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Die Traenen des Mangrovenbaums

Die Traenen des Mangrovenbaums

Titel: Die Traenen des Mangrovenbaums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne de Witt
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Mijnheer Zeebrugge, dann werden wir in den nächsten Tagen sehr schwerwiegende Entscheidungen treffen müssen. Mein Mann ist krank, und ich weiß nicht, wann er wieder imstande sein wird zu reiten. Also muss eben ich in die Bresche springen, wer sonst? Zwei Stunden Weges zu Pferd werde ich wohl schaffen. Ist es gefährlich, sich der Plantage zu nähern?«
    »Nein, nur hineingehen dürfen Sie nicht, vor allem nicht ins Gutshaus oder die Baracken der Arbeiter, da alles von den Kranken und Toten verschmutzt ist. Man kann einen kleinen Hügel hinaufreiten, von dem man einen schönen Blick über die gesamte Anlage hat. Das müsste Ihnen fürs Erste genügen.«
    Sie nickte. Eine jähe, bleierne Müdigkeit überkam sie. »Mijnheer Zeebrugge, ich danke Ihnen ganz herzlich, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, uns diese Nachricht zu überbringen. Wollen wir uns morgen um acht Uhr zum Frühstück treffen? Hier im Hotel? Übrigens … falls Sie unseretwegen Auslagen hatten …«
    Er wehrte ab. »Nein, ein so armer Mann bin ich nicht, dass Sie meine Auslagen übernehmen müssten. Vielleicht bin ich ja auch sehr selbstsüchtig darin, dass ich Ihnen zu Hilfe gekommen bin.«
    Mit diesem kryptischen Satz verabschiedete er sich.
    Die Anne-Kathrin hatte auf ihrer Fahrt nach Java noch nicht einmal Padang erreicht gehabt, als Bartimäus Vanderheyden die niederschmetternde Nachricht erhalten hatte – per Telegramm der Nachrichtenagentur Reuter von der Königlich-Niederländischen Bank in Batavia, die sein Vermögen vor Ort verwaltete. Er musste sich setzen, denn seine Knie wurden plötzlich weich, und die Buchstaben verschwammen ihm vor den Augen. Mit zitternder Hand klingelte er dem Diener und befahl, Godfrid zu ihm zu schicken.
    Der junge Mann erschien prompt. Ein Ausdruck des Erschreckens zog über sein sonst so ausdrucksloses, breites, lehmig bleiches Gesicht, als er den Vater mit verkniffenen Zügen dasitzen sah, seltsam zusammengeschrumpft, als hätte die Wucht der Nachricht ihn körperlich niedergedrückt. »Was gibt es?«, fragte er heiser.
    »Lies.« Bartimäus reichte ihm das Telegramm.
    Godfrid las. Auch er brauchte eine gute Minute, bis er sich wieder gefasst hatte. »Das sind schlimme Nachrichten«, sagte er. »Was wirst du tun?«
    »Was soll ich schon tun? Du musst hinfahren. Die Quarantäne kann nicht auf ewig verhängt werden. Sobald die Plantage wieder freigegeben wird, musst du dort alles in Ordnung bringen.«
    Der junge Mann antwortete nicht gleich. Widerstreitende Gefühle tobten in ihm, die er sich freilich äußerlich nicht anmerken ließ. Einerseits bedeutete dieser Auftrag seines Vaters einen gewaltigen Vertrauensbeweis. Andererseits widerstrebte ihm der Gedanke, nach Java zu reisen. Er war zwar noch nie dort gewesen, aber aus den Berichten der Kapitäne und Händler hatte er sich sein eigenes Bild von der Insel gemacht. Es war ein verrottetes Volk, das dort hauste. Die Europäer waren, auch wenn Godfrid das nie laut gesagt hätte, der Abschaum ihrer Rasse, Leute, die schon wussten, warum sie sich im Dschungel versteckten. Und der Rest war aus aller Welt zusammengelaufenes Gesindel, braune Kaffern, fette Araber und jede Menge schlitzäugige Zitronengesichter, hinter deren ewig lächelnden Visagen sich die tödliche Macht ihrer Geheimbünde verbarg. Und aufsässig waren die Farbigen dort! Noch vor zehn Jahren war alles anders gewesen. Da waren Herren noch Herren, und was die Herren taten, war rechtens gewesen, das hatten die Eingeborenen akzeptiert. Aber jetzt, wo jeder Kaffer, der einen Anzug trug und ein paar Worte Holländisch sprach, sich für einen Mijnheer hielt, wurden sie frech und verlangten, dass Weiße und Farbige gleich behandelt wurden – als hätte Gott nicht gewusst, was er tat, als er unterschiedliche Rassen erschuf!
    Aber wie Godfrid Brägens keine Rücksicht auf die Gefühle anderer Menschen nahm, so nahm er auch keine Rücksicht auf seine eigenen. Mochte ihm das Land und seine Menschen auch zuwider sein, das Schicksal der Firma stand auf dem Spiel. Jetzt, wo der Alte praktisch alles in seine Hände legte, konnte er nicht kneifen. Und außerdem hatte er noch eine ganz private Sorge: Was würde seine Mutter tun, wenn sie von Henry Wolkins’ Tod erfuhr? Es war ihr glatt zuzutrauen, dass sie den Typhustod des Verwalters als freundliches Vorzeichen sah, als Ermunterung, ihren eigenen Plan auszuführen und das junge Ehepaar alsbald aus dem Weg zu räumen!
    »Wenn du mir schon einmal die

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