Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tränen der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
Vom Netzwerk:
Körperformen nach zu schließen war es gerade erst dabei, eine Frau zu werden. Alles an ihm war wohlgeformt – schlanke Beine, zierliche Fesseln, kleine Füße.
    »Eintausendachthundert Dukaten für das Mädchen und ihren Bruder«, wiederholte der Händler. »Dafür kriegt Ihr ein schönes Paar, das für Eure Entspannung und Unterhaltung sorgt, Monsieur, wie am Hof der hohen Herrn. Der junge Mann ist nämlich Musiker, und seine Schwester singt. Sie haben früher im Harem eines türkischen Sultans gelebt.«
    »Mich interessiert nur das Mädchen«, entgegnete der Genueser, und seine Augen funkelten gierig. »Ich gebe dir achthundert Dukaten.«
    »Tausend!«, rief der Sklavenhändler.
    Der Schrei einer verwundeten Gazelle, den die Sklavin ausstieß, riss sie aus ihrer Begeisterung. Der Händler ließ seine Peitsche dicht neben ihren Ohren knallen, ohne sie jedoch zu berühren.
    »He! Pass auf, dass du das Mädchen nicht verletzt, das angeblich so schön singen kann! Ich biete neunhundert Dukaten.«
    »Nein!«, schrie die Sklavin verzweifelt, »nein!«
    »Halt den Mund, Tania, sonst kriegst du meine Peitsche zu spüren!«, brüllte der Sklavenhändler.
    »Tausenddreihundert für alle beide!«, rief da plötzlich Alix und warf dem reichen Genueser einen abschätzigen Blick zu.
    Der Mann ging auf Alix zu, musterte sie von oben herab, roch ihr teures Parfum, taxierte ihren wertvollen Mantel, ihr eindrucksvolles und selbstsicheres Auftreten, deutete mit dem Zeigefinger auf die Geschwister und sagte spöttisch:
    »Tausendvierhundert für die zwei.«
    »Aha!«, sagte der Sklavenhändler und grinste anzüglich. »Ihr wollt Euch also doch Gesang und Musik gönnen?«
    »Tausendvierhundertfünfzig Dukaten«, bot Alix jetzt und kam näher.
    »Tausendfünfhundert«, sagte der Mann und ließ seinen ausgestreckten Arm sinken.
    Alix baute sich vor dem Genueser auf und musterte ihn, und ihre braunen Augen hielten seinem kalten Blick stand. Der Mann sah sehr gut aus, und Alix spürte, dass er das schamlos ausnutzte.
    »Tausendfünfhundertfünfzig«, sagte sie ganz ruhig, während sie sich suchend nach Constance umsah, die noch immer mit dem Unbekannten sprach.
    Alix musste sichergehen, dass sie in der Nähe war, falls sie den Zuschlag für die Sklaven bekommen sollte, weil sie nicht genug Geld bei sich hatte und Constance ihr aushelfen musste. Nach ihrem letzten Gebot schien der Genueser zu zögern. Was sollte er mit einem derart teuren Sklaven, wenn er doch eigentlich nur ein hübsches und auch noch kultiviertes junges Mädchen wollte, damit es gelegentlich sein Lager teilte? Doch schon schmolzen seine Zweifel wie Schnee in der Sonne.
    »Ich biete tausendsechshundert Dukaten«, sagte er ein wenig zornig, aber überzeugt, dass er damit gewinnen würde.
    Begeistert beobachtete der Sklavenhändler, wie sie sich gegenseitig überboten. Ach, wie sehr er es liebte, wenn zwei konkurrierende
Käufer den Preis in die Höhe trieben, ohne dass er etwas dazu tun musste!
    Jetzt begann Alix zu zittern. Wohin sollte das noch führen? Dieser Mann war offensichtlich viel reicher als sie. Sie ahnte, dass er höchstens aufgeben würde, wenn er den Preis so hoch getrieben hatte, dass sie es bereuen würde. Also musste sie sich eine andere Strategie ausdenken.
    Er öffnete den Mund, wohl um sie wieder zu überbieten. Sie musterte ihn schweigend und kam ihm dann so nahe, dass sich ihre Gesichter beinahe berührten. Als sie ihn mit Blicken herausforderte, sah sie die Eiseskälte in seinen Augen.
    »Siebzehnhundert«, sagte sie ganz leise, und ihr Mund streifte seinen beinahe. »Tut mir den Gefallen und überlasst mir die beiden, Messire. Ich brauche unbedingt zwei junge gebildete Leute, muss aber bald zurück in meine Heimat, nach Frankreich, wo es keine Sklavenmärkte gibt.«
    Mit ihrem Oberkörper berührte sie ganz sachte den starken Genueser. Ihr Mund kam seinem so nahe, dass sich ihre Lippen fast begegneten. Er roch ihr süßes und zugleich herbes Parfum. Sie duftete nach Rosen, Lilien und Veilchen.
    Hatte sie ihn überrascht? Oder vielleicht sogar verwirrt? Wollte er endlich den hohen Herrn spielen? Egal, Alix ließ sich nicht unterkriegen. Die Augen ihres Gegenspielers funkelten jetzt so wie zuvor, als er die junge Sklavin betrachtet hatte. Alix spürte, dass sie gewonnen hatte.
    »Abgemacht, ich überlasse sie Euch für siebzehnhundert Dukaten«, knurrte er.
    Alix lächelte zufrieden und trat einen Schritt zurück, um ihm zu zeigen, dass die Sache

Weitere Kostenlose Bücher