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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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Vorsicht und Feigheit“, meldete Premysl sich unerwartet zu
Wort. „Libussa ist die Mutter ihres Volkes. Warum darf sie sich keine Sorge um
sein Wohlergehen machen? Ein Krieger träumt nur von seinem eigenen Ruhm, doch
er vergisst leicht, welche Opfer dafür gebracht werden müssen. Bei einem Kampf
mit dem Franken könnten viele von uns sterben. Den Familien werden die Söhne
fehlen. Und wenn wir gegen die Franken verlieren, sind wir ihnen vielleicht
ausgeliefert. Warum ein großes, gefährliches Tier unnötig herausfordern?“
    „Weil es uns
früher oder später von selbst angreifen wird“, donnerte Kroks Stimme durch den
Saal. „Wir sollten uns nicht als schwache Opfer sehen. Mit genügend Verbündeten
können wir die Gefahr bannen, den Frankenkönig in seine Schranken weisen.“
    Jubelrufe
hallten durch den Saal. Libussa wusste, dass sie den Lauf der Dinge nicht
aufhalten konnte. Es war bereits Nacht geworden, als die Abstimmung stattfand.
Stumm beobachtete sie die vielen Hände, die sich hoben, um Kroks Plan
zuzustimmen. Sie krallte ihre Finger um den Rand des schweren Tischs, als könne
sie aus dem Holz Kraft ziehen.
    „Nun, da der
Krieg beschlossen wurde“, verkündete sie so laut wie möglich. „wäre es
vielleicht an der Zeit, noch über weitere mögliche Verbündete zu sprechen.
Nicht nur über jene kleinen Völker, die uns umgeben. Vielleicht schicken sie
uns ein paar Krieger, die gewiss nützlich sein werden, doch wir wollen
schließlich gegen einen großen, gefürchteten Feind antreten. Ein ebenso starkes
Volk an unserer Seite könnte es uns erleichtern, ihn schnell zu besiegen.“
    Es war still
geworden. Viele Augenpaare ruhten verwirrt und erwartungsvoll auf Libussa.
Selbst von Premysl traf sie ein staunender  Blick.
    „Welches Volk
meinst du?“, sprach Krok jene Frage aus, die alle Anwesenden beschäftigte.
    Libussa holte
tief Luft und wagte es endlich, die Ungeheuerlichkeit auszusprechen: „Wir
könnten einen Boten ins Khaganat der Awaren schicken. Er soll dem Khagan unsere
Pläne schildern und bezeugen, dass die christlichen Franken eine Gefahr für
alle Völker darstellen, die weiter ihre alten Götter und Sitten wahren wollen.
Denn dies gilt auch für die Awaren.“ Sie hörte empörte Rufe und das schallende
Lachen Slavoniks. Radka blickte sie fassungslos an, als hätte Libussa soeben
die Existenz der Götter geleugnet. Nur Premysl wirkte nachdenklich.
    „Dieser Vorschlag
klingt nicht einmal schlecht, Herr“, sagte er zu Krok. „Man muss sich nur an
den Gedanken gewöhnen, mit den Awaren zu verhandeln. Das ist alles.“
    „Die Awaren
sind schrägäugige Dämonen. Sie kamen aus der Fremde und raubten Land, das ihnen
nicht gehörte“, fegte der Stammesführer diesen Vorschlag beiseite.
    „Taten wir das
nicht auch einmal, Onkel? Dieses Land ist nicht unsere ursprüngliche Heimat.
Vor uns lebten hier Kelten und dann Germanen“, widersprach Libussa. Krok
runzelte die Stirn.
    „Es gibt
nichts, was uns mit den Awaren verbindet. Sie sind schon immer unsere Feinde
gewesen“, erklärte er mit Nachdruck.
    „Aber
vielleicht wird der Frankenkönig sie auch eines Tages angreifen“, verteidigte
Libussa beharrlich ihre Meinung. „Es wäre auch für sie von Vorteil, sich gleich
mit uns zu verbünden.“
    Dragoweill von
den Wilzen musterte sie nachsichtig, als sitze ein unreifes Mädchen vor ihm.
„Vertraue dem Urteil erfahrener Krieger, Fürstin der Tschechen“, sagte er. „Der
Frankenkönig wird es nicht wagen, das Khaganat anzugreifen, denn jeder weiß,
wie reich und stark die Awaren sind. Sie haben Verbindungen zu anderen
Reitervölkern aus ihrer fernen Heimat. Sorgen slawischer und germanischer
Stämme werden den Khagan nur zum Lachen bringen.“
    „Und außerdem“,
warf Slavonik ein, „weiß ein jeder von uns, der etwas vom Kämpfen versteht,
dass die Awaren von Natur aus hinterhältig sind. Es wäre ein Fehler, ihnen zu
trauen, denn sie verstehen unsere Vorstellung von Ehre nicht. Wären diese
Riesen sonst mordend und plündernd über uns hergefallen?“
    Zustimmende
Rufe machten aus der bunt zusammengewürfelten Menge eine geschlossene Einheit.
Libussas Kampf schien verloren. Sie überlegte, Slavonik zu fragen, ob er sich
jemals mit einem Awaren unterhalten hatte, als sich plötzlich die Tür zum
großen Saal öffnete. Mnata betrat zögerlich den Raum und zog überraschte Blicke
auf sich.
    „Ich möchte an
diesem Kampf teilnehmen“, erklärte er mit gepresster Stimme. „Ich

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