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Die Tränen der Massai

Die Tränen der Massai

Titel: Die Tränen der Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Coates
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die fünfzig Shilling gemeint hatte.
    Sie folgte ihrem neuen Onkel in einem oder zwei Schritten Abstand und versuchte, etwas Bewundernswertes an ihm zu entdecken. Nackte Fußknöchel, dünn und staubig, waren zwischen seinen blauen Hosenbeinen und den braunen, schnürsenkellosen, abgestoßenen Schuhen zu sehen. Am Ellbogen der braunen Jacke prangte ein Fettfleck.
    Onkel führte sie mit raschem Schritt die River Road entlang. Ein paar Gebäude hatten Säulen, beeindruckende Eingänge und wild geschmückte Balkone im ersten Stock. Andere waren bescheidener und aus nacktem Holz, obwohl es aussah, als wären sie früher einmal bemalt gewesen. Ein paar Häuser hatten auch Türmchen und Türme, was Malaika an die Moschee in Mwanza erinnerte. Es gab kleine Buden an der Straße, in denen Kochutensilien und Eisenwaren verkauft wurden; in anderen gab es alle mögliche Kleidung, Hüte und Schuhe. Dazwischen waren die allgegenwärtigen Lebensmittel- und Getränkeverkäufer, und die unwiderstehlichen Düfte quälten Malaika. Swahilitöne erklangen aus vielen Türen, wo junge Männer standen, rauchten und laute Kommentare über die Passanten abgaben. Onkel schloss sich einer solchen Gruppe an einer Bar an einer Straßenecke an, witzelte und schüttelte ein paar Männern die Hand. Er beugte sich für ein paar geflüsterte Worte vor, und die Männer brüllten vor Lachen, während sie Malaika, die beschämt am Rinnstein stand, anzügliche Blicke zuwarfen. Dann gingen sie und Onkel weiter und ließen das Lachen hinter sich zurück.
    Die River Road wurde breiter, und rechts gab es große Stadthäuser, während links der Fluss und auf dessen anderer Seite eine Unmenge kleiner, flacher Häuser zu sehen waren. Onkel ging mit schwingenden Armen und wehenden Jackenschößen weiter. Er sagte: »Machakos-Markt«, als sie an einem Marktplatz vorbeikamen. Die Waren, die hier verkauft wurden, unterschieden sich nicht besonders von denen zu Hause, aber dieser Markt hier war viel größer als der in Mwanza. An der rechten Seite gab es einen weiteren Busbahnhof. Malaika fragte sich, ob ihr Bus vielleicht hier war, verborgen unter den vielen, die zusammengesackt, erschöpft und schief hier standen, auf platten Reifen oder mit durchhängender Federung. Sie überquerten eine Brücke über einen Fluss, der mehr Schlamm als Wasser war. Er roch schrecklich. »Der Nairobi River«, sagte Onkel, ohne langsamer zu werden. Es fiel Malaika nicht schwer, mit ihm Schritt zu halten, aber sie schwitzte und hatte Durst und begann zu bezweifeln, dass Onkel auch nur einen Teil ihrer fünfzig Shilling für so etwas wie eine
Matatu
fahrt ausgeben würde.
    Sie betraten ein Labyrinth von schmalen Straßen mit Unmengen von Häusern, einige ordentlich, andere überwuchert und verwahrlost. Onkel blieb vor der Pumwani-Entbindungsklinik stehen. »Das«, verkündete er mit einigem Stolz, »ist mein Arbeitsplatz.« Er erwartete keine Antwort, wofür sie dankbar war, und marschierte weiter durch schmale Gassen und vorbei an Grundstücken, auf denen sich baufällige Hütten drängten und wo kleine Kinder nackt in der Tür standen und sie anstarrten. Vor einem Gebäude – eigentlich einer wackligen Ansammlung von Baumaterial, bei der Schlammziegel und Wellblech den Hauptanteil bildeten – blieb Onkel stehen. Ohne ein Wort schob er die Tür auf und ging hinein. Malaika nahm an, dass sie ihm folgen sollte.
    Das Zimmer war eine Küche mit einem Bett in der Ecke. In der gegenüberliegenden Wand gab es eine Türöffnung, vor der ein Vorhang hing. Malaika nahm an, dass sich dahinter ein Schlafzimmer befand. Hölzerne Fensterläden waren mit Stäben hochgeschoben worden, damit Licht hereinkam und die frische Luft den Holzrauch, der von dem kleinen Ofen ausging, vertrieb.
    Tante – Malaika konnte nur annehmen, dass sie es war, da man sie nicht vorgestellt hatte – blickte auf, als sie hereinkamen. Auf den ersten Blick schien sie zu jung für Onkel zu sein. Ein kleines Kind saß nackt auf dem Boden und spielte mit einem zerbrochenen Topf, ein Baby wimmerte in einer Wiege, die aus einem halben Lastwagenreifen gebaut war. Als die Frau Malaika kurz ins Gesicht sah, bevor sie den Rest von ihr betrachtete, bemerkte Malaika, dass ihre Augen blutunterlaufen und gelblich waren, wo sie hätten weiß sein sollen, und müde. Sehr müde.
    »Du bist also gekommen«, sagte sie und mischte weiter gehacktes Gemüse in einen Brei aus
Ugali.
    »Ja … ich bin gekommen … aus Mwanza.«
    Onkel ging

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