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Die Tränen der Massai

Die Tränen der Massai

Titel: Die Tränen der Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Coates
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sein?
Er würde Glück haben, wenn er lange genug lebte, um zur Polizeistation zu gelangen. Mengorus Kumpane würden dafür sorgen. Sie würden nicht zulassen, dass ein neugieriger
Mzungu
vor Gericht über ihr Elfenbeingeschäft sprach.
    Wieder fragte er sich, ob Malaika mit ihm nach Dar gekommen wäre, wenn er ihr gesagt hätte, dass er sie liebte.
    Nachdem ihm klar geworden war, dass er sie liebte, hatte es ein paar Gelegenheiten gegeben, es ihr zu sagen. In Musoma im Railway Hotel, zum Beispiel, wo er gewusst hatte, dass er sie liebte, weil er zugestimmt hatte, bei einem solch verrückten Unternehmen mitzumachen. Oder am letzten Abend in Kokoos Hütte, als sein Herz angesichts ihrer Verzweiflung wehgetan hatte.
    Aber er konnte es nicht sagen, als er in der roten Abenddämmerung neben ihr am Bus stand, wo Lastwagen vorbeifuhren und Staubwolken um sie herumwirbelten. Das Gedränge der Menge und das Hupen. Überall waren Beamte gewesen, hatten Reisepapiere überprüft und Pässe gestempelt. Wem wollte er hier etwas vormachen? Wie schwer wäre es denn gewesen?
Ich liebe dich.
Es war ein schlichter Satz. Es war leicht, jetzt darüber nachzudenken, während er hier im Jumbo saß, wo sich die Höhe und der Alkohol zu wahren Geistesblitzen zusammentaten.
    Während der Tage, in denen er darauf gewartet hatte, dass die Chartergesellschaft ihm eine Einreiseerlaubnis nach Südafrika verschaffte, hatte er Zeit gehabt, Zeit, sein Schweigen zu bedauern. Selbstverständlich hätte Malaika auf vielerlei Weise reagieren können. Aber er hatte es ihr nicht gesagt. Er hatte vorgehabt, es zu tun, als er mit der Fahrkarte in der Hand zu der Stelle zurückgekehrt war, wo sie auf ihn wartete. Aber statt zu sagen:
Malaika, ich liebe dich. Was immer auch geschieht, ich liebe dich. Und ich möchte, dass wir immer zusammen sind,
hatte er ein paar Banalitäten mit ihrem Bruder gewechselt, während sich die Passagiere mit Taschen und Bündeln um sie herumdrängten und schoben und drückten.
    »Geh«, hatte sie gesagt und in seinem Gesicht nach unausgesprochenen Worten gesucht. Dann hatte sie ihm ihre kühle Hand an die Wange gelegt – ihr
Kuss.
    »Was kann ich für Sie tun, Sir?« Die Stewardess war an seinem Platz.
    »Noch einen Chardonnay bitte.«
    »Tut mir Leid, Sir, das war der letzte Rosemount Chardonnay.« Sie schaltete die Ruflampe über seinem Platz aus.
    »Was haben Sie denn sonst noch?«
    »Möchten Sie vielleicht einen Koonunga Hill Shiraz?«
    »Ja. Warum nicht?«
    »Ich werde die hier mitnehmen, ja?« Sie griff nach den leeren Flaschen und glitt den dunklen Flur entlang auf die Bordküche zu.
    Er musste ständig an Malaika denken. Selbst als er am Nachmittag in Dar auf sein Flugzeug gewartet hatte, hatte er ihre Gegenwart gespürt, als er sah, wie ein Flugzeug der Kenya Airways aus Nairobi eintraf. Es war neben seiner Maschine stehen geblieben. Er hatte sich gezwungen gefühlt, zuzusehen, bis die Passagiere auf dem Asphalt standen. Aber dann hatte der letzte Aufruf ihn abgelenkt. Als er durch das Gate und auf dem Flugfeld war, war der Airbus aus Nairobi schon wieder betankt und gesäubert worden. Es ärgerte ihn, dass er niemanden hatte aussteigen sehen, aber er tat das als eine weitere sentimentale Idee ab.
    Im Augenblick würde Malaika wahrscheinlich mit ihrer Aidsarbeit anfangen. Sie hatte angekündigt, dass sie sich zunächst auf die Massai konzentrieren wollte, aber ähnliche Kliniken wurden auch für andere Stammesgruppen gebraucht. Jeder Stamm hatte seine besonderen kulturellen und sozialen Grenzen, die man überwinden musste. Wer wusste schon, ob sie Erfolg haben würde? Es konnte ein ganzes Leben dauern, sich auch nur über die Vorurteile hinwegzusetzen. Und Informationen über Safer Sex unter die Leute zu bringen würde ebenfalls nicht leicht sein. Wie veränderte man die Einstellung des afrikanischen Mannes gegenüber einer Frau? Aber bevor die Milliarden eintrafen, war Malaikas Plan ein guter Anfang, um etwas zu verändern. Um den Fluch aufzuheben.
    Was wusste ein Bursche aus dem australischen Busch schon über afrikanische Flüche? Über Magie? Er wusste nur, dass in dieser Nacht in Isuria etwas geschehen war, das sich auch nicht mit den zwei Schlägen auf den Kopf erklären ließ. Als die Decke über das Feuer flog, kurz bevor sie Mengoru traf und ihn in Brand setzte, hatte er geglaubt, die Augen der alten Frau in den Falten des Stoffs zu erkennen. Sie hatte erstaunliche Augen gehabt. Wahrscheinlich hatte es am

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