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Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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und ließ sich nachschenken.
    Schwanzwedelnd und mit aufgestellten Ohren schnüffelte Prunelle unter dem Tisch nach heruntergefallenen Krümeln, um sich dann enttäuscht wieder zu Marguerite zu legen, weil sie nichts gefunden hatte.
    René stand hinter Louise, bereit, ihr augenblicklich jeden Wunsch zu erfüllen. Es war ihm etwas peinlich gewesen, dass Jeannette ihn eben so freundschaftlich berührt hatte, aber die Comtesse schien nichts dagegen zu haben. Also wartete er auf ein Zeichen von Louise, um dem Diener zu sagen, dass er nachschenken solle, sobald ein Glas geleert war, oder die vierzinkige Gabel reichen, wenn jemand noch ein Stück Fleisch nehmen wollte.
    Louise war viel zu aufgeregt, um auf ihre Tochter zu achten. Dabei war ihr durchaus bekannt, dass Charles bei jedem seiner Besuche die wache Intelligenz ihrer Tochter lobte und es nie versäumte, ihr Komplimente über ihren Charme und ihre Anmut zu machen.
    Antoinette war wieder aus den rührseligen Erinnerungen an die leidenschaftliche Zeit mit ihrem Charles aufgetaucht und hatte nichts Besseres zu tun, als die Anwesenden zu beobachten. Dabei hatte sie Bourbon schon mehrfach überrascht, wie er das junge Mädchen ansah.
    Die Tauben mit Kürbis waren beeindruckend. Sehr selbstbewusst war Jeannette wieder bei Tisch erschienen und erkundigte sich, ob es den Gästen gemundet hatte, weigerte sich aber entschieden, ihr Rezept zu verraten.
    Nach den üblichen Komplimenten über ihre Kochkünste verschwand sie wieder in die Küche und kehrte wenig später mit einem Diener zurück, der den nächsten Gang auftrug.
    Sie hatte das große Geflügel nach dem Kochen in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt, und nun thronte es mit all
seinen grünen und braunen Federn auf einem Bett aus Erbsen und wirkte mit seinem starren Blick und dem orangefarbenen Schnabel beinahe aggressiv.
    Schnell war die Ente von ihren Federn befreit und tranchiert, und jeder durfte sich ein Stück aussuchen und auf sein Holzbrett legen.
    Zu dem Federtier wurde ein anderer Wein serviert, ein kräftigerer dunkler Roter. Charles aß mit großem Appetit. Wenn er sich nicht gerade mit Louise unterhielt, wandte er sich an Marguerite und stellte ihr Fragen, die leicht zweideutig zu verstehen waren.
    »Als wir uns das letzte Mal sahen, habt Ihr Griechisch gelernt«, sagte er und stellte den Becher ab, den er gerade geleert hatte. »Dieses Land liebe ich ganz besonders. Wusstet Ihr, dass man in einem sehr alten Palazzo in Mailand Teller und andere Gegenstände aus dem antiken Griechenland entdeckt hat?«
    »Das ist allerdings erstaunlich«, meinte Marguerite, der es peinlich war, dass Charles mehr mit ihr als mit ihrer Mutter sprach. Mehr sagte sie nicht dazu, weil Charles auch schon wieder das Wort ergriff und sich nachschenken ließ.
    »Leider beherrsche ich das Griechische nicht. Ist es denn genauso faszinierend wie Italienisch?«
    »Eine tote Sprache mit einer lebenden zu vergleichen ist so, als wollte man Floh und Ameise vergleichen. Der eine hüpft, die andere läuft die ganze Zeit.«
    Über diesen Vergleich musste Marguerite lächeln. Ihre Mutter war wirklich sehr schlagfertig. Sie musterte den Duc de Bourbon. Gewiss, er war schön, jung und verführerisch und sonnte sich im Ruhm seiner italienischen Feldzüge. Du lieber Himmel! Ihr entfernter Cousin ging ihr aber schon sehr auf die Nerven mit seinem aufdringlichen Gehabe, seinen Fragen und Antworten! Warum konnte ihre Mutter nicht mit ihm allein zu Abend essen?
    Sie wich seinem fordernden Blick aus und konzentrierte sich auf das andere Ende des Tischs. Antoinette verfütterte gerade einen Leckerbissen an Prunelle, sah dann aber wieder besorgt aus.
    Als Madame de Polignac den Herzog von Bourbon ansah, stellte Marguerite fest, dass sie ihn genauso wenig zu mögen schien wie er sie. Wieder bedauerte sie, dass ihre Mutter darauf bestanden hatte, dass sie beide an dem Essen teilnahmen, das sich allmählich zu einem Gelage entwickelte und sehr in die Länge zog. Und von Gang zu Gang machte ihr der Herzog immer offensichtlicher den Hof.
    »Griechisch ist die schwierigste von allen Sprachen, lieber Vetter, und ich habe leider nur Grundkenntnisse«, erklärte Marguerite und wandte sich an ihre Mutter, die Prunelle ein Stückchen Fleisch gab.
    Beim Anblick ihres Hündchens, das immer auf einen Leckerbissen hoffte, musste Marguerite wieder lächeln. Mit ihrer schönen Hand, die noch kein Ring schmückte, streichelte sie den weichen Kopf von

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