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Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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füllte.
    »Es freut mich, dass Ihr das zu schätzen wisst, Charles.«
    Einen Moment lang fühlte sie sich in den strengen Speisesaal zurückversetzt, in dem sie als Kind ihre stets frugalen Speisen zu sich genommen hatte. In dieser Hinsicht ähnelte Anne de Beaujeu ihrem Vater gar nicht, der ein ebenso großer Gourmand wie Gourmet gewesen war und gern und viel getrunken hatte.
    Anne de Beaujeu hatte bei Tisch nie großzügig aufgefahren, weshalb ihre Gäste auch nie richtig in Stimmung gekommen waren.
    Das Kompliment von Charles schmeichelte ihr natürlich.
    »Die Köche der Königin haben auch nicht mehr zu bieten als unsere Jeannette«, sagte sie stolz und reichte ihrem Gast ihre weiße Batistserviette, damit er sich den Mund abtupfen konnte.
    Louise hatte nämlich gerade diese neue Tischmanier übernommen: Man wischte sich Mund und Finger mit einem feinen Leinentuch ab, das unter den Gästen weitergereicht wurde.
    So war es auch nicht weiter erstaunlich, dass man sich in Italien
an den Höfen in Rom und Mailand bereits nicht länger die fettigen Finger am Tischtuch abputzte. Diener reichten dafür saubere Servietten und Schälchen mit lauwarmem Wasser herum.
    Louise freute sich, wie überrascht ihr Gast war. Sie wusste, dass ihre feinen weißen Servietten so viel Eindruck bei ihren Gästen hinterließen, dass sie diese Errungenschaft dann meist auch bei sich zu Hause und anderswo einführten.
    Charles wollte ihr die Serviette höflich zurückgeben, aber der Diener nahm sie und reichte sie Marguerite, und als diese sich damit manierlich den Mund abgewischt hatte, reichte er sie an Antoinette weiter.
    Das Ganze ging schweigend vonstatten, und erst als sich Louise davon überzeugt hatte, dass der Diener in die Küche verschwunden war, schenkte sie ihrem Gast einen strahlenden Blick aus ihren grünen Augen.
    »Jeannette hat Euch eine Ente mit Erbsen zubereitet, mit der sie ihr Können unter Beweis stellt, mein lieber Charles.«
    Da tauchte die junge Köchin in der Tür auf, gefolgt von Prunelle, Marguerites kleinem Hündchen. Prunelle war mit einem Satz bei ihrer Herrin, rieb ihre Schnauze an ihren Füßen und verschwand sofort wieder auf der Suche nach irgendwelchen interessanten Gerüchen.
    Eine Hand in der Hüfte trat Jeannette an den üppig gedeckten Tisch. Um ihre Taille zeigten sich erste kleine Rundungen, aber sie war noch immer schön schlank und bewegte sich sehr anmutig.
    Die gestärkte weiße Schürze, die sie über ihrem grauen Leinenkleid trug, und die dazu passende Haube auf ihrem hübschen blonden Haar deuteten darauf hin, dass sie hier in der Küche das Sagen hatte.
    Natürlich war Jeannette stolz auf ihren Rang als Meisterköchin, zu dem sie es in Königin Annes Küchen nie gebracht hätte, wo der
Oberkoch ihr nur immer unter den Rock greifen wollte und gar nicht merkte, was sie konnte. Mit Hilfe von Catherine, die inzwischen ihre Freundin war, hatte sie Louise dort zum Glück weggeholt.
    Sie ging zu René und legte ihm die Hand auf die Schulter. Louise war diese Geste der Zuneigung schon öfter aufgefallen.
    Louise verfügte nicht über genug Geld, um sich mehr Personal zu leisten. Deshalb hatte sie auch nur einen Pagen, ebendiesen René. Der gelehrige Junge war zwölf Jahre alt und lebte in bescheidenen Verhältnissen, bis er in die Dienste von Louise trat.
    Wegen ihrer permanenten Geldnot, die die Comtesse sehr beklagte, war es ihr nicht möglich, ihr Personal aus dem Adel zu rekrutieren, weil sie sonst viel mehr für die gleichen Leistungen hätte zahlen müssen.
    Aber was spielte das schon für eine Rolle? Louise suchte sich ihre Leute eben nach ihren Fähigkeiten und nicht nach ihrer Herkunft aus.
    »Ist es recht, wenn ich die Tauben mit Kürbis vor der Ente auf Erbsen serviere, Madame?«, fragte Jeannette und wartete höflich auf ein Kompliment der Gäste.
    »Aber ja, Jeannette, erst den Kürbis, dann die Erbsen!«, sagte Louise mit etwas übertriebenem Nachdruck. Dann rückte sie ihr Holzbrett zurecht und bat um ein weiteres Glas Wein.
    »Ihr müsst nämlich wissen, Charles«, sagte sie, und es entging ihr nicht, dass er ständig Marguerite ansah, »dass meine Köchin Küchengeheimnisse hütet, die man an vielen europäischen Höfen nur allzu gern kennen würde.«
    »Und was für eine Rolle spielt da Eure Ente auf Erbsen?«, fragte Charles freundlich.
    »Erbsen kurz vor dem Käse liegen einem doch nicht schwer im Magen.«
    Bourbon winkte ab und tat es der Comtesse gleich. Er nahm sein Glas

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