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Die Tränen der Massai

Die Tränen der Massai

Titel: Die Tränen der Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Coates
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unter, bevor Bear das Fahrzeug in den zweiten Gang schaltete.
    Jack spürte das Kitzeln von Schweißtropfen in seinem Nacken. Die Sonne knallte auf das Dach des Landrovers. Jack beugte sich vor, ohne den Handgriff über der Tür loszulassen, und löste das T-Shirt von seinem nassen Rücken.
    Das Auto hüpfte über ein Schlagloch wie eine erschrockene Antilope. In Nairobi fuhr Bear nicht sonderlich besser, aber nachdem Jack sein Angebot angenommen hatte, ihn mit ins Büro zu nehmen, hatte er sich verpflichtet gefühlt, weiterzumachen, bis sein eigenes Auto eintraf. Das war jetzt über vier Monate her, und in dieser Zeit hatte es Gelegenheiten gegeben, bei denen Jack vollkommen sicher gewesen war, dass er in Afrika sterben würde – allerdings nicht im Dschungel, sondern in Nairobis chaotischem Straßenverkehr. Und was ihn umbrachte, würden eher die Hände eines verrückten Deutschamerikaners als Zähne und Klauen eines Löwen sein.
    Die Serengetiebene breitete sich vor ihnen aus wie eine weite, strohfarbene Leinwand, auf die die gewaltigen Herden bei ihrer ostafrikanischen Wanderung gemalt waren. Hunderte von Gazellen, Tausende von Zebras und vielleicht eine Viertelmillion dummer, furzender Gnus. Das war das Afrika, von dem Jack als Junge seit seinem ersten Tarzanfilm geträumt hatte. Staub kroch feige durch die doppelte Verkleidung des Landrover und überzog alles mit einem weichen, beigefarbenen Puder. Sie fuhren langsamer und wichen den schlimmsten Schlaglöchern aus. Eine Reihe von Gnus erstreckte sich wie ein Gummiband vor dem Auto, und die Tiere galoppierten immer schneller, damit die Reihe vor dem Landrover nicht abriss. Als das Auto schließlich doch dazwischen hindurchfuhr, rasten die erschrockenen Gnus auf der falschen Seite der Straße hektisch hinter dem Fahrzeug her, um bei der Herde bleiben zu können.
    Eine Stunde später drückte der kenianische Einwanderungsbeamte einen Stempel in Jacks UN -Pass. Der tansanische Grenzposten eine Meile weiter war unbemannt. Jack öffnete das Tor. Bear fuhr hindurch.
    »Was ist denn hier los? Gibt es auf dieser Seite keine Bürokratie?«, fragte Jack.
    »Manchmal schon und manchmal nicht. Willkommen in Tansania.«
    Dann fuhren sie weiter, und Bear rang mit dem Lenkrad. Jack hatte auf den täglichen Fahrten vom Hotel zum Büro erkannt, dass es keinen Sinn hatte, ein vernünftiges Gespräch mit ihm führen zu wollen, solange er Auto fuhr. Er bemerkte das Schild:
Seronera Lodge – 80 Kilometer.
Er sagte: »Sag mir noch einmal, warum wir campen.«
    »Um Afrika zu erleben.«
    »Ach so.«
    Links vom Auto eilte eine Familie von Warzenschweinen in pompösem Trab davon, die Pinselenden ihrer dünnen Schwänze hoch aufgerichtet wie die besten Sonntagssonnenschirme. Jack sah ihnen nach, als sie im Gebüsch verschwanden, dann fragte er: »Und es ist nicht möglich, Afrika in der Seronera Lodge zu erleben?«
    »Nein.«
     
    Sie erreichten die kleine Siedlung Seronera, als die Sonne schon lange Schatten auf den aufgewirbelten Staub warf. Jack war eine Weile gefahren und bei dem Schild einem schmalen Pfad gefolgt, vorbei an schlichten Arbeiterunterkünften bis zur Lodge.
    Die Wand hinter dem leeren Empfangstisch, die stolz die vier Sterne der Lodge zeigte, ließ die Farbe wie Konfetti auf staubige Reisebroschüren und Anmeldeformulare rieseln. Das Poolwasser draußen war avocadogrün. Der Barmann erschien zehn Minuten später und servierte ihnen ein warmes Bier. In schlechtem Englisch erklärte er, wie man zum Büro des Nationalparks gelangte.
    Es war ein Gebäude aus grauem Beton und Wellblech eine halbe Meile den Kiesweg entlang. Sie zahlten einen Dollar an den Wildhüter, einem angenehmen, fetten Mann, der ein ausgewaschenes Hemd trug, auf dessen Epauletten
National Parks Authority of Tanzania
stand. Er brauchte zehn Minuten, um die Schreibarbeit für die Campingerlaubnis zu erledigen. Dann reichte er ihnen die offizielle Quittung für fünfhundert tansanische Shilling.
    Eine Akazie zeichnete sich als schwarze Silhouette vor dem lilafarbenen westlichen Horizont ab, als der Landrover an einem verwitterten Schild
Seronera Camping Reserve
von der Piste abbog. Nichts unterschied den Platz von der ihn umgebenden trockenen Savanne. Es gab keine Gebäude, keine abgemessenen Plätze und keine Zäune. Sie hielten neben einem verkrüppelten Baum und ein paar großen flachen Steinen an. Der Platz schien ebenso gut wie jeder andere.
    Jack streckte sich und sah sich auf dem verlassenen

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