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Die Traenen des Mangrovenbaums

Die Traenen des Mangrovenbaums

Titel: Die Traenen des Mangrovenbaums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne de Witt
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Dass es kühler wird, bedeutet, dass viel Staub in der Atmosphäre schwebt und das Sonnenlicht verdunkelt. Irgendeiner der Vulkane ist aktiv und spuckt Asche.«
    »Ist das gefährlich?«, fragte sie besorgt.
    »Nein, nur lästig. Die Vulkane hier sind klein und können nicht viel Schaden anrichten, aber die Luft wird dick und giftig, sodass es gesundheitsschädlich ist, durch einen solchen Brodem hindurchzufahren. Bis man die äußersten Inseln hinter sich hat und die hohe See erreicht, hat man die Lungen voll Ruß, und alles schmeckt noch Tage nachher nach Schwefel. Die Schiffe werden von dem Aschenregen völlig verdreckt, und das Navigieren ist schwierig, weil das Eisen in der ausströmenden Lava den Kompass durcheinanderbringt.«
    Als sie sich dem Ende der schmalen Fahrrinne zwischen der Küste von Sumatra und den vorgelagerten Inseln näherten, tauchten immer mehr Schiffe aus dem Dunst auf, der jetzt in geisterhaften, schmutzigen Schwaden über dem Wasser lag. Es waren Passagierschiffe, Frachtdampfer und Postboote, aber auch mächtige, gepanzerte Kriegsschiffe.
    Anna Lisa war überrascht. Sie hatte zwar inzwischen begriffen, dass auf der Insel nicht eben eitel Wonne zwischen den Eroberern und dem Kolonialvolk herrschte, aber sie hatte an Polizei und Aufseher gedacht, nicht an militärische Interventionen. Beklommen fragte sie Dr. Semmelbrod: »Haben Sie hier solche Schwierigkeiten, dass Sie Kriegsschiffe einsetzen müssen? Ich meine, herrscht hier Krieg?«
    »Kein offener Krieg, aber Feindseligkeiten gibt es genug. Die einheimischen Priester, die Suduks, hetzen das Volk auf, und wenn die es nicht tun, tun es die zugereisten islamischen Mullahs, denen die Kolonialherren genauso ein Dorn im Auge sind. Und auch unter den Regenten gibt es genug, die es satthaben, die zweite Geige zu spielen, und die Holländer je eher, je lieber zum Tempel hinausjagen würden. Die Kriegsschiffe sollen die Leute daran erinnern, dass Holland bereit ist, seinen Besitz mit Waffengewalt zu verteidigen.«
    Eines der Kriegsschiffe, an seiner rot-weiß-blauen Flagge als holländisches Kanonenboot erkennbar, zog Seite an Seite an der Anne-Kathrin vorbei. Als es mit dem Hochseedampfer auf einer Höhe war, übermittelte der Signalgast mit seinen bunten Flaggen Grüße, fügte aber auch eine Warnung hinzu.
    Der Arzt, der die Signale zu lesen verstand, runzelte die Brauen. »Das wird dem Kapitän aber gar nicht gefallen«, murmelte er. »Sie hatten recht, Herr Pfarrer, der Dreck in der Luft ist Vulkanasche. An der Mündung der Sundastraße kommt es seit Kurzem zu heftiger seismischer Aktivität, meldet das Kanonenboot.«
    »Seismische Aktivität?«, fragte Anna Lisa, die die Worte noch nie gehört hatte.
    »Das heißt: Vulkane brechen aus, und zwar mitten in der Schifffahrtsrinne. Es gibt unterhalb des Wasserspiegels Vulkane, die von glühendem Magma brodeln. Mit jedem Ausbruch erhöhen sich die Riffe unter dem Wasser, sodass gefährliche Schifffahrtshindernisse entstehen. Außerdem gibt es dann meist Ärger mit den Einheimischen.«
    Anna Lisa blickte ihn an. »Ich verstehe den Zusammenhang nicht – was haben Schifffahrtshindernisse und erzürnte Einheimische miteinander zu tun?«
    Pfarrer Semmelbrod lieferte die Erklärung. »Für die Einwohner Javas und Sumatras bedeuten Vulkanausbrüche, dass der allseits gefürchtete Berggott Orang Alijeh zürnt und seinen Unwillen bekundet, indem er rastlos wird und Feuer und Rauch ausstößt. Sie sind dann stets überzeugt, dass wir Europäer daran schuld sind. Orang Alijeh und die übrigen Götter mögen uns nicht.«
    Dr. Lutter lachte zynisch. »Wundert Sie das?«
    Mittlerweile hatte Anna Lisa etwas Seltsames im Wasser entdeckt. Obwohl sie in einer warmen, tropischen See unterwegs waren, schienen Eisschollen auf den Wellen zu treiben! Nicht nur einzelne, sondern ganze Felder einer leichten, rauen, blassgrauen Masse.
    »Oh, was ist das?«, rief sie aus, beugte sich über die Reling und deutete auf die grauen Brocken, die auf dem Wasser tanzten. »Wie kommen Eisbrocken hier in das warme Wasser?«
    »Das ist kein Eis, sondern Bims.« Dr. Lutter wies einen vorübergehenden Matrosen an, ein paar der seltsamen Klumpen aufzufischen. Wenig später erschien der Mann mit einem Eimer, dessen Inhalt wie versteinerte Badeschwämme aussah. »Vielleicht kennen Sie ihn von Ihrem Toilettentisch: Man verwendet kleine Stücke davon, um Hornhaut von den Händen und Füßen zu reiben.«
    »Bimsstein! Ja, natürlich

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