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Die Tränen der Massai

Die Tränen der Massai

Titel: Die Tränen der Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Coates
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Licht gelegen.
    Malaika war sicher, dass es ihre Urgroßmutter gewesen war. Sie hatte später eine Hand voll orangefarbener und blauer Perlen nahe dem Feuer gefunden, aber Jack sagte sich, dass sie schon seit Tagen dort gelegen haben konnten. Und sie hätten jedem gehören können. Malaika wäre nicht so sicher gewesen, wenn die Dorfleute nicht von Kokoos Begräbnis zurückgekehrt wären. Sie hatten die Leiche der alten Frau dorthin gebracht, wo sie zur Welt gekommen war, irgendwo im Norden. Malaika hatte nicht mehr gewusst, was sie denken sollte.
    Ihm ging es ebenso. Er hatte es Malaika gegenüber nicht erwähnt, denn er war nicht sicher, wie wichtig es war. Und es hätte ihr nicht geholfen, eine große Sache daraus zu machen. Aber bei seiner Rückkehr vom Bach am Morgen nach Mengorus Tod hatte er einen Lichtschimmer in den Überresten des Feuers bemerkt. Etwas hatte die Morgendämmerung in einem Regenbogen von Farben reflektiert. Als er die Asche beiseite geschoben hatte, hatte er ein Glasprisma gefunden. Es war immer noch warm gewesen. Das Prisma steckte in seiner Tasche, als er in Daressalam eintraf. Auf seltsame Weise tröstete es ihn während der langen Stunden, die er in seinem Hotelzimmer verbrachte. Er legte es aufs Fensterbrett, wo es jeden Lichtstrahl einfing, ob von Sonne oder Mond, und in einem Kaleidoskop von Farben an die Wände reflektierte.
    An einem Nachmittag, als er die Stelle anstarrte, an der sich die Regenbögen bildeten, war er zu einer wunderbaren Einsicht gekommen. Er hatte plötzlich gewusst, was er tun musste. In den folgenden Tagen hatte er den Plan ausgearbeitet und geprüft. Er wünschte sich so sehr, dass es funktionieren würde, dass er seinen Überlegungen nicht traute und Angst hatte, irgendetwas zu übersehen.
    Manchmal, wenn das stickige Hotelzimmer schwer und heiß auf ihn drückte und er nicht schlafen konnte, kam Malaika zu ihm. Sie erschien in dem Regenbogen des Prismas an der Wand. Der Kupferton ihrer Haut, ihre langen Zöpfe mit der Malachitspange. Wenn Wolken die Mondstrahlen im Prisma bewegten, ging sie majestätisch im Zimmer umher, und ihr blutrotes Gewand flatterte zu Boden. Eine Spur von Mandel um ihre Augen, die Karamellfarbe von den Füßen bis zum Nacken, die schwarzen Aureolen ihrer festen Brüste verlockten ihn, waren aber außer Reichweite seiner Fingerspitzen. Ihr Lächeln – ein Aufblitzen des Mondes in einer wolkigen Nacht.
    Wenn er ihr das Prisma an diesem letzten Nachmittag am Fluss gezeigt hätte, wenn diese Erkenntnis ihm eher gekommen wäre als in Dar, hätte er einen Plan gehabt. Er hätte erklären können, dass er immer bei ihr sein wollte – zum Teufel, er hätte es sogar beinahe noch gesagt, als sie ihm am Busbahnhof ihren geheimen Kuss gegeben hatte. Aber erst musste er nach Australien fliegen.
    Sie war mit Ziada nach Nairobi gegangen. Er fuhr nach Daressalam und wartete. Je länger er darüber nachdachte, desto besser kam es ihm vor. Er würde die Geschichte von dem toten Polizisten erzählen – Zeuge oder nicht. Er würde auf dem Diplomatenweg nach Kenia zurückkehren, vielleicht überwacht von Interpol. Das würde helfen, die »Unfälle« zu vermeiden, die die Elfenbeinwilderer vielleicht arrangieren würden. Es war seine beste Chance, seinen Namen reinzuwaschen und Bears Mörder zu finden. Es war seine einzige Chance, Malaika wiederzusehen.
    Für seinen neuen Plan brauchte er neue Papiere, was ewig zu dauern schien – den größten Teil eines Monats, aber es kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Endloses warmes Safari-Bier, antiquierte Telex-Botschaften nach Sydney und Canberra. Die Verspätung hatte sich allerdings am Ende als Segen erwiesen. Wenn er nicht gezwungen gewesen wäre, so lange in Daressalam zu bleiben, nur mit warmem Bier und dem Prisma zur Gesellschaft, hätte er sich vielleicht nicht entschlossen, nach Sydney zurückzukehren, sondern wäre im Pariastaat Südafrika verschwunden.
    Er versuchte, Malaika anzurufen. Tagelang gab es überhaupt keine Telefonverbindung. Bei seinem einzigen erfolgreichen Versuch war die Verbindung am anderen Ende abgebrochen. Dann gab es ein Problem mit der Vermittlung in Nairobi. Am Morgen vor seinem Flug nach Hause war er endlich ein weiteres Mal zu AmericAid durchgekommen. Sie war nicht im Büro gewesen.
    »Möchten Sie eine Nachricht hinterlassen, Sir?«, hatte die hilfreiche Stimme gefragt.
    »Ja. Bitte sagen Sie Ms. Kidongi, dass … dass … nein. Schon gut.«
    Er würde Gelegenheit haben, die

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