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Die Tränen der Massai

Die Tränen der Massai

Titel: Die Tränen der Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Coates
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endlosen heißen Tage waren nun nur noch eine weit entfernte, schlechte Erinnerung. Dicke Wolken saugten Energie aus der Hitze, die aus dem Grabenbruch aufstieg, und ballten sich dann schwarz und Unheil verkündend über den Loita-Hügeln zusammen.
    Unter seinem Uhrarmband war ein Ring von Schlamm. Neun Uhr dreißig. Er betrachtete den Schlammfleck, der zu einer dünnen Kruste getrockneten Schlamms am Ellbogen wurde. Er rieb daran und sah sich seine Beine an. Die Füße waren sauber, aber an den Knien klebte noch mehr getrockneter Schlamm.
    Langsam erinnerte er sich an die vergangene Nacht, und er verzog das Gesicht, als ihm der Alkohol und sein widerwärtiges Benehmen wieder einfielen.
     
    Bear schlenderte den Weg entlang zu Jacks und Malaikas
Banda.
Die schrägen Sonnenstrahlen ließen die verbliebenen Regentropfen auf den Blattenden wie Diamanten glitzern. Bald schon würde die Hitze sie verschlingen, aber im Augenblick blitzten sie noch zwischen nickendem Hibiskus und Frangipani.
    Bear hatte um acht Uhr allein gefrühstückt. Die meiste Zeit zog er das vor. Und an Tagen wie diesem, wenn die gelben Webervögel hektisch im Garten umherschossen, um das beste, das am vollendetsten gebaute kleine Liebesnest für die Gefährtinnen zu bauen, die sie verführen wollten, war es noch besser. Er war ausgesprochen zufrieden mit sich selbst.
Sein
Nest war letzte Nacht von Inga aufgesucht worden, die sich als abenteuerliche Liebhaberin erwiesen, mit ihm gespielt und die erotischen Augenblicke zu einem ungezügelten Crescendo verlängert hatte. Er hatte sich kaum lange genug ihren Händen, Armen und ihrem Mund entziehen können, um nach einem Kondom zu greifen. Sie hatte gewollt, dass er es ohne tun sollte, aber er hatte das wie gewöhnlich ignoriert. Wenn das eine Frau kränkte, konnte er nichts dagegen tun. Und Diskussionen waren vollkommen unmöglich gewesen.
    Als er näher zur Hütte kam, rief er: »Hey, seid ihr anständig angezogen?«
    Jack trocknete sich gerade ab, als er auf die Veranda kam. »So gut, wie ich es unter den Umständen kann.«
    »Mann! Du siehst aus wie …« Bear musste sich anstrengen, um einen passenden Vergleich zu finden. »Wie Stroganoff von gestern.«
    »O Gott, rede bloß nicht von Essen.« Jack wickelte sich das Handtuch um die Taille. »Ich hatte noch nie einen solchen Kater. Ich fühle mich, als wäre ich von einer Rockerbande verdroschen worden.«
    »Du wirst es überleben. Wir schaffen das schon. Und jetzt komm, ein paar von uns wollen zum Fluss. Nach dem Regen wird dort einiges los sein.«
    »Ich weiß nicht, Kumpel. Was hat Malaika denn vor?«
    »Malaika? Ist sie nicht da drin?« Er nickte zur Tür der
Banda.
    Jack zog eine Braue hoch. »Du machst Witze, oder?«
    »In der Lodge ist sie jedenfalls nicht«, fuhr Bear fort. »Ich hab dort den halben Morgen gesessen und auf euch gewartet.«
    Jack legte die Hände auf die Knie und ließ sich auf die Verandatreppe sinken. Ihr Bett war nicht deshalb so ordentlich, weil sie früh aufgestanden war und es gemacht hatte, sondern weil sie nicht darin geschlafen hatte. »O Scheiße«, sagte er und fuhr sich mit den Fingern durch das nasse Haar.
    Bear hätte gern etwas Positives gesagt, aber als Jack aufblickte und die Frage deutlich in seinen Augen stand, konnte er nur die Achseln zucken und sagen: »Kumpel, ich hab keine Ahnung.«
     
    Jack zog einen Wanderstiefel aus der Reisetasche, die gepackt, aber offen zu seinen Füßen neben dem Bett stand. Der Schmerz schoss sofort in seine Schläfen, und sein Kopf dröhnte. Er lehnte sich mit einem resignierten Seufzer zurück, bis die Schmerzen nachließen. Sie hatten überall im Camp und der Umgebung nach Malaika gesucht, und das hatte seine Laune nicht gehoben. Er fühlte sich schrecklich. Er hasste die Depressionen und das Selbstmitleid, die mit seinen Katern einhergingen. Aber über den Kater hinaus waren die Gefühle dieses Morgens eine komplizierte Mischung, die einen größeren Anteil Schuldgefühle als üblich enthielt. Fragmente des Gesprächs vom Abend zuvor fielen ihm wieder ein. Was hatte er gesagt, bevor Malaika vom Tisch aufgestanden und gegangen war?
Ich brauche dich nicht.
Er wischte sich mit der Hand über den Mund und schüttelte den Kopf. »Scheiße!«
    Er holte tief Luft und schnürte den Stiefel zu. Er wurde wieder depressiv. Es war Zeit, Bilanz zu ziehen. In solchen Zeiten half ihm der Rückblick häufig, neue Perspektive zu gewinnen. Es kann nicht so schlimm sein. Also gut, der

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