in den Fluss. Und Gott lenkte die Kugeln ihrer Gewehre, sie schossen auf die Heiden wie die Hasen, und der Fluss färbte sich rot von ihrem Blut …«
    Doortje dachte kurz darüber nach, ob es nicht vielleicht einfach der Anblick der Ponys gewesen war, der die Kaffern vertrieben hatte. In einem von Cornelis’ Büchern war von den alten Griechen die Rede gewesen, die ihre Pferde nicht ritten, sondern nur vor Wagen spannten. Als sie die ersten Reiter sahen, hielten sie die miteinander verbundenen Gestalten von Mensch und Tier für Götter: Zentauren. Vielleicht waren die Zulu ja ähnlich abergläubisch gewesen. Aber das geschah ihnen natürlich recht, wenn sie Heiden waren …
    Doortje verdrängte entschlossen Cornelis’ Argumentation, dass die Zulu auch von Gottvater und Gottsohn nie etwas gehört hatten, bevor die Weißen kamen. Ihre Mutter sah das schließlich als Indiz für ihre Minderwertigkeit. Gott hatte sich nicht die Mühe gemacht, sich ihnen zu offenbaren …
    Und nun war es wirklich Zeit, sich wieder zu ihrer Familie zu gesellen. Zufrieden mit ihrem Aussehen betrat Doortje die gute Stube.
    »Wollen wir jetzt die Andacht halten?«
    Bentje VanStout hob den Kopf, und Doortje sah in ihre blinden Augen, wie immer fast erschrocken von ihrem leeren Blick. Ihre Mutter war früher mit leuchtenden, blitzenden Augen durch die Welt gegangen, denen keine Kleinigkeit entging. Aber dann strafte Gott sie mit Blindheit – für welche Sünde auch immer. Doortje versuchte, nicht an den Engländer zu denken, der gesagt hatte, er könne das heilen … Ihre Mutterhatte zweifellos Recht, sich Gottes Ratschluss zu unterwerfen und das Angebot des Feindes abzulehnen.
    »Ja, ja sicher, Kind«, antwortete Bentje nun. »Ich habe meine Geschichte fast beendet. Ich wollte nur noch von dem Land erzählen, das unsere Vorfahren dann in Besitz nahmen … Johanna, du kennst die Geschichte schon. Sag doch bitte Tante Jacoba und Kusine Antina Bescheid. Vielleicht kann wenigstens eine von ihnen zur Andacht kommen …«
    Doortje griff nach der Familienbibel. »Ich werde später ins Krankenzimmer gehen und auch Willem und Cornelis ein paar Verse vorlesen«, erklärte sie.
    Sie hatte zuerst daran gedacht, die ganze Andacht an den Betten der Kranken zu halten, aber das Zimmer, in dem sonst ihre Brüder Thies und Mees schliefen, war einfach zu klein. Etwas dunkel war es auch. Aber gut zu verteidigen. Solch ein schwerer Fehler wie beim Kampf um die Requirierung ihrer Farm durfte ihr nicht noch einmal unterlaufen. Ihr Vater würde sich sicher jetzt schon seiner Tochter schämen!
    Bentje erzählte ihre Geschichte zu Ende, während Doortje nach einer passenden Bibelstelle für die Andacht suchte. Aber dann blickte sie auf. Von der Tür her war ein Klopfen zu hören, danach vom Fenster. Unwillig erkannte Bentje das kantige Gesicht des englischen Doktors und seine dunklen Locken. Nein, kein Engländer, wo kam er noch her? Australien? Neuseeland, richtig, wo immer das auch lag … Jedenfalls schien sein Anliegen dringend zu sein. Er gestikulierte heftig, als er sah, dass Doortje ihn bemerkte.
    »Miss … äh … Mejuffrouw Doortje …« Doortje musste fast lächeln. Der Neuseeländer sprach das niederländische Wort zu komisch aus. »Bitte! Kann ich kurz mit Ihnen reden?«
    Doortje erhob sich widerstrebend. Eigentlich waren die Frauen übereingekommen, die Männer einfach zu übersehen, aber wenn sie jetzt nicht reagierte, würde der Mann dieAndacht stören. Und Jacoba und Antina brauchten so dringend Trost …
    »Ja?«
    Doortje öffnete die Tür und blickte den Arzt kalt an. Sie sah ihm zum ersten Mal wirklich ins Gesicht und bemühte sich, nicht zu bemerken, wie gut aussehend er war, mit seinen klaren Zügen, den leuchtend blauen Augen und den vollen Lippen. Allerdings wirkte er auch erschöpft, unter seinen Augen lagen dunkle Ringe, und um seinen Mund hatten

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