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Die Tränen der Massai

Die Tränen der Massai

Titel: Die Tränen der Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Coates
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in einer Katastrophe.
     
     
    J ack steuerte den Landcruiser über den holprigen Asphalt bei Ewaso Ngiro – der Ort war kaum mehr als eine kleine Ansammlung heruntergekommener Behausungen. Ein paar Leute saßen vor den Türen und suchten vergeblich Erleichterung von der Hitze in ihren rostigen Wellblechhütten. Eine weiße Ziege tauchte im Scheinwerferlicht auf. Sie lief nach links, dann nach rechts. Jack fuhr den Wagen an den Straßenrand zu einer Bushaltestelle. Die Räder spritzten Schlammwasser in das leere Wartehäuschen, dann gelang es ihm, den Wagen zurück auf die Piste zu lenken, und einen Augenblick später hatte er den Ortsrand erreicht.
    Die Straße zog sich in einer Kurve nach Süden und dann einen lang gezogenen Hang hinauf. Wenn man Ingas Straßenkarte glauben durfte, existierten weder Kurve noch Hügel. Jack war schon einmal falsch abgebogen, was ihn mehrere kostbare Minuten gekostet hatte.
    Er trat auf die Bremse. Auf der Landkarte stand
Doinya-Loongarya-Steilabbruch
. Er schaltete das Licht aus und fuhr weiter den Hang hinauf, in der Hoffnung, dass der Laster die gleiche Strecke genommen hatte. Jack nahm an, dass er Muhoro in etwa dreißig Minuten erreichen würde.
    Als er oben auf dem Talrand eintraf, seufzte er erleichtert, denn er sah, dass die Straße von hier aus nach Nordwesten zum Viktoriasee führte. In der nächsten halben Stunde war die Landschaft hügelig, aber insgesamt abschüssig. Zumindest hatte er das Gefühl, schneller voranzukommen.
    Der Viktoriasee kam in Sicht, als Jack über den letzten Granitkamm fuhr. Im Mondlicht sah der See aus wie Silber, das zu einer rotfarbenen Platte gehämmert worden war. Das Wasser reichte bis zum dunklen, weit entfernten Horizont.
    Vor ihm tauchte Muhoro auf und verschwand wieder, während das Mondlicht durch Wolken tanzte, die von einem kräftigen warmen Wind aus dem Westen vorwärts getrieben wurden. Der Ort bestand aus einem Zentrum mit bescheidenen Häusern, das von der üblichen Anzahl von Wellblechhütten umgeben war. Der Kai, ein lang gezogener grauer Finger, der auf das sich nähernde Unwetter zeigte, ging von einer Reihe von Lagerhäusern aus – den heruntergekommenen Überresten eines einstmals blühenden Seehafens.
    Blitze zerrissen den Himmel im Westen, gezackte Linien aus Licht trafen den See irgendwo hinter dem Horizont, vielleicht in Uganda. Jenseits des geschützten Hafenbeckens hatten die Wellen weiße Kappen. Die Brise war launisch, schien im Kreis der Granitmonolithe nicht so recht zu wissen, wohin. Sie wehte wie ein warmer Atemzug durch das offene Autofenster. Lichtstifte bewegten sich zwischen einem Boot und einem klotzigen Umriss am Ende des Kais hin und her. Offenbar wurde der Laster bereits abgeladen.
    Jack fuhr im Dunkeln den Hügel hinab. In den Häusern, die seinen Weg säumten, war kein Licht zu sehen; es schien, als hätte sich die ganze Stadt gegen das Unwetter verschanzt. Papier und Müll wirbelten durch verlassene Straßen. Ein räudiger Hund lag im Schutz eines halb eingestürzten Lagerhauses, neben dem Jack den Wagen parkte.
    Als er auf den Kai zuging, konnte er die Lichtstrahlen von vier Taschenlampen erkennen, die sich zwischen dem Laster und dem Boot, das am Ende des Kais vertäut war, hin und her bewegten. Aber noch bevor er die Barriere erreichte, wo ein altes Wachhaus stand, waren die Männer verschwunden.
    Der Mond unternahm einen seiner seltenen Vorstöße und kam hinter den Wolken hervor und zeigte, dass es sich bei dem Boot um einen Schleppnetzkahn mit hohem Ruderhaus und hohem Bug handelte. Das Heck war niedrig gehalten, um die Netze an Bord ziehen zu können. Hinter dem Ruderhaus gab es einen robusten Ladebaum. Der Laster sprang knurrend an, dann fuhr er aufs Ufer zu. Jack verbarg sich in den Resten des Wachhauses, dem der größte Teil einer Wand, die Tür und das Dach fehlten. Er spähte durch einen Riss in den Brettern, als der Laster vorbeikam. In der Kabine befanden sich der Fahrer und ein weiterer Mann, was bedeutete, dass zwei von Mengorus Leuten an Bord sein mussten. Bevor das Rattern des Lasters in der Ferne verklang, sprang ein anderer Motor am Ende des Kais an. Das Fischerboot legte ab.
    Jack hatte keine Spur von Malaika gesehen, und nun fragte er sich, ob sie überhaupt an Bord war. Immerhin hatte die alte Frau nur vermutet, dass man sie hierher gebracht hatte. Sie hatten sich ihrer vielleicht irgendwo unterwegs entledigt. Das war ein Gedanke, den Jack im Moment nicht weiterverfolgen

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