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Die Tränen der Massai

Die Tränen der Massai

Titel: Die Tränen der Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Coates
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mit einer blutenden Kopfwunde, und ihn packte.
    »Mistkerl!«, sagte Jack mit der Gereiztheit eines Mannes, dem jemand am Ende eines schweren Tages weitere Arbeit zuteilt. Einer der Schläger umklammerte Jack, während der andere ihm die Fäuste in die Rippen und den Bauch drosch. Jack lehnte sich zurück und versetzte dem Mann vor ihm einen gut gezielten Tritt zwischen die Beine. Der Mann rollte sich zu einer Kugel der Pein zusammen.
    Bear kam zu dem Schluss, dass er genug vom Schlammringen hatte. Er hatte auch genug davon, mit seinen besten Schlägen nur Luft zu treffen, und vor allem hatte er genug davon, selbst verdroschen zu werden. Aber er konnte keinen guten Schlag landen, solange dieser Kerl auf ihm hing, und er wusste, wenn er und Jack nicht bald in eine Position kämen, in der sie einander den Rücken freihalten konnten, würden diese Straßenräuber sie einen nach dem anderen ausschalten. Bear nutzte seine Erfahrung aus unzähligen Kneipenschlägereien. Ellbogen. Zähne. Stöße mit dem Kopf. Er schlug und trat in alle Richtungen und fluchte. Er drosch seinem Gegner Fäuste und Knie in den Körper. Die Hälfte seiner Schläge trafen, aber die beiden Männer kannten sich ebenfalls aus. Ihr vereintes Gewicht hielt ihn am Boden.
    Eine unirdische Kakophonie erklang weiter oben am Hang. Der Mann mit dem Horn, dicht gefolgt von vier anderen Läufern, kam um die Biegung, und alle stürzten sich in den Kampf. Ein Ton des Horns brach plötzlich ab – ein schreckliches Krächzen. Die Angreifer flohen ins Gebüsch.
    Jack stützte die Hände auf die Knie und beugte sich keuchend über den am Boden liegenden Bear. »Das ist wieder mal typisch, Schlägereien mit den Ortsansässigen anzufangen«, sagte er zwischen zwei Atemzügen. »Das hier sollte nur ein bisschen Sport und Spaß sein, Blödmann.«
    »Wer hat dich denn gebeten, dich einzumischen?«, sagte Bear mit schiefem Mund. Sein Kinn war bereits angeschwollen. »Ich wäre schon mit ihnen fertig geworden. Verdammt, es hat gerade angefangen, Spaß zu machen. Und dann musstest du vorbeikommen und alles verderben.«
     
    Das Mondlicht schien durch den Baumwipfel. Jack befand sich an einem Ort, den er seine »Zuflucht« nannte – einem Bereich, wo er dem Gefühl, ein Gast zu sein, entkommen konnte. Das Jacaranda war kein schlechtes Hotel, es war nicht zu groß und hatte drei Sterne, aber Jack hasste es, sich wie ein Tourist zu fühlen, und hin und wieder brauchte er die Einsamkeit des Gartens. Seine Zuflucht war eine Ecke, die am Tag schwer zu finden und bei Nacht vollkommen vor den neugierigen Augen der stets hilfsbereiten Angestellten verborgen war. Sie war ein wenig vom Haupteingang zurückgesetzt, aber nahe genug, um zu sehen, wer kam und ging, wenn Jack die Ablenkung brauchte.
    Es gab Zeiten, zu denen er einfach nur sein Hirn abschalten und die Nacht über sich hinwegspülen lassen wollte, sich läutern und sich von den Trivialitäten eines stillen Vorstadthotels in Nairobi und von den Erinnerungen an weit entfernte Orte ablenken lassen.
    Ein Taxi hielt vor dem Tor. Die Gase, die der schaudernde Motor ausstieß, wurden von den Rücklichtern rot gefärbt. Ein Touristenpaar Mitte dreißig stieg lachend aus. Sie waren wahrscheinlich zum Essen und für ein paar Gläser billigen Wein aus Simbabwe in der Stadt gewesen. Die Frau pflückte eine lila Jacarandablüte, während der Mann das Taxi bezahlte. Dann schwankten sie Hand in Hand ins Foyer.
    Zwei Männer in Anzügen kamen vom Parkplatz, in ein Gespräch versunken. Swahili. Aus dem Speisesaal erklang das leise Klirren von Tellern.
    Der Garten war beruhigend. Vorsichtig berührte Jack die empfindliche Stelle an seiner Seite. Die Prellungen, die er bei der Schlägerei beim Geländelauf davongetragen hatte, zeigten sich jetzt in grünen und lila Flecken an seinen Rippen. Er sah allerdings nicht so schlimm aus wie Bear, dessen blaues Auge im ganzen Büro für Klatsch sorgte. Bear ignorierte die Bemerkungen, und sein verletzter Stolz schmerzte mehr als alles andere.
    Es war in mehr als nur einer Hinsicht eine Woche der Wunden gewesen. Jack musste immer noch eine Möglichkeit finden, mit dieser AmericAid-Frau zurechtzukommen. Er wusste, dass es schwierig sein würde. Diplomatie gehörte nicht gerade zu seinen Stärken.
    Ein Streifenwagen blieb am Eingang stehen, und ein übergewichtiger Mann in Uniform stieg aus. Er schlenderte in einer Haltung träger Autorität zum Empfangstisch, während sein Partner in dem dunklen

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