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Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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Augen, wenn sie sich auf den Weg zu ihrem Geliebten machte! Warum vergönnte es ihm der Himmel nicht, dass sie wegen ihm über das ganze Gesicht strahlte? Dabei
könnte er sie restlos glücklich machen! Es gäbe so vieles, was sie außer ihrer Arbeit gemeinsam unternehmen könnten.
    Mathias fühlte sich trostlos, und auch der kleine Nicolas konnte nicht verhindern, dass er ständig über seine unglückliche Liebe grübelte.
    Er sah Alix in die Augen, und das Herz zerriss ihm beinahe vor Schmerz. Kaum war sie zurückgekommen, wollte sie auch schon wieder weg. Wie lange würde es wohl diesmal dauern, bis sie wiederkam? Mathias wusste, dass sie in Amboise gewesen war und dort Sire Van de Veere getroffen und mit ihm und der Comtesse d’Angoulême über Geld gesprochen hatte. Außerdem wusste er, dass sie nach ihrer Rückkehr aus Italien nach Brügge reisen wollte, wieder in Begleitung dieses verfluchten Mannes, den er verabscheute. Er verabscheute sogar sein Geld, das aus Alix eine Persönlichkeit gemacht hatte, über die man in den Kreisen der Teppichweber sprach. Gehörten die Arbeiten, die ihre Werkstätten verließen, etwa nicht zu den wichtigsten von ganz Tours und Umgebung?
    Natürlich war Mathias nicht unbekannt, dass eine Reise nach Italien in diesen unruhigen Zeiten wesentlich gefährlicher war als eine nach Brügge.
    »Was willst du überhaupt in Italien, Alix?«, fragte er sie noch einmal leise, als sie sich von ihm verabschiedete.
    Sie wagte nicht, ihm zu antworten. Er stand mit hängenden Schultern vor ihr und machte ein todtrauriges Gesicht. Plötzlich nahm er sie in die Arme und küsste sie auf den Mund. Sie ließ es sich einen Augenblick gefallen, als er sie aber mit verzweifelter Sehnsucht noch fester an sich drückte, machte sie sich von ihm frei.
    »Du weißt doch, dass ich wiederkomme, Mathias. Ich werde auf keinen Fall in Florenz bleiben.«
    »Alix, ich bitte dich!«, flehte er wie ein Ertrinkender, der sich an einen Strohhalm klammert, »was kann dir dieser Mann schon geben, außer dass er deinen Namen bekannt macht und deine Werkstätten absichert? Er wird dich bald wieder vergessen.«
    Er versuchte sie an sich zu ziehen, doch sie schob ihn sanft, aber entschieden weg. Mathias spürte, dass sie ihm zu entgleiten drohte, und streckte verzweifelt den Arm aus, um sie zurückzuhalten, aber da war sie schon nicht mehr da. Sie lief weg, ohne sich nach ihm umzudrehen, weil sie einen plötzlichen Sinneswandel befürchtete, der sie nur aufhalten würde. Mathias liebte sie so sehr, und im Grunde ihrer Seele wusste Alix auch, dass er Recht hatte – dass sie in Florenz oder in Brügge nichts verloren hatte, sondern im Val de Loire bleiben sollte, wo sie in Wahrheit hingehörte.
    Sie lief zur wartenden Kutsche, vor die ihre vier Pferde gespannt waren: Der gute, alte Cäsar, die sanfte Schimmelstute Cesarine, die nicht ohne ihren feurigen Fuchs Jason sein konnte, und der schöne Hector, der ganz gern einmal seinen Stall verließ, auch wenn man ihm zweimal im Jahr die schönsten Stuten aus der ganzen Gegend dorthin brachte.
    Alle vier stampften schon und scharrten ungeduldig mit den Hufen. Leo hatte seinen Platz auf dem Kutschbock eingenommen, und Constance steckte den Kopf aus dem kleinen Fenster, um ihrer Freundin zu bedeuten, dass es Zeit für den Aufbruch sei.
    Angela saß ein wenig steif neben ihr und versuchte ein zaghaftes Lächeln für Julio, der sie gehen lassen musste, weil Alix sie zu ihrer Unterstützung brauchte, falls sie ihr Kind doch in Florenz zur Welt bringen sollte.
    »Sei nicht traurig, Julio«, sagte Alix zu ihm, ehe sie in die Kutsche stieg. »Wenn wir zurück sind, kannst du sie fragen, ob sie deine Frau werden will. Ich bin sicher, sie sagt ja.«
    Er machte ein verdutztes Gesicht.
    »Vielleicht begegnet sie aber in Italien ihrer großen Liebe?«
    »Bestimmt nicht«, meinte Alix mit einem Lächeln. »Das werde ich zu verhindern wissen, weil ich weiß, dass du sie glücklich machen wirst.«
    Er strahlte vor Freude, wünschte Alix eine gute Reise und winkte ein letztes Mal Angela, die ihn mit ihren schönen blauen Augen still ansah.
    Endlich setzte sich die Kutsche in Bewegung, und Leo fuhr auf die Straße nach Nevers und Dijon. Alix hatte aber beschlossen, dass sie nicht in der schönen Hauptstadt Halt machen wollten. Dabei würden sie nur unnötig Zeit verlieren. Außerdem verstand sich Constance nicht besonders mit ihrer Mutter und war froh, Dijon verlassen und nach Florenz

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