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Die Tränen der Massai

Die Tränen der Massai

Titel: Die Tränen der Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Coates
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aus der Lunge. Der Mann ließ den Haken fallen und versuchte, Jack zu umklammern, aber Jack hatte zu viel Schwung und trieb ihn weiter zurück. Der Mann riss einen Arm nach hinten, aber zu spät – sein Kopf stieß mit einem Krachen gegen die Ruderhaustreppe, und er blieb schlaff liegen.
    Das stetige Dröhnen des Motors war leiser geworden, als Jack wieder auf die Beine kam. Ein plötzlicher Richtungswechsel des Boots ließ ihn über das Deck taumeln, und er wäre beinahe über Bord gegangen. Als er sein Gleichgewicht wiedergefunden hatte, sah er Onditi auf der Treppe, die Waffe in der Hand und ein Grinsen auf den Lippen.
    Jack wich zur Seite aus und wischte sich den Regen aus den Augen. Hinter ihm wackelte die Stange des Ladebaums. Das Boot, nun der Gnade des Windes ausgeliefert, begann zu stampfen und zu rollen. Jack hatte Probleme, das Gleichgewicht zu halten; das Deck hob und senkte sich unter ihm, aber er war vollkommen auf die Waffe konzentriert.
    Onditi musste sich mit einer Hand am Geländer der Treppe festhalten, um auf den Beinen bleiben zu können. Jack fragte sich, warum er noch nicht geschossen hatte, aber als er Onditis Miene nun besser sehen konnte, erkannte er, dass der Mann diesen Moment genoss.
    Malaika kam aus dem Ruderhaus und warf sich auf Onditi. Ihre Arme waren an den Handgelenken gefesselt, aber sie schlang sie um Onditis Hals und klammerte die Beine um seine Taille. Onditi schwang sie herum wie eine Puppe und richtete die Waffe weiter auf Jack, während er versuchte, sie abzuwerfen.
    Das Boot stampfte, und Jack fiel rückwärts über einen Stapel Netze, während eine Kugel am Flaschenzug abprallte. Onditi schüttelte Malaika ab und schleuderte sie mit einem bösen Rückhandschlag quer über das Deck gegen die Steuerbordreling. Sie hing dort einen Augenblick, unfähig, sich mit den gefesselten Händen an der Reling festzuhalten. Dann verlor sie das Gleichgewicht und fiel rückwärts über Bord.
    Jack rannte zur Reling, aber Onditi schoss abermals, und das Holz vor Jacks Füßen splitterte. Der Bug des Boots schwang nach Lee, und der Trawler kippte mit der Breitseite in den Wind. Die Segelstange des Ladebaums hielt in ihrer Steuerborddrehung inne, riss die letzte Leine los und schwang dann um hundertachtzig Grad nach Backbord.
    Onditi sah den Ladebaum nicht kommen. Er hatte das Deck überquert und wollte sich gegen die Backbordreling stützen, um besser zielen zu können, die Waffe in beiden Händen. Die Stange traf ihn mit dem Knall eines Gewehrschusses und warf ihn ins aufgewühlte Wasser.
    Jack stürzte nach Steuerbord. »Malaika!«, schrie er in den Wind. »Malaika!«
    Er sprang über Bord. Die Wellen drückten ihn nach unten, als er versuchte, über sie hinwegzuspähen.
    »Malaika!«
    »Jack.« Es war ein leiser Ruf aus der Richtung des Trawlers.
    »Malaika!« Sie klammerte sich an das Dingi, das immer noch an seinem langen Tau hing. Jack schwamm, so schnell er konnte, darauf zu, aber der Dieselmotor trug das Boot immer weiter weg. Der Trawler wurde von Wind und Wellen hin und her geworfen, aber die Vorwärtsbewegung war mehr, als Jack einholen konnte.
    Er schwamm weiter. Eine Zeit lang konnte er das Fischerboot jedes Mal sehen, wenn eine Welle ihn hochhob, wie es in einer ungelenken Walzerbewegung auf den Wellen tanzte. Bald war es verschwunden, und das Dingi mit ihm. Entschlossenheit ließ Jack weiterschwimmen, und er kämpfte mit jedem Stoß gegen den Sturm an. Aber seine Füße wurden schwer und zogen ihn nach unten.
    Jack! Wie oft habe ich dir gesagt, du sollst auf die verdammte Stromkabbelung aufpassen?
Jacks Vater war rot im Gesicht, nachdem er durch die Brandung gerannt war, um seinen sechsjährigen Sohn aus dem Wasser zu ziehen.
Eines Tages wird sie dich ersäufen. Ich schwöre, du wirst ertrinken!
Jack hatte gewusst, dass sein Vater nicht log. Während seiner gesamten Kindheit war er von Alpträumen geplagt worden, in denen er ertrank.
    »Jack!« Malaika war über ihm im Dingi.
    Er packte ihren Arm, aber sie hatte nicht die Kraft, ihn hochzuziehen. Er schwang ein Bein über die Seite und versuchte, ins Boot zu gelangen.
    Onditi kam unter dem Dingi hervor, die Augen in dem geschwollenen Gesicht weit aufgerissen. Er packte Jack, sank aber sofort wieder. Jacks Fuß wurde von seinem eisernen Griff umklammert. Er schlug mit dem freien Arm ins Wasser, aber es gab nichts, wogegen er kämpfen konnte. Onditi war direkt unter ihm, ein Gewicht, das ihn abwärts zog. Mit seinen letzten

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