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Die Traenen des Mangrovenbaums

Die Traenen des Mangrovenbaums

Titel: Die Traenen des Mangrovenbaums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne de Witt
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hallten durcheinander, aber da alle Malayalam sprachen, war für die Vanderheydens dem Geschrei kein Sinn zu entnehmen.
    Simeon, der neben dem Fenster stehen geblieben war und vorsichtig durch den beiseitegezogenen Vorhang hinausspähte, sagte plötzlich: »Da kommt ein Mann … ich glaube, es ist Herrn Raharjos schwarzer Diener, aber er huscht durch die Büsche, als wollte er nicht gesehen werden. Jetzt verschwindet er um die Hausecke … Ich glaube, er ist zum Hintereingang hinein. Wahrscheinlich bringt er Nachricht, was geschehen ist.«
    Es musste wohl so gewesen sein, denn mit einem Mal erhob sich im Untergeschoss, wo das gesamte Hauspersonal versammelt war, ein so durchdringendes Wut- und Jammergeschrei, dass Anna Lisa der Atem stockte. Es hörte sich an wie ein Rudel Wölfe, das heulend den Tod seines Anführers beklagt. Sie brach in Tränen aus, und auch Simeon war anzusehen, wie ihm Furcht und Sorge die Kehle zuschnürten. Gesine hockte stumm auf ihrem Stuhl, die Arme um die eigenen Schultern geschlungen. Pahti, der auf dem Boden kauerte und die Arme um Tietjens’ Hals geschlungen hatte, damit sie sich ruhig verhielt, gab wieder, was er aus dem wilden Stimmengewirr auf Malayalam verstand: »Meuchelmörder haben ihn aus dem Hinterhalt erschossen – sein Diener wollte ihn hierherbringen, aber er starb unterwegs – der Schwarze hat den Totenhof angezündet, um die Ehre des Leichnams zu wahren … Dongdo hat die Schützen nicht gesehen, aber die Leute unten sagen, es waren gewiss Holländer, die sich für den Überfall rächen wollten. Es wird viel Blut fließen nach dieser Tat.«
    Simeon schritt zur Tür, er wollte hinunter und sich erkundigen, was los war, aber er fand die Tür, die zur Treppe führte, abgeschlossen.
    »Sie haben uns eingesperrt«, stieß er hervor. »Was zum Teufel hat das zu bedeuten? Was haben sie mit uns vor?«
    Pahti, der sehr blass geworden war, sodass sein braunes Gesicht einen aschgrauen Ton annahm, bemühte sich, ihn zu beschwichtigen. »Mit uns hat das nichts zu tun, Mijnheer. Sie wollen nur nicht, dass wir ihnen jetzt in die Quere kommen.«
    Anna Lisa fühlte, wie eine Welle von Übelkeit über sie hereinbrach. Mit einknickenden Knien wankte sie zum Bett und fiel darauf nieder. Gesine eilte, ihr ein Glas Wasser zu bringen, in das sie einen Schuss Genever gemischt hatte. Anna Lisa trank und erholte sich ein wenig, aber ihr war eiskalt vor Angst. »Sind wir in Gefahr?«, fragte Simeon. »Ich meine, wir sind die erstbesten Holländer in Reichweite. Werden sie ihre Wut an uns auslassen?«
    Pahti schüttelte den Kopf. »Nein, wir sind die Gäste ihres Herrn, ob er lebt oder tot ist, er hat Auftrag gegeben, uns gut zu behandeln. Und das werden sie tun. Sie werden …«
    Simeon, der wieder aus dem Fenster spähte, hob die Hand, um Schweigen zu gebieten. »Da kommt Zeebrugge in einem Höllentempo geritten.« Er atmete tief durch. »Ich bin froh, dass er da ist.«
    Tatsächlich dauerte es nicht lange, bis Edgar Zeebrugge bei ihnen eintrat. Sein Gesicht war blaurot angelaufen vor Erregung, und er roch stark nach Genever. Anna Lisa dachte daran, wie eng er mit Herrn Raharjo befreundet gewesen war und wie tief der feige Mord aus dem Hinterhalt ihn erschüttern musste.
    Zeebrugge war zuerst auch kaum fähig zu sprechen, sondern setzte sich und trank ein paar Schlucke unverdünnten Wacholderschnaps aus der Flasche, die er in der Hand hielt. Nur langsam fand er die Sprache wieder, und dann war das Erste, was er mit brüchiger Stimme hören ließ, ein Fluch über die Meuchelmörder.
    Gesine, die immer an das Vernünftigste dachte, kam mit einem Becken kalten Wassers und einem Handtuch aus dem Badezimmer. Zeebrugge dankte ihr mit schwachem Lächeln. »Danke, Mädchen, das brauche ich jetzt.« Er wusch sich Gesicht und Hände und kühlte dann die Stirn mit dem nasskalten Tuch. »Mich hat beinahe der Schlag getroffen, als ich den Totenhof brennen sah – das war meine erste Sorge, dass wir hier einen Waldbrand bekommen. Aber ich hatte auch die Schüsse gehört, ich wusste, dass etwas Schlimmes geschehen war.«
    Jetzt erst wurde Anna Lisa bewusst, dass sie nur knapp einer weiteren Katastrophe entgangen waren. Hätte der Brand des Hofes auf die ausgedörrte, von Monsunwinden vergilbte Vegetation übergegriffen, wären Buitenhus, das Rosenhaus und Edgar Zeebrugges Gut in Flammen aufgegangen. Was für ein glücklicher Zufall – oder war es eine Fügung des Schicksals? –, dass der

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