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Die Traenen des Mangrovenbaums

Die Traenen des Mangrovenbaums

Titel: Die Traenen des Mangrovenbaums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne de Witt
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nun einmal nicht haben, auch wenn sie nachts von ihm träumte und in Gedanken bei ihm war, während sie ihren Gatten liebkoste.
    Schließlich verließ sie den Balkon und ging zu Bett. Sie schlief unruhig, und plötzlich wachte sie auf. Wäre Simeon da gewesen, so hätte sie den schwachen, ungewohnten nächtlichen Geräuschen keine Aufmerksamkeit geschenkt, aber seine Abwesenheit machte sie unsicher – und es waren heimliche, verstohlene Geräusche, die von draußen hereindrangen. Noch halb schlafend hatte sie ein Pferd über die Lichtung jagen gehört, pfeilschnell, aber mit so leichtem Hufschlag, dass er erst deutlich hörbar wurde, als es auf die Steinplatten vor dem Haus trat. Jemand musste den Reiter erwartet haben, denn es blitzte das Licht einer Laterne auf, und das Pferd wurde in den Stall geführt, dessen Tür sie knarren hörte. Dann erlosch der Laternenschein, jemand huschte ins Haus, und in der Stille der Nacht war deutlich das Geräusch zu vernehmen, mit dem die Riegel vorgeschoben wurden.
    War das Raharjo, der zu so später Stunde gekommen war? Aber würde man den Hausherrn mit solcher Heimlichkeit einlassen? Sie wusste inzwischen genug über den Haushalt, dass üblicherweise ein Dutzend Diener und Mägde diensteifrig herbeieilte, mochte es Tag oder Nacht sein, wenn der Herr kam. Aber jetzt war kein Laut zu hören.
    Doch, da war ein Laut!
    Es pochte sanft an ihre Tür.
    Geh nicht!, rief es in ihr. Stell dich schlafend, mach nicht auf, sieh nicht nach, wer da ist!
    Aber der Teufel in seiner goldenen Gestalt hatte längst die Oberhand gewonnen. Sie eilte zur Tür und schob den Riegel zurück. Vor ihr stand im Schein eines winzigen Öllichts, das er in der flachen Hand hielt, Herr Raharjo und lächelte sie an. Es war kein verführerisches und auch kein triumphierendes Lächeln. Er fand es nicht nötig, um sie zu buhlen, und er rechnete sich seine Eroberung nicht als Sieg an; er wusste längst, dass sie ihn begehrte, und er erfüllte einfach seinen Teil einer Verabredung, die sie ohne ein Wort längst getroffen hatten. Als er ins Zimmer trat, tat er es mit der Selbstverständlichkeit eines Ehemannes. Er schloss die Tür hinter sich, schob den Riegel vor und stellte das Öllicht auf die Anrichte. Ihrer beider Schatten tanzten im Schein der winzigen zuckenden Flamme wie Wayang-Puppen.
    Lautlos ließ er seinen bunten Hausmantel über die Schultern herabgleiten und zu Boden fallen. Nur in ein loses, knielanges Lendentuch gehüllt, stand er vor ihr. Anna Lisa rührte sich nicht, als er den Hausmantel, den sie nur flüchtig übergeworfen hatte, von ihren Schultern zog. Es war, als hätte er sie zu einem Tanz aufgefordert, dessen Schritte sie nie gelernt hatte – und war es nicht so? Hier stand sie keinem unbeholfenen, von Ängsten geplagten Jüngling gegenüber, sondern dem Ehemann zweier junger Frauen und dem Bettgenossen wer weiß wie vieler Konkubinen, einem erfahrenen Mann also, und sie konnte nichts anderes tun, als sich seiner Führung zu fügen. Er verstand sie; er machte ihr keinen Vorwurf aus ihrer hölzernen Unsicherheit, sondern leitete sie mit fester Hand Schritt für Schritt. Sie brauchte nichts zu tun als sich ihm anvertrauen. Und das tat sie, überwältigt nicht nur von seiner sexuellen Erfahrung, sondern von der Macht seiner Persönlichkeit, die ihr in diesen Nachtstunden stärker denn je erschien, von einer Glut erfüllt, die ihren Ursprung nicht in ihrem Beisammensein hatte. Sie fühlte instinktiv, dass er kurz zuvor etwas erlebt haben musste, das ihn über sich selber hinaushob. Er war schon in Ekstase gewesen, als er an ihre Tür gepocht hatte, aber in einer anderen Art von Ekstase. Er war aus einem Kampf heimgekehrt – als Sieger.
    Es wurde ihr ganz plötzlich bewusst, als sie inmitten des fremdartigen, pikanten Geruchs, den sein Körper ausströmte, Schießpulver an seinem Haar roch, als sie im Zwielicht aus Mondschein und dem blakenden Lämpchen blutige Schrammen an seinen Armen sah. Aber die Erkenntnis ging unter in der Seligkeit, in die er sie führte.
    Sie war erschöpft vor Glück, als er sich Stunden später aus ihrer Umarmung loswand. Sein Körper glänzte silbern in dem Streifen Mondschein, der durch das vergitterte Fenster fiel. Ein letztes Mal beugte er sich über sie und küsste sie, dann legte er den Finger auf ihre Lippen. Dicht an ihrem Ohr flüsterte er: »Sie haben nur geträumt, Mevrouw. Es ist nie geschehen und wird nie wieder geschehen. Schweigen Sie, wie ich

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