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Die Traenen des Mangrovenbaums

Die Traenen des Mangrovenbaums

Titel: Die Traenen des Mangrovenbaums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne de Witt
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ist so jung und süß und frisch, kleine Schneerose …«
    Auf die Ellbogen gestützt, rutschte er näher heran, immer vorsichtig auf sein krankes Bein bedacht, aber auch magisch angezogen von der nackten Schönheit seiner jungen Frau. Mit einer Scheu, die sie berührte, drückte er die Lippen auf ihren Bauch, dann auf ihre Brust. Anna Lisa durchlebte einen Strudel der Verwirrung. Das Wort »Brustwarzen« hatte ihr einen leichten Schock versetzt, als Kind hatte sie einmal Schelte bekommen, weil sie angesichts einer Bronzestatue danach gefragt hatte, und noch nie hatte jemand ihren Bauch oder ihren Busen geküsst. Aber es war angenehm, und als sie sah, wie schüchtern ihr junger Gatte war, überkam sie eine tiefe, innige Zärtlichkeit für ihn. Sie schob die gespreizten Finger in sein Haar und kraulte ihn liebevoll.
    Simeon rückte unauffällig abwärts. Bauch. Hüften, Venushügel. Er küsste den bernsteinfarbenen Haarbusch zwischen ihren Schenkeln, wagte sich aber nicht weiter. Eben als sie anfing zu wünschen, er würde mehr Nachdruck in seine Zärtlichkeiten legen, zog er sich mit einem frustrierten Stöhnen zurück und wandte sich von ihr ab.
    Anna Lisa warf rasch ihr Nachthemd über und schmiegte sich an seinen Rücken. »Was ist mit dir, Liebster? War dir etwas unangenehm?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich kann es einfach nicht. Ich wollte dich so gerne sehen, und du bist so hübsch anzusehen und riechst so gut, aber wenn ich dir nahe komme, dann … dann ist es, als wollte ich etwas Böses von dir, und ich habe ein schlechtes Gewissen, und mein Körper weigert sich.« Plötzlich brach er unvermutet in Tränen aus. »Was hast du für einen Idioten geheiratet! Mein Vater hatte recht, ich bin einfach untauglich zur Ehe.«
    »Nun komm! Du weißt genau, dass dein Vater das nur aus Gemeinheit gesagt hat, weil deine Botanik ihn ärgerte. Nach allem, was ich bis jetzt erlebt habe, bist du sehr tauglich. Aber wir sind eben beide sehr unerfahren, es liegt wohl daran.«
    »Nein.« Diesmal war seine Stimme fest; er war entschlossen, die Wahrheit zu sagen. »Es hat mit etwas anderem zu tun. Ich habe meiner Mutter versprochen, nie eine Frau so zu verletzen, wie mein Vater sie verletzt hat.«
    »Aber du verletzt mich doch gar nicht. Ich fand es sehr angenehm.«
    »Ich war ja auch erst am Anfang. Eine Weile geht es, aber dann sehe ich alles wieder vor mir, ihren Zorn, ihre Tränen, ihren Abscheu – ich weiß, sie verabscheute mich auch dafür, dass ich genau eine solche Kreatur wie mein Vater bin, obwohl sie mich sonst sehr liebte …« Die Worte strömten mit wachsender Verzweiflung aus ihm heraus, und Anna Lisa, die sich vollkommen überfordert fühlte, konnte nichts anderes tun, als sich zärtlich an seinen Rücken zu schmiegen und ihn umschlungen zu halten, während er seine ganze Last vor ihr ablud. Als er sich schließlich, erschöpft von seinem Ausbruch, einigermaßen beruhigte, bemühte sie sich, ihn zu trösten.
    »Ich weiß, dass es Frauen gibt, die unter ihren Männern leiden und sie mit gutem Grund verabscheuen. Aber du bist kein solcher Mann. Du bist lieb und zart zu mir, und ich finde nicht das Geringste an dir abscheulich. Es hat dir doch auch immer gefallen, wenn ich mit deinem … Männeken gespielt habe.«
    »Ja, weil ich dir dann nicht wehtue. Es liegt alles in deinen Händen. Du könntest mir wehtun, aber ich dir nicht.« Er sprach nicht weiter, sondern quälte sich aus dem Bett und griff nach dem Etui mit seinem Rasierzeug. Anstatt nach Pahti zu rufen, hinkte er mit zusammengebissenen Lippen, auf ein Möbelstück nach dem anderen gestützt, aus dem Zimmer.
    Er kam nicht wieder. Als Anna Lisa schließlich nachsehen ging, fand sie ihn draußen im Schatten der Veranda in einem Korbstuhl sitzend. Das Etui lag neben ihm, und er drückte ein Stück Verbandmull auf die blutigen Schnitte an seinem Arm. Als sie ihn ansprechen wollte, sagte er in scharfem Ton: »Geh. Lass mich allein. Miete dir eine Kutsche und mach mit deinem Fräulein eine Rundfahrt durch Anjer.«
    Es erschien ihr als das Klügste, ihm zu gehorchen, denn so weit kannte sie ihn schon, dass mit ihm jetzt nichts anzufangen war. Vielleicht war er am nächsten Tag besser gelaunt.
    Herr Schuit arrangierte bereitwillig, dass den beiden Damen ein zweisitziger Wagen samt Kutscher bereitgestellt wurde, und Anna Lisa machte ihren ersten Ausflug in das Land, in dem sie die nächsten Jahre verbringen sollte.
    Es war ein schöner Abend; nur der leichte

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